Wie kann eine Mutter das Trauma Kindstod überwinden?


Die Frage „Wie kann ich mein Trauma Kindstod überwinden?“ tauchte neulich in der Tollabea Community auf. Dazu gab es viele wertvolle Antworten, die hoffentlich für alle hilfreich sind, die ein Trauma zu bewältigen haben und sich fragen, wie sie das am besten für ihre Familie bewerkstelligen. 

Das wohl Schlimmste, was einem Elternteil widerfahren kann, ist einer Mutter passiert. Sie schreibt: „Ich weiß, ich bin total traumatisiert. Mir ist der Alptraum aller Eltern passiert, ich habe mein erstes Kind an plötzlichem Kindstod verloren. Das ist inzwischen 9 Jahre her, dass mein Erstgeborener ein Sternchen geworden ist…“

Doch wie lässt es sich noch Jahre später damit umgehen, wenn das Trauma nach wie vor präsent ist, aber das Glück eines weiteren Kindes mit viel Angst und Vorsicht verbunden ist?

„Inzwischen bin ich glückliche Mutter einer süßen Tochter, sie ist 8 Monate alt und ein absolut einfaches, pflegeleichtes, gesundes Kind. Ich genieße meine Zeit als Mama sehr, und glaube, ich bin generell OK entspannt – tue mich aber schwer, sie anderen Menschen außer ihrem Papa anzuvertrauen. Gerade über Nacht! Ich kann das nicht.“

Ein neuer Lichtblick am Horizont, dass sie mit einem gesunden zweiten Kind beschenkt wurde und von dem sie sich kaum trennen kann.

„Jetzt weiß ich, dass sich mein Mann sehr wünscht, dass wir zusammen mal wieder ausgehen. Ich bringe es aber nicht fertig, meinen kleinen Schatz mit einem Babysitter oder bei den Omas zu lassen. Mein Verstand sagt mir, dass keine Gefahr besteht… aber mir zittern die Knie wenn ich allein darüber nachdenke!!!“

Die Angst sitzt noch tief im Nacken, egal wie viel Zeit vergeht. Man muss jedoch niemals alleine dadurch.

Hier sind von uns ausgewählte Reaktionen aus der Tollabea Community, die wir für besonders wertvoll halten:

Vorneweg: Ein wenig Verständnis aus der Community ist immer willkommen und tröstlich! Es tut immer gut, über Sternenkinder reden zu dürfen. 

Lisa Graw Richter zeigt äußerstes Einfühlungsvermögen für die traumatisierte Mutter: „Du übertreibst nicht, das sind meiner Meinung nach normale Muttergefühle. Sie ist doch so klein und braucht noch total viel Nähe zur Hauptbezugsperson und das bist du.“

Auch Nadin Fahlbusch drückt ihre äußerste Anteilnahme und großes Verständnis aus: „Es tut mir so leid, dass du dein erstes Kind zu früh zu den Sternen hast gehen lassen. Und ich kann deine Ängste und Gefühle sehr nachvollziehen.“

Lisa Kathrin Tafel beteuert ebenfalls ihr Beileid: „Liebe Mama! Ich trauere mit dir! Du hast das Schlimmste erlebt, was einer Mutter widerfahren kann. Du bist traumatisiert und hast Angst um Deine Tochter.“

Und viele weitere Personen, wie Jenny Hein, Katja Niesner und andere Mütter können es gut nachvollziehen, ohne selbst von dem Schicksal betroffen gewesen zu sein. Das Thema ist also mit unglaublicher Rücksicht und starkem Nachempfinden verbunden.

Was kann die Mutter aber konkret tun, um ihr Trauma zu überwinden? 

1. Auf ihr Herz hören – erstmal gar nicht überwinden

Es gibt keine Deadline, wann man sich überwinden sollte. Jeder geht mit unterschiedlichem Tempo damit um und weiß für sich selbst, was das Beste ist. Karin Jonjo sagt: „Höre auf deinen Bauch und  deinen Instinkt.“ Ein wichtiger Rat, um sich keinem inneren Stress auszusetzen. Die Entscheidung, die Nabelschnur zu durchtrennen, ist jedem selbst überlassen. „Mach nichts, was deinem Bauchgefühl widerstrebt. Dies gilt für alle Situationen bezüglich deines Kindes“, kommentiert Nadin Fahlbusch nochmal. Die besten Entscheidungen kommen folglich aus dem Herzen. Dies bestätigt uns auch Mirja Vogt mit ihren tröstenden Worten: „Ich find man sollte auf sein Mamaherz hören und sich nicht überwinden müssen…“

2. Mit kleinen Schritten beginnen

Petra Weigelt rät uns eine kleine und einfache Vorangehensweise : „Fang doch erstmal langsam an. Einfach mal nur Kaffee trinken nachmittags, dann mal abends Essen gehen oder nur Kino?“ Ein guter Vorschlag, um sich vorsichtig heranzutasten. Auch Silvia Schiller teilt ihre Ideen mit uns: „Schritt für Schritt – mal einen Nachmittag und vielleicht sonst erstmal Mittagsschlaf, damit ihr den Tag als Paar verbringen könnt.“ So denkt auch Katrin Pape: „Wie wärs denn erstmal mit Mittagessen zu zweit und die Oma fährt die Kleine rund ums Restaurant zum Mittagsschläfchen spazieren?!“

Die ersten kleinen Alternativen können sich sowohl kurz, als auch in begehbarer Nähe abspielen. Das kann das Cafe um die Ecke sein oder ein langer Spaziergang um den Block. Und wann immer man will, geht man zurück. Es ist keine Mutprobe, wie lange man durchhält, sondern vielmehr ein Prozess der Heilung. Das Trauma lässt sich bestenfalls mit viel Ruhe und Geduld verarbeiten.

