Lügt das Kind? In der „magischen Phase“ verschwimmen Fantasie und Wirklichkeit


Kennt ihr das Phänomen bei Kindern in der „magischen Phase“, wenn Fantasie und Wirklichkeit verschwimmen? Wie geht man mit dem Kind um? Wie aber auch mit den Erwachsenen, die unterstellen, das Kind würde „lügen“?

Die diesmalige Frage an euch, nach der magischen Phase der Kinder, kam von einem Fan der Tollabea Community – sie hat mich aber ganz viel an meine eigene Kindheit erinnert. Ganz am Ende kommen also auch meine Erinnerungen.

Nun aber erst die gesammelten Kommentare der smarten Eltern:

Birgit S alias Muttis Nähkästchen:
Bei akutem Monsteralarm oder auch „seltsamen Beobachtungen“ gibt es aus meiner Sicht nur eins: Unbedingt ernst nehmen und nur ja nicht als „Unsinn“ abwerten. Monster, Geister und ähnlich schreckliches Getier hab ich immer laut geschimpft, dass es hier auf keinen Fall kleine Kinder erschrecken darf. Dann hab ich sie mit lautem Getöse aus dem Zimmer gejagt – Fenster auf und laut Klatschen hat sie immer noch in die Flucht geschlagen. Außerdem hatten wir das MEHR als hilfreich, höchst effektives Anti-Schlechte-Träume-Spray, das garantiert auch gegen Monster und Co. hilft:
http://muttis-blog.net/…/gute-nacht-mit-dem-anti…/
Außerdem: Wer kann schon mit 100%-iger Sicherheit sagen, dass da nicht wirklich was ist – nur weil wir es nicht (mehr) sehen können?

Michaela Albrecht:
Meine Tochter hatte eine magische Phase von 2-9 Jahren, spürte oft Geister oder Energien im Raum. Ich habe sie sehr ernst genommen und befragt und die Geister mit Lichtduschen rausgetrieben. Lügen ist für mich nur dann gegeben, wenn jemand wider besseren Wissens die Unwahrheit sagt. Wenn jemand glaubt, was er sagt, ist es nicht gelogen. Wenn also mein Kind glaubt, was es sagt, lügt es nicht.

Petra Hamacher von www.allerlei-themen.de:
Schlimm finde ich es, wenn Erwachsene das „ich war das nicht“ so im Alter von 3 (war das 3?) als Lügen bezeichnen. Kinder sind davon überzeugt, dass sie es nicht waren. Lügen verstehen sie so erst ab 3-4. Ich habe das bei meinem immer mit Humor genommen. Und auch heute noch, wenn ein „ICH?“ kommt, frage ich ihn lachend „wer denn sonst?“. Meist kommt ein „HAHA, ich hab dich veräppelt“. Die testen ihren Humor! Das darf man neben der Monster-Thematik meiner Vorredner, nicht vergessen.

Claudia Schehl von Sternenzauberglitzerfunkel:
Wenn ich merke, dass die Dreijährige, sich etwas ausgedacht hat, von dessen Wahrheit sie aber überzeugt ist, reagiere ich in etwa so darauf: „Ach wirklich? Na sowas!“
Wenn ich merke, dass die Dreijährige sich etwas ausgedacht hat, von dem sie auch weiß
, dass sie es sich ausgedacht hat, spiele ich kurz mit und dann löst sie das meist auf und lacht sich kringelig.
Meine Große hatte über Jahre unsichtbare Freunde mit Namen und verschiedenen Charakteren. Je nachdem, was angestellt wurde, war das der entsprechende Charakter. Ich wusste dann irgendwann schon, mit wem ich zu schimpfen habe.
Ich habe es tatsächlich erlebt, dass eine Erwachsene das mit Lügen gleichsetzte. Darüber war ich ernsthaft und ehrlich entsetzt und konnte in dem Moment nur sagen: „Das ist doch keine Lüge. Das hat sie sich ausgedacht.“ Den Unterschied hätte ich aber vermutlich noch erklären müssen.

