„Es ist noch nicht zu spät!“ – Brief an meinen Ex – Gastbeitrag einer Alleinerziehenden mit geteiltem Sorgerecht


Von einer anonymen Mutter haben wir diesen Brief erhalten und veröffentlichen ihn. Natürlich hat sie versucht, genau das ihrem Ex auch direkt mitzuteilen. Aber sie ist überzeugt, dass es möglicherweise mehr Väter gibt, die diesen Gedankenanstoß vielleicht brauchen. Lest, sagt uns in den Kommentaren ob ihr die Situation kennt… und teilt bitte den Beitrag weiter. Genauso wie mein Brief an die Eltern in Trennung. Die Kinder brauchen Erwachsene, die sie lieben und die sich Zeit für sie nehmen.

Lieber Ex und Vater meiner Kinder,

vor einiger Zeit erklärtest du „Meine Ex-Frau ist nicht alleinerziehend, wir haben schließlich das gemeinsame Sorgerecht.“

Wo bist du im Leben deiner Kinder? Wer bewältigt den Alltag mit den Beiden? Wer kümmert sich um sie, hört ihnen zu, liebt sie, weckt sie, kocht für sie, wäscht ihre Wäsche? Wer ist immer für sie da?

Du bist es nicht!

Wikipedia sagt zu diesem Thema: Alleinerziehende sind Mütter oder Väter, die ledig, verwitwet, dauernd getrennt lebend oder geschieden sind und nicht mit einem anderen Erwachsenen, jedoch mit ihrem Kind oder ihren Kindern in ständiger Haushaltsgemeinschaft zusammenleben (sogenannte Einelternfamilie). Das Kind hat dabei nur eine unmittelbare Bezugsperson, den mit ihm zusammenlebenden Elternteil. Mit dem anderen Elternteil (sofern dieser noch lebt und jemals eine Beziehung zu dem Kind aufgebaut hat) gibt es allenfalls Besuchskontakte.“

Seit du ausgezogen bist, bin ich alleine für die Kinder verantwortlich. Ich bin die Bezugsperson!

Du hast dich aus dem Leben dieser wunderbaren Wesen vollkommen zurückgezogen. Das gemeinsame Sorgerecht existiert nur auf dem Papier, nicht mal dein Umgangsrecht nimmst du wahr. Für die beiden Menschen, die dein Fleisch und Blut sind, bist du ein Fremder geworden.

Um Unterschriften, die für bestimmte Entscheidungen notwendig sind, lässt du mich kämpfen. Wochenlang lässt du mich betteln, damit dein Kind einem Sportverein beitreten darf. Hast du eigentlich mal mit deinem Kind selbst gesprochen, warum ihm das wichtig ist? Wenn Sorgerecht reine Machtausübung ist, dann nimmst du dein Sorgerecht sehr wohl wahr.

Ich bin alleinerziehend!

Wo warst du, als beide Kinder depressiv waren und Hilfe brauchten? Wo bist du, wenn wichtige Entscheidungen getroffen werden müssen? Bist du da, wenn dein Sohn eine männliche Bezugsperson braucht, weil er nun mal in der Pubertät ist und nicht mehr alles mit Mama besprechen möchte? Wo warst du, als ich notfallmäßig in die Klinik musste und die Kinder eine Betreuung brauchten?  Wo ist deine Antwort auf die Frage, ob du dich einbringen möchtest, weil dein Kind bald die weiterführende Schule besucht?

Was du willst, ist nur Unterschriften leisten und auch nur dann, wenn es dir passt. Das hat weder etwas mit Erziehung zu tun, noch deine Kinder zu lieben und sich um sie zu kümmern.

Was du machst, ist auf dem Thron sitzen, warten bis man dir etwas reicht, um dann gnädig zu sein. Oder auch nicht.

Weißt du wie sehr dich deine Kinder lieben und wie sehr sie dich vermissen? Wie oft habe ich dich gebeten, sie zu sehen? Wie oft hast du mir geantwortet: „Entweder sie treffen mich mit meiner neuen Partnerin oder überhaupt nicht.“?  

