Ab wann kann man Kindern die Wahrheit über den Weihnachtsmann sagen?


Selbst als dezenter Weihnachtsmuffel schmelze ich angesichts leuchtender Kinderaugen dahin. Immer. Weihnachten lässt Kinderaugen leuchten und Zauberstaub in der ganzen Luft wirbeln. Kinder können staunen, aufgeregt sein und sich freuen, wie kein Erwachsener in der Lage ist.

Daher ist die Frage berechtigt: Wann sage ich den Kindern die Wahrheit über den Weihnachtsmann? Oder über das Christkind? Bin ich ehrlich oder bezaubernd?

Die wundertolle Nessa hat auf ihrem Blog Wundertolles die Frage nach der „Lüge vom Weihnachtsmann“ losgetreten und zum geposteten Artikel von Blogprinzessin.de kamen Hunderte von Kommentaren in unserer Facebook-Community. Ich habe mir eine Meinung gebildet und möchte sie persönlich mit Beispielen unterlegen.

Die Antwort auf die obige Frage ist: Es kommt drauf an

Jede Familie und jedes Kind ist anders, und darin liegt die Antwort. Es gibt kein Richtig und kein Falsch. Ich habe bilinguale Schulen gegründet und geführt, und da galt ein Grundsatz für Sprache (mit schönen Grüßen an die CSU, aus aktuellem Anlass): Jeder soll mit seinem Kind in der Sprache kommunizieren, in der er sich am wohlsten fühlt, sich öffnen und echt sein kann. Das können wir auf unsere Frage genau so übertragen: Alles, was sich in der Beziehung zum Kind gut anfühlt, ist richtig und gut!

Als Kind kam ich selbst drauf

Schauen wir auf meine eigene Geschichte: Ich bin im kommunistischen Rumänien der 70er Jahre aufgewachsen. Grundsätzlich gab es auch dort das Konzept Weihnachten (Religiöses wurde ja toleriert), allerdings mit weniger Bohai als bei uns (also kein Spekulatius ab August in den Supermärkten), aber immerhin mit Weihnachtsmannlegende, Geschenken und Baum. Für Kinder war das alles eine große Sache. Ich ging in einen französischen Kindergarten. Dort kam Père Noël, also der französische Weihnachtsmann, jedes Jahr vorbei.

Es gibt wenig Dinge, an die ich mich so explizit erinnern kann: Ich muss knapp 5 gewesen sein, als Père Noël wieder auftauchen sollte. Ich saß gespannt auf einer Bank, hatte ein Gedicht parat, und dann kam er: Im wundervoll roten Anzug… Als erstes fielen mir die Schuhe auf! Jetzt müsst ihr wissen, meine Mutter war Architektin und baute hauptsächlich Lederfabriken. Ich dufte sie oft auf Baustellenbesuchen begeleiten und noch viel öfter durfte ich in Besucherräumen mit den vielen Vitrinen voller Endprodukte auf sie warten. Kurzum: die ca. 7-8 Modelle an Herrenschuhen, die es mit Mühe und Not im ganzen Land in den Läden erhältlich (oder gerade nicht) gab, kannte ich in- und auswendig. Dieser Nikolaus hatte zauberhafte Schuhe, andere Schuhe, die stammten nicht aus der kommunistischen Standardproduktion! Sie kamen sicher aus einem Himmelsreich ganz weit weg. Ich war hingerissen. Ich sagte mein Gedicht auf, wurde umarmt und… da fiel mir der Bart auf: Das war ein Stück Schafsfell. Eindeutig. Ich grübelte… und vergaß das aber gleich wieder. Zum Ausklang der Feier spielten wir noch etwas. Und plötzlich waren diese einzigartigen Himmelsschuhe von vorhin direkt neben mir. Nur, dass alles andere fehlte und ein Mann, der als Bruder meiner Kindergärtnerin aus Frankreich vorgestellt wurde, sie trug. Ich musste dringend mit meiner Mutter reden.

