Alle Jahre wieder: Black Face bei den Heiligen drei Königen? Oder geht das anders?


Am 6. Januar, heute, ist es wieder soweit. Es ist der Feiertag der Heiligen drei Könige. Eine schöne Tradition wird jedes Jahr fortgeführt. Aber gilt das auch für die Black Face Bemalung?

In einigen Bundesländern (zum Beispiel Bayern) gilt der 6. Januar als Feiertag. An diesem Tag verkleiden sich einige christliche Kinder als die drei Sternsinger Casper, Melchior und Balthasar, und ziehen durch die Häuser, um die Inschrift C + M + B auf den Haustüren zu hinterlassen, und Spenden für bedürftige Kinder zu sammeln.

Als Berliner Stadtkind kannte ich diesen Brauch gar nicht, bis ich zu Besuch in Bayern war und auf die Kreidezeichnung über der Haustür aufmerksam wurde. Wie niedlich, dachte ich und lächelte über die Vorstellung, dass die Kinder freiwillig jede einzelne Tür im Dorf bemalten. Doch dann hörte ich davon, dass das Gesicht von einem der Kinder traditionell schwarz angemalt werden würde.

Black Face bei den Heiligen drei Königen?

Ich dachte sie würden darüber scherzen, weil ich in meinem Umkreis als „zu streng“ mit meiner moralischen Auffassung gelte. Anfangs schmunzelte ich noch über deren Worte, doch nachdem sie mir versicherten, dass sie nicht scherzten, verging mir das Lachen endgültig.

„Warum denn das?“, fragte ich empört.

„Weil einer der Heiligen Königen eben schwarz war“, wurde mir geantwortet. Nicht in jedem Dorf gäbe es genügend dunkelhäutige Kinder. Daher bemale sich eins der Kinder mit schwarzer Farbe als schwarzem König.

„Okay, aber das ist doch nicht mehr zeitgemäß, oder?“ Schließlich kann es doch in Zeiten, in denen regelmäßig über Black Face informiert wird, nicht sein, dass das trotzdem noch ausgeübt wird. Vor 10-20 Jahren, vielleicht, aber heute?! Ja, heute. Leider. In dem bayrischen Dorf, in dem ich mich momentan aufhalte, gilt das nach wie vor als alte Tradition. Natürlich äußerte ich meinen Frust darüber, wurde allerdings nur halbherzig verstanden.

„Ach, lass die Kinder doch machen“, hieß es daraufhin.

Kinder meinen es ja nicht böse, sagten sie. Sie sind unschuldig, haben keine rassistischen Gedanken und wissen nicht einmal, was Black Face bedeutet. Ihnen solle nicht der Spaß genommen werden. Okay, dass Kinder keine bösen Hintergedanken haben, stimmt sicher. Aber ist das trotzdem eine Rechtfertigung?

Ich finde, dass Kinder erst recht über Black Face aufgeklärt werden müssen!

Es heißt, dass Kinder die Zukunft sind. Müssten diese dann nicht erst recht über aktuelle, moralischen Normen aufgeklärt werden? Schließlich macht es doch wenig Sinn, den Kindern erst ihren Spaß zu lassen und ihr Denken anschließend umzupolen? Ich weiß noch, welch Hysterie es damals auslöste, als die Süßspeise N****kuss zu Schokokuss umbenannt wurde. Und ich verstehe auch, dass es sehr schwer ist, seine Einstellung, oder seinen Sprachgebrauch dauerhaft zu ändern. Trotzdem geht die Welt weiter. Wir sollten dabei nicht stehen bleiben, sondern mit ihr gehen.

„Aber was ist die Alternative? Das schwarze Kind weiß machen?“

Vielleicht würden einige argumentieren, dass es viel respektloser sei, das schwarze Kind weiß zu machen. Dies wäre nämlich das reinste „Whitewashing“ (das bedeutet, dass nicht weiße Menschen mit weißen besetzt werden – das kommt meistens in der Filmindustrie vor).

