Wie viel Humor können Kinder ab – und wie geht das mit dem liebevoll Verarschen?


Wie viel Humor können Kinder ab? Und unsere Facebook Fans? Als ich diesen Tweet bei Facebook gepostet habe…

… gab es Protest!

„Schlechtes Gewissen beim Essen machen ist richtig cool… Find ich bedenklich sowas auch noch zu teilen.“
oder „Nennt man das schon emotionale Erpressung? Finds auch voll daneben!“

Einige anderen fassten dies als Humor auf, und so war das gemeint. Mein Kommentar dazu war: „Es hängt sehr von Familienstil ab und was die Kids gewohnt sind. Meine Tochter brachte so etwas bereits selbst mit ca 5 Jahren, schmunzelnd. Und selbst der Mini von Yvonne lacht sich bei solchen Sprüchen einfach kugelig. Aber wenn die Kinder keinen Humor gewohnt sind, im totalen Ernst würde ich es auch nicht bringen, Leute…“

Müßig zu sagen, dass die Anmerkung „keinen Humor gewohnt“ auch für „verurteilend“ befunden wurde. Deswegen jetzt einige Gedanken hier im Blog – zum Thema „Wie viel Humor können Kinder ab?“

Denn, in der Tat ist das differenziert zu betrachten. Da muss man sich eigentlich fünf Aspekte vor Augen führen:

1. Kinder lieben Fantasiewelten

Man muss nur zwei Augen auf einem Kochlöffel kleben und ein Stück Stoff drumherum und schon ist das wahlweise ein Zwerg, eine Prinzessin, der König der unendlichen Weiten oder die Suppenfee. Schaut man auf einem Ententeich zusammen mit ihnen, kann man schnell so etwas hören wie: „Schau mal, die Ente dahinten, die bin ich!“
Kinder vermuten in jedem Ding eine Seele und beherrschen auch noch die Kunst, Seelenverwandschaften zu erspüren. Es gibt wenig Kinder, die das nicht drauf haben… ganz wenig.

2. Es gibt ernste Naturen und Witzbolde unter Kindern

Kinder sind nicht alle gleich. Einige sind sehr empfindliche Seelen, und spüren schnell auch noch den Seelenschmerz, den leblose Dinge haben könnten. Das spielt sich dann in ihrer Fantasie ab. Andere wiederum sind von Natur aus Scherzkekse, die schon genau auf dem Radar haben, was sich wie ein Spiel anfühlt, und die problemlos der Gurke, die eigentlich ein gefährlicher Krokodil ist, noch einige Tröpfchen Ketchup auf die Schnauze gönnen, als Jagdspuren… dann beißen sie selbst genüsslich rein. Vom Halloween-Konzept gar nicht zu reden.

3. Es gibt ernste Naturen und Witzbolde unter den Erwachsenen

Menschen sind nicht alle gleich. Auch unter der Großen gibt es Unterschiede. Bei mir in der Familie ist es so, dass ich immer eher die Witze reiße, während mein Mann Oliver eher der Ernste und Empathische ist. Wenn ich Scherze bringe, lachen selbst die Nachbarskinder, die mich nicht so gut kennen, aber sie haben so ein Gefühl… Wenn mein Mann sowas wie das im Tweet bringen würde, wäre tatsächlich möglich, dass Kinder ihn auch ernster nehmen, weil sie bei ihm keinen solchen Humor gewöhnt sind – sondern einfach mehr Ernsthaftigkeit.

4. Oft korreliert das: Ernstere Eltern haben ernstere Kinder. Und Witzbolde haben Witzbolde. Aber nicht immer!

Nicht alles ist angeboren, sondern vieles gelernt. Vor allem wenn Kinder unter Dauerbeschuss einer Witzkanone als Mama oder Papa sind, können sie durchaus auch als etwas ernstere Wesen Witze und lustige Flunkereien erkennen und drüber schmunzeln, wahlweise inklusive Augenrollen in der Pubertät. Aber es kann sein, dass Kinder auch völlig anders drauf sind als ihre Eltern, aber in Familien gibt es meistens diesbezüglich Gewöhnungseffekte. Problematischer ist es bei sehr sensiblen Kindern der Umgang mit dem erweiterten Familienkreis oder in der Schule… Da ist es gut, so besondere Sensibilitäten und Überempfindlichkeit zu kennen, zu erkennen und zu reflektieren. Das hilft.

Auch als empfindlicher oder auch nur punktuell empfindlicher Mensch muss man damit leben, dass das Kind vielleicht tougher ist als einer selbst. Ich bin selbst recht hart im Nehmen, aber beim Thema Tod von Müttern bin ich, verständlicherweise wenn man meine Geschichte kennt, nah am Wasser gebaut. Als ich beim Film „In einem Land vor unserer Zeit“ beim Tod der Dino-Mama Rotz und Wasser heulte, musste meine Tochter, damals 5 Jahre alt mir erklären: „Mama. Die sind nicht echt. Die sind gezeichnet. Wenn du willst, zeichne ich dir die Dino Mama nur für dich…“

5. Grenzen zwischen Humor, Ironie und Sarkasmus kennen und einhalten

Humor ist eigentlich liebevolles „Verarschen“. Das andere ist richtiges Verarschen. Die Unterschiede sollten Erwachsene kennen. Humor ist nicht verletzend, sondern macht Spaß, und zwar allen Beteiligten. Sarkasmus verletzt immer mindestens einen.