Ich hatte Fragen über Fragen. Ich ratterte sie runter. Ich kann mich nicht erinnern, was sie mir genau gesagt hat – ich kann mich nur an das Gefühl erinnern, das ich hatte: Ein totales Kribbeln im Bauch, ein großes Vertrauen, ich fühlte mich groß und stark. Ich wurde in ein Erwachsenengeheimnis eingeweiht. Und ich musste auch versprechen, dass ich es nicht anderen Kinder verraten würde, dass ich die Wahrheit kannte. Mein coolstes Weihnachtsfest begann: Ich bastelte kleine Geschenke für meine Eltern und Großeltern, und gab sie aus, als wären sie vom Weihnachtsmann. Ich weiß es noch wie heute, wie genial sich das angefühlt hat, als sie ausgepackt haben! Gegenüber den anderen Kindern schwieg ich wie ein Grab. Versprochen ist versprochen. Nur meine damals 3 Jahre ältere Freundin wurde von meiner Mutter eingeweiht: „Sie weiß Bescheid!“. Ich platzte vor Stolz.

„Jeder ist ein bißchen Christkind.“

Bei meiner Tochter wurde es anders und doch so ähnlich. Sie ist verträumter als ich und außerdem hat sie immer als Scheidungskind Weihnachten in der Familie ihres Vaters gefeiert. Zwischen uns war der Adventskalender ein großes Ding, und da war klar, wer ihn füllt. Dann war sie mit Papa bei Oma und Opa, und dort, im Schwarzwald, kommt ja das Christkind, mit Glöckchen und allem drum und dran. Sie liebt Weihnachten. Auch sie fing mit ca. fünf Jahren an, Fragen zu stellen – doch ihre Oma war eine wunderbare Geschichtenerzählerin und hat sie noch ein Jahr hingehalten… Das Jahr darauf, da war sie fast sechs, fing sie an, sich Gedanken zu machen über Geschenke zu Weihnachten für Oma und Opa, mit der Begründung: „Das Christkind braucht ab und zu auch etwas Hilfe. Und außerdem ist jeder ein bißchen Christkind.“ Ich lächelte milde. Sie lächelte zurück. Und bastelte weiter. Ein weiteres Jahr später, also mit sieben Jahren, kam sie mit präzisen Fragen der Sorte: „Wie kam es dazu, dass man Kindern vom Weihnachtsmann erzählt?“ Da konnte ich auch nicht anders, als bei der Wahrheit zu bleiben. Zauber hin, Zauber her. Wenn ich da was vorgespielt hätte, hätte es sich für mich wie Lügen angefühlt. Ich konnte nicht anders.

Zauber für verträumte Kinder, Wahrheit für die Logik-Fans

Deswegen komme ich zum Ausgangspunkt zurück: Es gibt keine Patentlösung. Es muss sich einfach nur gut anfühlen für alle Beteiligten. Rat für Unsichere: Verträumte Kinder, die Geschichten, Zauber und Mysterien lieben, kann man in dem Glauben lassen und bestärken. Logisch veranlagten Kindern, die detektivisch daran gehen und selber Schlussfolgerungen machen, sollte man nie das Gefühl geben, dass sie angelogen werden. Und dazwischen? Na, dann eben dazwischen: Märchenonkelig was erzählen… ein wenig schauspielern… man kann auch durch Körpersprache signalisieren: „Ich erzähle dir einfach eine Geschichte, aber ganz wahr ist sie auch nicht.“ Kinder können ja auch mit Steinen am Strand sprechen, sie wiegen und schlafen legen… und werfen sie dann doch ins Wasser, wenn sie damit fertig sind. Ein bisschen Fanatasie… schadet nie!

Also: Keinem Kind den Glauben rauben, aber es nicht anlügen, wenn es dezidiert fragt, scheint mir eine gute Lösung zu sein.

