Zuckersüß: Für Kinder haben Süßigkeiten das ganze Jahr Saison


Naja, jetzt ist ja schon fast Weihnachten, dann dürfen Kinder mal Süßigkeiten essen, wie sie wollen. Wirklich? Nur jetzt? Ganz sicher?  Einige zuckersüße Gedanken von Nina, alias Frau Papa

Zucker ist Energie, Zucker ist Power

Vor mir steht mein Kleinster, sein Mund ist mit Schokolade verschmiert. Stolz berichtet er, dass er nun seine Süßigkeiten vom Nikolaus aufgegessen hat. Seine Augen sind weit geöffnet und leuchten. In der nächsten Stunde wird er einen erheblichen Bewegungsdrang haben – ich habe in den letzten Jahren gelernt, die Couch durchaus als Turngerät zu betrachten. In meinem Kopf flackert ein Gespräch auf, das ich mal mit einer Mutter im Kindergarten geführt hatte, die Zucker als pures Gift bezeichnet hatte. Es gelingt mir, meinem Kind den Mund abzuwischen, bevor er unbremsbar, wie eine Flipperkugel losrennt.

Die süßen Jahrezeiten

Meine Kinder haben einen ganz eigenen Kalender. Anders als meiner ist er nicht in Monate und Tage eingeteilt. Nein, die Einteilung des Jahres passiert nach anderen Kriterien:

> Das Jahr beginnt für meine Kinder erst mit dem Geburtstag des Jüngsten – da gibt es Kuchen und die ersten Süßigkeiten des Jahres.

> Februar ist Karneval – Kamelle, Berliner, kleine Naschereien

> Frühling im Kinderkalender: Schokoosterhasen und Schaum-Eier

> Bis zum Sommer reihen sich zahlreiche Kindergeburtstage aneinander

> Richtig toll ist der Sommer, wenn endlich die Eisdielen wieder aufmachen

> Und schwupp stehen schon wieder Halloweensüßigkeiten in den Supermärkten, der hl. Martin kündigt sich an und dann…

… ja, dann – kommt die beste Zeit des Jahres:

> Jeden Tag ein Stückchen Schokolade aus dem Adventskalender, Nikolaus bringt noch eine Extra-Tüte, dazwischen immer wieder Plätzchen backen

> und endlich ist Weihnachten: Der Schokoweihnachtsmann von Oma hat in keinem Strumpf Platz, der Weihnachtsteller ist so schwer, dass selbst ich ihn mit beiden Händen nehme, um ihn sicher zu transportieren.

Gesunde Ernährung liegt im Auge des Betrachters

Nun sind wir eine Familie, in der durchaus ein gewisses Bewusstsein für gesunde Ernährung praktiziert wird. Es gibt jeden Tag eine selbst gekochte Mahlzeit, Fleisch ist nicht in jeder Mahlzeit Grundbestandteil, unsere Obstschüssel ist immer gefüllt und am Tisch steht immer eine Flasche Sprudelwasser. Wir wissen, dass Zucker in unserer Nahrung schon reichlich versteckt ist. Trotzdem sind Süßigkeiten allgegenwärtig.

Vor einigen Jahren haben meine Frau und ich versucht, allen Großeltern unserer Patchwork-Konstellation, beizubringen, dass Süßigkeiten als Geschenk unnötig sind, aber dieses Unterfangen erwies sich als sinnlos. Zu jedem nur denkbaren Anlass (und manchmal auch ohne eine solchen) trifft ein Paket ein und immer, wenn ein Päckchen von einer Oma kommt, ist etwas Süßes drin. Meine Frau und ich nennen diese Post scherzhaft „Westpakete“. Anscheinend fürchten unsere Eltern, dass ihre Enkel verhungern könnten, und packen daher die pure Energie als Überlebenspaket ein. Das ist sicher immer gut gemeint – immer das beste für die Kinder.

Was zu viel ist, ist zu viel!

Dass zu viel Zucker nicht gesund ist, ist sicher kein Geheimnis. Daher teilen wir die tägliche Zuckerdosis nach Möglichkeit ein. Dazu müssen wir die Süßigkeiten einsammeln und sicher verwahren. Selbstverständlich muss dabei jeder Schatz beschriftet und unverwechselbar gekennzeichnet werden – schließlich will kein Kind, dass die eigenen Süßigkeiten von jemand anderem gegessen werden.

Und so ergibt es sich, dass wir alle paar Monate eine Kiste voll mit angebrochenen, originalverpackten und halbverzehrten Zuckerwaren im Regal stehen haben. Denn spätestens nach zwei bis drei Wochen haben die Kinder den Überblick über die Süßigkeitenlage verloren. In dieser Zeit gab es sicherlich schon irgendwo irgendwas Süßes.

Kurz bevor die Kiste aus allen Nähten platzt

Kurz vor Weihnachten ist die Schatzkiste der Zuckersammler randvoll und ich überlege, wie alle Jahre wieder, den Großteil davon einfach wegzuwerfen. Ja, in mir höre ich dann die Stimme meiner Großeltern: „Man wirft keine Lebensmittel weg!“ Nun frage ich mich aber, ob das wirklich Lebensmittel sind? Diese industriell gefertigten Waren, deren Geschmack, Aussehen und Konsistenz weltweit standardisiert wurde. Waren, deren Verpackung auf die Kinderaugen optimiert wurde und deren Platzierung im Supermarkt auf umfangreichen Forschungen beruht. Sind das den wirklich Lebensmittel? Und ist es vertretbar, sie wegzuwerfen?

Während ich mir diese Fragen stelle, klingelt der Wecker. Die Plätzchen im Ofen sind fertig und meine Kinder warten schon darauf, sie mit Zucker zu bestreichen. Und ja, ich weiß, wahrend ich versuche, etwas richtig zu machen, mache ich es wieder falsch.

Aber Weihnachten ohne Plätzchen?

Das geht doch nicht, oder?

Und wie ist das bei euch?

Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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2 Kommentare

Carmen
Antworten 22. Dezember 2016

Oh wie ich das kenne. Unsere große (6) muss Zucker nur sehen, um wie ein Flummi zu werden und noch dazu sämtliche Kanäle auf Durchzug zu stellen. Mittlerweile weiß sie durchaus, dass ihr zuviel Süßkram nicht gut tut und hat sich zB einen Adventskalender ohne Schoki gewünscht. Richtig philosophisch wurde sie, als sie darüber nachsann, warum der Nikolaus, der doch alles über Kinder weiß und daher auch wissen müsste, dass zuviel Zucker ihr Probleme bereitet, ihr immer wieder Schokolade bringt.
Ich weiß nicht, wie oft wir das den Großeltern erzählt haben. Aber erst, als sie es kurz vor Nikolaus mehrmals selbst ganz verzweifelt fragte, zeigte es Wirkung. Und jetzt hat sie sich zum Entsetzen der Oma auch noch gewünscht, dass diese keine Plätzchen backt.
Aktuell scheint es zu wirken und womit wir uns 5 Jahre den Mund fusselig geredet haben, scheint aus dem Mund der Enkelin doch etwas Akzeptanz zu erhalten.

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