Das jüngere Kind hat gebettelt, dich alleine zu sehen. Es braucht einfach noch etwas Zeit bis es deine neue Freundin kennenlernen möchte, ihr habt euch entfremdet. Es möchte erst seinem Papa wieder nahe sein. Du hast abgelehnt, beharrst auf deinem Standpunkt. Und nun siehst du es eben überhaupt nicht, weil du so entschieden hast. Du willst eben nicht.

Ja, ich erziehe die Kinder alleine.

Ich vermittle ihnen ihre Werte, ich halte ihre Hand, ich bin für sie da. Jeden Tag!

Du hast entschieden, in ihrem Leben nur noch eine ferne Rolle mehr zu spielen. Also erzähle mir und der Welt bitte nicht, ich wäre nicht alleinerziehend.

Sorgerecht ist eine Pflicht und keine Kür! Kinder haben, bedeutet sich zu kümmern und nicht nur dann, wenn man gerade mal Lust darauf hat. Kinder brauchen bedingungslose Liebe, am besten von  den beiden Menschen, die sie in die Welt gesetzt haben.  
Ich bin alleinerziehend aber viel wichtiger ist: Ich liebe meine Kinder und bin für sie da, immer!

Du hast die Wahl ein Vater zu sein, du hast dich (bis jetzt) dagegen entschieden.

Du kannst es ändern und nur du. Es ist noch nicht zu spät.  

Deine Ex. 

Kennen auch andere diese Situation? 

Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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14 Kommentare

Wendulinde
Antworten 2. Januar 2018

Ja das kenne ich, nur ohne gemeinsames Sorgerecht. Er war noch fieser. Da wir nicht heiraten wollten, hatte nur ich damals das Sorgerecht. Ich habe ihm angeboten, dass Sorgerecht zu beantragen, aber er tat es nicht. Ganz schön clever.

    Béa Beste
    Antworten 3. Januar 2018

    Tja - aber dann gab es auch keine Erwartungen, oder? Lieben Dank, dass du hier kommentiert hast!

Tony
Antworten 2. Januar 2018

Das beleuchtet aber nur eine Seite und lässt die andere Stumm. Und natürlich ist der Mann der Bösewicht, aber niemand hinterfragt das. Evtl. hat das Gute Gründe?!
Leider wieder einmal ein typisch Männer feindlicher Beitrag. *Thumbs Down*

    Béa Beste
    Antworten 3. Januar 2018

    Hallo Tony, ganz und gar nicht. Die Mutter ist auf uns zugegangen und hat sich das Problem von der Seele geschrieben, aber wir würden jederzeit auch einen Papa hier veröffentlichen, der die andere Seite beleuchtet. Solltest du gern auch einen Brief schreiben, wir erarbeiten das gern mit dir zusammen. Und feindlich wollen wir niemanden gegenüber sein, nur beitragen, dass sich Eltern im Sinne der Kinder besser verstehen. Viele Grüße, Béa

    Christina
    Antworten 3. Januar 2018

    in meinen Augen gibt es NIE einen Grund die Kinder zu vernachlässigen. Egal von welcher Seite beleuchtet wird!
    Die Kinder sind die die nichts dafür können und am meisten leiden!

Franke
Antworten 3. Januar 2018

Der Text spricht mir aus der Seele. Nur das ich 2 Mädchen habe und sie noch was kleiner sind. Bis jetzt habe ich mit anmelden im Sportverein, Grundschule und Kindergärten kein Problem gehabt. Da reichte auch meine Unterschrift alleine. Aber ich möchte um das Alleinige Sorgerecht kämpfen.

Sebastian
Antworten 3. Januar 2018

Sowas kenne ich leider auch von meiner Schwester und Cousine. Ich selbst habe auch einen Sohn und ich liebe ihn unendlich doll. EIGENTLICH normal. Für mich ist sowas deswegen total unverständlich wie man als Vater so mit seinen liebsten umgehen kann. Sowas könnte ich überhaupt gar nicht. Mir tut es im Herzen richtig weh wenn ich sowas lese.