3. Doppelte Absicherung

„Finde eine Person, der du vertrauen kannst! Es gibt auch solche Matten, wo die Kleinen drauf schlafen und Alarm ertönt wenn dein Kind Atemaussetzer hat…“,  empfiehlt Janet Fujionka. Eine Person aus dem engsten Vertrauenskreis, ausgerüstet mit der richtigen Technik, kann eine Lösung sein.

Dazu kann ein weiteres gutes Mittel  ein gutes Babyphone sein – vor allem die Babyphonemodelle (affiliate Link, also Mini-Werbung) mit Kamera wurden empfohlen. Diese können von der Vertrauensperson natürlich genutzt werden, einige haben aber auch eine App-Anbindung, die auch direkt auf das Smartphone der Eltern die Information weitergeben. Mamas und Papas können dann alles sehen und hören, was sich abspielt. Und wenn man anfangs noch permanent auf den Monitor starrt, dann ist das eben so. Niemand zwingt euch, sofort loszulassen!

4. Mit Menschen reden, denen ähnliches widerfahren ist

Egal, wie traurig und bestürtzt wir als Außenstehende darüber sind, wir werden nie zu 100% nachvollziehen können, wie es tatsächlich ist, so etwas am eigenen Leibe zu erfahren. Daher ist es oft hilfreich, sich Tipps von Müttern und Vätern zu holen, die sich in einer ähnlichen Situation befanden oder es noch tun. So schreibt Eva Scholz: „Ich habe ein Kind stillgeboren 2012. 2015 habe ich noch einmal ein Baby bekommen und ich konnte die keine lange Zeit nicht abgeben. Irgendwann ging es, aber auch nur bei bestimmten Menschen. Nimm dir die Zeit die du brauchst! Grad bei dieser Erfahrung ist das alles nicht so einfach wie viele denken. Irgendwann wirst du es können und dann ist es OK.“

Zuhörer dieser Art findet man am schnellsten bei Selbsthilfegruppen, aus denen Silvia Ruse und viele weitere positive Berichte erzählen konnten. Oft hilft es, sich in einem engen Kreis aus Menschen auszutauschen, die einem mit vollster Materie verstehen können.

Des Weiteren gibt es die Gemeinsame Elterninitiative Plötzlicher Säuglingstod (GEPS) Deutschland e.V.  ist eine von betroffenen Eltern gegründete Initiative, die sich bundesweit mitzahlreichen Ansprechpartnern über die Trauer gegenseitig zu unterstützen und versucht, Risikofaktoren  für plötzliche Kinstode öffentlich zu machen.

5. Professionelle Hilfe ist oft hilfreich

Manchmal weigern wir uns, Hilfe von Menschen anzunehmen, die dafür bezahlt werden, uns das zu sagen, was wir brauchen. Aber manchmal kann eine Therapie wahre Wunder bewirken. Psychologen und Therapeuten sind mit ihrem zum Teil verhaltensorientierten und medizinischen Fachwissen oftmals gut darauf ausgebildet, mögliche Lösung zur Verarbeitung des Traumas zu finden. Viele Strategien, die uns pauschal gar nicht in den Sinn kommen, könnten helfen, diesen schweren Schicksalsschlag irgendwie überleben zu können.

Darüber reden ist immer schwer, denn wer will ständig mit dem negativsten Gefühl der Welt konfrontiert werden?

Zum Schluss kann ich nur nochmal hervorheben, wie sehr ich all jene Mütter, Väter, Tanten, Onkels, Geschwister und weitere bewundere, die mit einer solchen Schwermut voran  kommen.  Ich weiß nicht, ob man je damit aufhören wird, Fragen zu stellen, Aber ich bin fest überzeugt, dass man eines Tages wieder lächeln kann. Insbesondere, wenn man am Beispiel der Mutter mit einem weitere Kind gesegnet wurde.

Vielen Dank für eure zahlreichen Kommentare! Es war ein wichtiges Thema, mit dem ich mich sehr gerne beschäftigt habe. Eure ehrlichen Geschichten und einfühlsamen Ratschläge haben mir selbst einen neuen Überblick zu jener tragischen Problematik gegeben und trotz der fehlenden persönlichen Erfahrung, schon ein Elternteil zu sein, jedoch  stark mitfühlen lassen!

Liebe Grüße,

Mounia (supervised by Béa)

 

 

Mounia
About me

Ich - 25 Jahre alt, Studentin, Kinderanimateurin, begeisterte Hobbyköchin und abenteuerlustig! Meine absolute Leidenschaft ist das Schreiben und Festhalten von Momenten.

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