Aber was ist mit den anderen Kindern?

Ich glaube fest daran, dass ein Kind, das sich durch Fragen zur Wahrheit selbst hin manövriert hat, auch in der Lage ist, zu verstehen, dass es diese Wahrheit den Anderen nicht unbedingt auf die Nase binden soll. Da muss man auch drüber sprechen… Kommunikation ist alles! Ich wünsche euch allen einfach eine zauberhafte Zeit und ein gutes Bauchgefühl zu eurem Kind!

Und hier kommt eine kleine Auswahl eurer Kommentare bei Facebook – ganz subjektiv von mir ausgesucht:

Stefanie Blum Der Weihnachtsmann existiert. In der Phantasie der Kinder. Ich finde den Film „polarexpress“ da ganz hilfreich.

Gabi Dreßel Ich finde es wichtig Kinder so lange es nur geht diese magische Kinderwelt zu lassen. Ein wenig Magie und Glitzer, Märchen und Wunder. Sie sind 7 und 3 und glauben an vieles. Weihnachtmann und seine Rentiere, Puppenfee, Zahnfee, Osterhase, Nicolaus. Elfen, Wichtel und was dazu gehört. Das glitzern in ihren augen das staunen und wünschen. Das alles ist viel zu schnell vorbei und so lange es nur geht soll ihnen diese wunderwelt erhalten bleiben.

Debby DH Ich werde das meinem nicht beibringen, sondern sagen Jesus ist da geboren. Also die christliche Variante und die Geschenke kommen von den Menschen, da wir uns so unglaublich lieb haben und uns das zeigen wollen, Gott hat das größte Liebesgeschenk gemacht und wir erinnern uns daran. Ich selbst war die Dreijährige im Kiga die den Nikolaus demaskiert und allen die Wahrheit gesagt hat

Josi Riedel Ich bin der Meinung, dass man Kindern soviel Fantasie mitgeben sollte wie möglich und dazu gehört für mich auch die kindliche Vorstellung vom Weihnachtsmann. Ich finds furchtbar, dass das so aus den Köpfen ausgetrieben werden muss. Vorallem in der Grundschule, das is doch quatsch. Die Kinder kommen schon ganz allein dahinter irgendwann und hinterfragen vo alleine. Meine mama sagte immer : es gibt soviele Kinder auf der Welt, sodass der echte Weihnachtsmann nur 1 mal im Leben zu einem kommt persönlich und die restlichen Jahre helfen die Eltern als Wichtel. Diese Geschichte hat mich als Kind unheimlich glücklich gemacht und wir hatten wundervolle Weihnachten.

Frauke Brod Meine Tochter (7):“ich weis eigentlich dass die Geschenke von dir kommen, aber bitte mach doch wieder das Fenster Heiligabend auf, vielleicht gibt es das Christkind doch und dann kann es nicht zu uns rein!‘ und ich werde gerne wieder das Fenster offen lassen, ein wenig später nachschauen, ob Geschenke unterm Baum liegen.  der Zauber muss sein…. und meine Eltern zelebrieren dies mit ihren Kindern und Enkel immer noch – wir lieben es!!!

Jana Ritzen Wenn mein 8jähriger mich direkt fragt „Mama, gibt es den Weihnachtsmann?“ lüge ich ihn nicht an!! Er vertraut mir. Er weiß, dass er sich auf mich verlassen kann, wenn er sich vertrauensvoll an mich wendet. Ich würde ihm niemals sagen „Ja, mein Schatz, den Weihnachtsmann gibt es!“ und dann mit ansehen, wie er in der Schule von den anderen aufgeklärten Kindern verspottet wird. Mit geht es dabei nicht um das Verspotten an sich, sondern darum, dass er mir vertraut und sich darauf verlassen kann, dass ich ihn nicht anlüge (wir verlangen das gleiche von unseren Kindern, wenn ich mich nicht täusche). Klar ist es supersüß, wenn Kinder an das Weihnachtsmärchen glauben und natürlich geht ein klein bisschen Magie verloren, wenn die Kinder rausfinden, dass die Eltern hinter den Geschenken stecken. Aber ich fand Weihnachten als Kind deshalb nicht weniger spannend oder schön, nur weil ich wusste, woher die Geschenke kommen.