Mein Vorschlag ist daher folgender: Wie wäre es, wenn das Aussehen egal ist?

Je nachdem, welches Kind sich als Heiliger König aufstellen möchte, würde nach meinem Vorschlag nicht auf das Aussehen geschaut werden. Die Konstellation kann dabei willkürlich sein. Vielleicht sind in einer Gruppe zwei dunkelhäutige Kinder an Bord. Vielleicht aber auch gar keins. Vielleicht besteht die Gruppe komplett aus Mädchen, vielleicht komplett aus Jungen. Auf diese Weise würde niemand beleidigt, verletzt oder erniedrigt werden, und die schöne Tradition ohne Weiteres erhalten bleiben. Die Bedeutung der Sache spielt sich eh im Kopf ab…

Jetzt würde mich aber interessieren, wie das bei euch gehandhabt wird. Malt sich ein Kind traditionell auch als schwarzer Heiliger König? Oder spielt das bei euch ebenfalls keine Rolle? Redet ihr darüber? 

Liebe Grüße

Mounia

P.S. von Béa. Was ist eigentlich die Kernidee hinter den heiligen drei Könige? Die Geschichte besagt:

„Am Tag der Heiligen Drei Könige feiern Christen den Besuch der Heiligen drei Könige beim Jesuskind. Die drei weisen Männer aus dem Morgenland hießen Kasper, Melchior und Balthasar. Die Bibel erzählt, dass einige kluge Männer kurz nach der Geburt des Jesuskindes einen neuen, hellen Stern entdeckten. Sie vermuteten, dass darunter ein neuer König geboren sein müsse. Sie folgten dem Stern und fanden so in einem Stall in Bethlehem Maria mit ihrem Baby. Laut Überlieferung erkannten die Sterndeuter Jesus in dem Kind und beschenkten das Baby mit Gold, Weihrauch und Myrrhe. In älteren Übersetzungen der Bibel ist nicht von Sterndeutern, sondern von Königen die Rede.“

Gewiss nur eine Interpretation, aber ich mag gern in dieser überlieferten Geschichte sehen, dass Menschen unterschiedlicher Herkunft sich zusammen aufmachen können, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Dass sie ihren „Stern“ sehen und sich davon leiten lassen. Dass sie das Gute, Sinnvolle, Besondere finden. Gemeinsam. In aller ihrer Unterschiedlichkeit. Und daher finde ich den Vorschlag gut: Auf das problematische Black Face verzichten, und einfach die eigene Unterschiedlichkeit feiern.

Mounia
About me

Ich - 25 Jahre alt, Studentin, Kinderanimateurin, begeisterte Hobbyköchin und abenteuerlustig! Meine absolute Leidenschaft ist das Schreiben und Festhalten von Momenten.

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4 Kommentare

Marlene
Antworten 6. Januar 2020

Man kann halt echt in allem etwas Negatives finden, wenn man nur will.
Es wird drei weisen Männern gedacht und einer davon war schwarz. Also verkleidet sich ein Kind als schwarzer König, damit alle dargestellt werden können. Logisch, oder?
Er wird doch geehrt durch die Darstellung!? Was soll daran schlimm sein? Dass er schwarz war, war halt so und wird deswegen auch so übernommen. Wieso muss man darin unbedingt etwas Schlechtes sehen?
Wäre er weiß, wäre es Whitewashing. Wären alle schwarz, würden die beiden weißen Könige - die es nun mal gab - fehlen. Egal wie, irgendeiner fühlt sich immer auf den Schlips getreten.
Und dieses "ach wir machen es kunterbunt und jeder wie er mag" nervt nur noch. Es sind eben die drei Heiligen Könige, die gibt es schon sehr sehr lange und die sehen eben so aus. Jungs oder Mädels ist ja egal, aber sie verkleiden sich so, wie die Könige und dazu gehört ein Schwarzer.
Seht es doch als positive Sache... der schwarze König ist allen so wichtig, dass er unbedingt dabei sein und eben nicht einfach raus gestrichen werden soll!
Ich, als in der ehemaligen DDR geborene darf mir hier im tiefsten Bayern auch eine Menge anhören. Nur starte ich deswegen keine Kampagne. Und Bayern kriegt im Rest der Republik sein Fett weg.
Dass man sich heutzutage noch über so was aufregen muss, zeigt nur, dass man die großen Probleme der Menschheit nicht erkannt hat.