Daniela Gri von www.welovefamily.at:
Das Thema Lügen ist sicher heikel, wobei es bei der magischen Phase ja nicht ums Lügen geht, sondern um eine Vermischung aus Realität und Fantasie. Meine Kleine, 2,5 Jahre alt, steckt da gerade mitten drinnen und sieht überall Feen, Kamele (Ja, wir lesen gerne Valerie und die Gute-Nacht-Schaukel) und nimmt ihre Fantasiefreunde auch gerne mal an der Hand. Sie spricht mit ihnen, singt mit ihnen, tanzt ihnen vor – so, als würden sie gerade neben ihr sein. Ich sehe keinen Grund, daran etwas zu ändern. Und weil ich weiß, dass Kinder in diesem Alter noch nicht lügen können (das würde ja bedeuten, sie kann sich in mich hineinversetzen – ein großer Schritt in der Empathieentwicklung), deute ich die vermeintlichen Schwindeleien als einen Teil der magischen Phase. Wenn sie mir erzählt, dass es jeden Tag im Kindergarten Nudeln mit Sauce zu essen gab, dann wird das vielleicht in ihrer Sicht wirklich so sein. Nachlesen kann ich ja selbst, was es gab. Ich selber hatte als Kind die Skifahrerin Petra Kronberger als Fantasiefreundin und kann mich noch gut daran erinnern, dass mir diese Phase gefallen hat. 

Mara Solanum
Als der damals kleine Sohn uns die einzig wahre Erklärung dafür lieferte, weshalb sein Kindergartenfreund Niels keine Geschwister hat, bin ich aus allen Wolken gefallen: Niels Vater hatte sie ertränkt!! Ob sich nun Niels diese Geschichte ausgedacht hat oder der Sohn selbst: Wir interpretierten sie als massive Eifersucht gegenüber den kleinen Zwillingsbrüdern und versuchten ihm fortan mehr ungeteilte Aufmerksamkeit zu schenken.

Berit Anderson:
Ich bin heute noch der festen Überzeugung, dass ich mit sechs fliegen konnte. Ich hatte übrigens auch eine Phase in der ich durch zu viel Ghost Busters schauen dachte, es sei ein Monster im Schrank. Meine Mama meinte dann nur, wenn mich in der Nacht etwas streift, dann war es unser Hund. Den Schrank habe ich vorsichtshalber trotzdem abgeschlossen.

Sonja Lehnert alias Mama Notes:
Kind2 (gerade 4) sagt oft, „Der Levi aus der Kita hat mich gehauen“, oder „Der Levi hat das kaputt gemacht“. Das stimmt nach Rückfragen mit den Erzieherinnen aber gar nicht. Für mich ist das kein Lügen, ich weiß, dass er Levi total bewundert aber insgeheim enttäuscht darüber ist, dass Levi so wenig mit ihm spielt. Wie sollen Kinder so eine komplexe Enttäuschung sonst ausdrücken, als mit „der Levi hat mir was getan.“?

Anne Er
Auf dem Spielplatz loben sehr viele Erwachsene die Künste ihrer Kinder oder den tollen Geschmack der Sandkuchen. Warum schreit da keiner: „Du lügst. Das ist Sand.“?

Weil sich Phantasie und Wirklichkeit nunmal treffen und es uns da bewusst ist.
Ich empfinde die Vorstellungskraft meiner 3-Jährigen als Schatz. Wie langweilig ist es doch nur ollen Sand zu sehen…
Hier steht sogar mehr dazu: http://xmalandersuts.blogspot.de/2015/09/denkmomente-mit-vorstellungskraft.html

Und jetzt ich!
Ich bin mit einem besonders logisch-mathematischen Kind gesegnet, das wirklich den Dingen nachgegangen ist um die Wahrheit zu enthüllen. Ich machte mir eher Sorgen, dass sie keine Phantasie haben würde – aber dann habe ich festgestellt, dass sie so viel malte und zeichnete, dass sie sich gar nicht irgendetwas anderes im Kopf auszumalen brauchte. Jetzt ist sie groß und hat das Buch Oli Löwenfutter illustriert… Hingegen hat meine „magische Phase“ als Kind ziemliche Ausmaße angenommen. Ich habe alle möglichen Geschichten erzählt und Erwachsene oft in schiere Aufregung versetzt. Ich kann mich nicht mehr an die ganz frühe Phase erinnern, da glaube ich, dass ich dachte, es sei die Wahrheit. Später fand ich eher Spaß an den Reaktionen der Großen, und habe oft mal Dinge erzählt, die ich kurz darauf dementiert habe… Irgendwann hat meine Mutter mit mir eine Abmachung geschlossen: Ich sollte vorher „Drachenfunk“ ankündigen, dann würden alle das Spiel mitspielen und es sei noch lustiger! Ich habe das gemacht, und ich denke immer noch liebevoll an mein Drachenfunk-Braodcasting und an Rettungsaktionen, Detektiv-Aufträge und Zaubermobilisierungen anschließend. Kinder wollen schließlich spielen, und wenn man als Erwachsener auch mitspielt, hilft man ihnen auch, ihre Fantasie so zu aktivieren, dass es für alle keine Frust-Erlebnisse daraus werden, sondern tolle Momente!

Welche Erfahrungen habt ihr mit der „magischen Phase“? Ich freue mich sehr über Kommentare!

Liebe Grüße,

Béa

Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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