Heike Kette Komp Mein Sohn (mittlerweile 10) glaubte bis letztes Jahr an Osterhase, Nikolaus und Christkind, allerdings war er in den Monaten davor schon etwas skeptischer  …..und letztes Jahr dann fragte er mich direkt: „Sag mal ehrlich,Mama, seid ihr das immer gewesen,mit den Geschenken? Ich bin euch auch nicht böse,wenn ihr das wart!“ Ich bejahte grinsend und er fügte hinzu: „Aber danke, dass ihr so getan habt als ob, ich fand es schön dran zu glauben…aber über Geschenke freue ich mich trotzdem noch …und verstecken dürft ihr die auch an Ostern….“ :))

Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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5 Kommentare

Vivi
Antworten 24. November 2015

Ganz wunderbar, ich glaube auch, dass man jedes Kind da abholen muss wo es steht und ganz individuell eine "Lösung" für Weihnachtsmann, Christkind, Osterhase und Zahnfee finden muss. Meine Tochter ist 6 geworden und glaubt an den Weihnachtsmann, ist aber gerade in einer Phase, in der sie dahinter kommt, dass wir es sind, sich aber selber diesen Zauber des Daran-Glaubens erhalten will. Ich bin gespannt wie es im nächsten Jahr wird. Der Wunschzettel nach Himmelpfort wird natürlich noch geschickt, das lässt sie sich nicht nehmen. Liebe Grüße

Beate
Antworten 19. Juli 2016

Lucia ist jetzt 3.5 Jahre alt. Die letzten 2 Jahre hat sie an Weihnachten gesagt, den Weihnachtsmann gibt es nicht! Es gibt nur das Christkind und das nur wenn man lieb und artig war. An den Nikolaus glaubt sie auch nicht richtig, wenn wir ihr versuchen das zu erklären, sagt sie, ach Mama das macht eine Maus, die kommt und versteckt ihre Müssen einfach in meinen Schuhen und ich esse sie ganz schnell auf.

Ich bin gespannt, was sie dieses Jahr sagt, da ihr bruder im Februar geboren ist..

AnjaBirgit
Antworten 21. November 2016

Es ist individuell. Ich habe an das Christkind geglaubt und auch meine Mädels, die mittlerweile erwachsen sind, Ebenfalls glaubt unser 6jähriger Sohn noch daran. Und wir alle sind der Meinung, dass es soooo schön war, diese Vorfreude, diese Magie und Ehrfurcht zu spüren, wenn dann das "Christkind" kam, um uns die Geschenke zu bringen. Niemand in der Familie trägt den Eltern nach, in dieser Beziehung "gelogen" zu haben. Im Gegenteil: Meine Kinder sind froh über diese unwahrscheinlich schönen Erinnerungen, die ihnen in Bezug auf diese festliche und aufregende Vorfreude geblieben sind. :-)

Carola
Antworten 22. November 2016

Unsere Kinder sind sechs und neun. Sie haben solange daran geglaubt, bis die Große in der Schule gehört hat, dass die Geschenke von den Eltern kommen und dann nachgefragt hat. Das macht aber nichts. Bei uns kommt immer noch das Christkind und der Osterhase. Manchmal spielen auch die Kinder sie waren diese Figuren und bringen Geschenke. Das macht Ihnen viel Spaß.

Ari
Antworten 22. Dezember 2019

Mein Bruder ist 12 und will nicht aufhören daran zu glauben auch viele seiner Freunde im schon gesagt haben dass es ihn nicht gibt oder darüber geredet haben während er daneben stand.

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