    Julia
    Antworten 6. Januar 2020

    "Es wird drei weisen Männern gedacht und einer davon war schwarz. Also verkleidet sich ein Kind als schwarzer König, damit alle dargestellt werden können. Logisch, oder?
    Er wird doch geehrt durch die Darstellung!? Was soll daran schlimm sein? Dass er schwarz war, war halt so und wird deswegen auch so übernommen. Wieso muss man darin unbedingt etwas Schlechtes sehen?"
    Sorry, aber das ist Unsinn, er war nämlich NICHT schwarz. In der Bibel ist von Weisen oder Magiern die Rede, nicht mehr und nicht weniger. Es steht nicht da, dass es drei waren, und zu Alter oder Aussehen findet sich erst recht kein Hinweis. Die Dreizahl etablierte sich im 3. Jh., die dunkle Hautfarbe erst im ausgehenden Mittelalter bzw. der Renaissance, weil es da angesagt war, seine Bildung durch allerlei Symbolik auszudrücken, und man es nett fand, wenn die drei Könige die drei damals bekannten Kontinente Asien, Europa und Afrika verkörpern. Dass der eine König schwarz ist, ist also eine symbolische Spielerei, die knapp 500 Jahre alt ist. Die 1500 Jahre davor spielte es keine Rolle, welche Hautfarbe dieser König hatte, das war der Phantasie des Künstlers überlassen, der sie abgebildet hat (und dementsprechend war er meistens weiss).

    Da der schwarze König also ein (früh)modernes Konstrukt ist und nichts mit der schriftlichen Überlieferung zu tun hat, können wir das Anmalen der Gesichter also getrost bleiben lassen, es besteht schlicht keine Notwendigkeit dafür, verletzt aber die Gefühle der Betroffenen.

T
Antworten 7. Januar 2020

die Erklärung von Julia erscheint mir sehr schlüssig, auch wenn ich nicht das historische Hintergrundwissen dazu habe.
Ich finde es teilweise schön, merkwürdige Traditionen ad absurdum zu führen, statt sie verbal anzuprangern. So mache ich mir aus der Tradition etwas, womit ich gut leben kann oder was ich zumindest witzig finde. Beispiel: Ist es nicht furchtbar ungerecht, dass nur ein Sternsinger geschminkt ist? Und warum immer nur schwarz? Es könnte sich jedes der Sternsingkinder irgendeine Farbe oder ein Motiv aussuchen. Das Jesuskind hätte vermutlich nichts gegen Tiger, Superhelden oder Ausserirdische gehabt, die zu Besuch kommen ;)

Laura
Antworten 8. Januar 2020

Bei uns im Ort haben wir Montag die Sternensinger gesehen - verschiedene Kinder mit Instrumenten, drei mit Königskrone verkleidet. Und ohne Blackface. Es war sehr schön und faszinierend für mein Kleinkind!

Wie soll sich denn bitte auch der eine Freund meiner Tochter später fühlen, wenn sich andere Kinder schwarze Farbe ins Gesicht schmieren, um "wie er" auszusehen? Er kann, um Diskriminierung zu entgehen, sich auch nicht einfach abschminken. Hautfarbe und Nationalität bzw Ethnien sind keine Kostüme. Und ein Königskostüm ist auch ohne schwarze Farbe im Gesicht komplett.

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