Kinder mögen es, liebevoll „verarscht“ zu werden. Eine meiner ersten Schuldirektorinnen bei Phorms, Celia Budge, hatte als typische Britin diese Kunst perfekt drauf. Als Kinder einmal dabei waren, einen Garderobenhaken ziemlich mutwillig aus purer Neugier aus der Wand zu reißen, schlich sie sich an ihnen ran und sagte nur: „Don’t let Miss Budge see that…“ – „Lasst bloß die Schulleitung das nicht sehen…“. Klar, die Schulleitung war sie selbst. Auf die Kinder machte so eine Bemerkung großen Eindruck – sie fühlten sich einerseits ein wenig Schuld, andererseits aber auch in ihrer kindlichen Neugier verstanden, und schnell gab es Einigkeit darüber, wer und wie dafür Sorge trägt, dass der Haken wieder in Ordnung kommt…

Ich habe übrigens auch einige Bloggerkolleginnen gefragt, wie sie zu dem oben erwähnten Post stehen und einige spannende Sichtweisen bekommen:

Leonie von Minimenschlein sagt: „Passt vielleicht nicht ganz, weil eher liebevoll lügen! Ich sage der Kleinen, wenn mal wieder tote Hummeln auf der Terrasse liegen, dass die schlafen. Dann baut sie ein Bett aus Blättern…
Was ich sonst noch mache: Lina liebt Semmel, das ist so ein total ungesundes Weißbrot hier. Gibts bei Oma, aber nicht zuhause. Sie will aber nur noch Semmel. Ich backe selbst und sage beim servieren dann: Das ist Semmel-Brötchen, oder ne Semmel-Scheibe. Hauptsache das Wort Semmel fällt!“

Anneliese von Einer Schreit Immer ist eine richtig humorvolle Person und sagt: „Wenn die Kinder nicht antworten was im Kindergarten los war sage ich immer: Oh! Ihr hattet vielleicht Fisch mit Schokosauce zum Essen?  Und vielleicht ist eure Erzieherin durch den Raum geflogen? Finden die lustig und erzählen dann wie es wirklich war…“

Auf jeden Fall bin ich der Meinung, dass Humor, wohl dosiert und weg vom Sarkasmus im Umgang mit Kindern eher hilft als schadet. Und ganz ehrlich? Im Umgang mit einer großen Community auch.

Ihr seht, das Thema ist vielfältig und ich freue mich, auch eure Sicht der Dinge kennenzulernen… also über Kommentare! Wie seht ihr das? 

Liebe Grüße,

Béa

P.S. Kommentar der Tweeterin dazu:

P.P.S und Update: Auch zu unseren „Ehrlichen Kinderliedern“ hat sich die Diskussion ergeben.
Unsere Haltung: Die CD ist für Eltern, um sich verstanden zu fühlen und auch mal darüber zu schmunzeln.  Aber jedes Mal finden wir am Ende den Bogen wieder, dass alles Wert ist! Ähnlich wie die Texte von Marlene Hellene hier…

Beispiel das Lied
„Kind du hast mir Schlaf gestohlen“

endet dann mit „Kind du hast mir Kraft gegeben“!

Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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5 Kommentare

Sam
Antworten 14. Juli 2017

Genau so! Ich habe diesen Tweet auch geliked, weil es genau unser Humor ist.

Zu oft bin ich in den letzten Jahren schief angeguckt worden, weil ich mit meinen Jungs, na sagen wir mal, burschikos umgegangen bin.
Mittlerweile, meine Jungs sind schon älter, machen wir es schon bewusst, um Reaktionen einzufordern, die auch prompt kommen. Auch meine Kinder lassen dann Aussagen los, die für Zuhörende den Eindruck vermitteln, die machen mit mir was sie wollen.
Wir wissen es besser und haben Spaß dabei;)

Mein Gott, wie schön und befreiend wäre es, wenn nicht eine Momentaufnahme das heutige Schubladendenken so verfestigen würde?!
Ein bisschen weniger moralaposteln und mehr Spaß würde uns allen gut tun.

    Béa Beste
    Antworten 14. Juli 2017

    Na klar! Und letzten Endes können wir zu allem immer noch einen Witz machen....

Bealina
Antworten 14. Juli 2017

Ich kann mich hier ebenfalls anschließen!
Klar, es kommt natürlich immer auf das Kind an. Ein sehr sensibles Kind sollte sicherlich nicht unnötig belastet werden.
Aber ich kann auch nur aus Eigenerfahrung reden. Unsere Tochter ist mit ihren 2 Jahren schon sehr sehr witzig und hat mit meinem Mann und und mir sowieso die absoluten Witzbolde als Eltern. (Ich frage mich manchmal wie wir wohl nach außen wirken, wenn wir selbsterfundene Lieder trällernd durchs Möbelhaus laufen, nur damit sie nicht wegrennt sondern hinter uns her stapft und sich freut wie wir im Takt des Liedes klatschen oder stampfen) :-)

Sie hätte das Gemüse vermutlich auch getröstet und dann genussvoll den Kopf des Blumenkohls abgebissen.

Aber wie gesagt - ich kann hier nur für uns sprechen.

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