Manu
Antworten 3. Januar 2018

Eine ähnliche Situation kenne ich...nur mit 3 unterschieden....ich habe das alleinige Sorgerecht...das hat er mir bei der scheidung freiwillig übertragen...2. es lag zwar schon irgendwie an der neuen Partnerin aber nicht weil sie das kind nicht sehen wollte oder das kind nicht mit ihr klar kam...sondern weil ER zeit mit ihr alleine verbringen wollte und unsere tochter da wohl leider gestört hat (seine Tochter aus einer vorherigen Ehe wurde übrigens weiterhin regelmäßig übers wochenende abgeholt)...und der dritte unterschied....DOCH es ist zu spät...er hat seine tochter (5) seit ca 3 Jahren nicht gesehen trotz dass ich versucht habe ihn zu überreden....bevor er nicht wirklich feste besuchszeiten über jugendamt oder gericht durchsetzt wird er die kleine Maus nicht sehen....es sei denn SIE möchte es....sie kennt ihn nicht und hat hier ihren "papa"...ohne Zeiten an die auch er sich halten müsste, könnte ich ihm einfach nicht vertrauen dass er sie nicht wieder nach 2 besuchen so heftig enttäuscht und das würde ich ihr nicht nochmal an tun...

Diana
Antworten 9. Januar 2019

Wow, genauso ist es bei uns auch. Mein Großer will wegen der Freundin nicht zum Papa. Er will ihn nicht ohne sie nehmen, obwohl er eine eigene Wohnung hat. Nicht mal an Weihnachten wollte er ihn für 6 Stunden alleine nehmen. Hatte aber vorher per Anwalt mit Umgangsverfahren gedroht, sollte ich die Kinder nicht rausgeben. Tja, der Große wollte ja zu ihm, halt nur nicht zur Freundin. Für den Kleinen der keinerlei Bindung mehr hat, kam er auch nicht für seine 1 Stunde Umgang. Per Whatsapp fragte mein Sohn warum er ihn an Weihnachten nicht nicht alleine genommen hat. Antwort: Selbst dran Schuld, du wolltest ja nicht mit zur Freundin. An Silvester wollte er dann eine Stunde spazieren gehen mit beiden Kindern. Der große wollte aber nicht mal mehr an die Tür um Hallo zu sagen. Und mit dem kleinen kam er nur bis zur Haustür, da er sich die Seele aus dem Leib schrie. Und trotz allem pocht er auf den abgemachten Umgang beim Jugendamt, das ist das einzige was er schreibt. Darauf das sein Sohn ihn erst einmal alleine haben möchte geht er nicht ein und ignoriert er. Auch soll der Große die Bezugsperson sein für den kleinen wenn er mit ihm spazieren gehen will.

Sylvana
Antworten 8. Dezember 2020

Mir geht es so. Nur das ich eine Vollmacht habe, um notwendige Unterschriften zu ersetzen.

mario simon
Antworten 9. Dezember 2020

Ich kenn leider die andere Seite das ich meiner Verantwortung nicht nachgehen kann weil Man mir sein Kind entfremdet. Wenn man nur da ist um zu bezahlen und sich nur meldet wenn man eine Unterschrift braucht ist das sehr sehr schade .

Tina
Antworten 11. Dezember 2020

Ich bin ein kind eines solchen Vaters. Er wollte mich weder sehen nach der Trennung, zahlte nie auch nur einen Cent, bzw damals noch Pfennig. Sagte im O-Ton zu meiner Mutter, er wolle sein altes Leben komplett hinter sich lassen und völlig neu anfangen. Mit neuer Frau, ohne Kind. Er hat es durch gezogen und nur durch die manchmal übermenschliche Kraft meiner wundervollen Mama bin ich ein guter, starker, nicht traumatisierter, erwachsener Mensch geworden. Die Trennung war, als ich vier Jahre alt war. Im Alter von ca. 15 hatte ich dann endgültig mit ihm abgeschlossen. Mittlerweile ist er gestorben und mir wurde Gefühlskälte vor geworfen. Weil ich nicht getraut habe. Um einen Menschen, der mich weg geschoben, verleugnet, verraten und auf das Extremste verletzt hat, als ich klein war. Und der mir irgendwann völlig fremd war. Vielleicht das mal zur Info für alle Väter, die sich vor ihrer Verantwortung drücken.

Karin
Antworten 11. Dezember 2020

Solange meine beiden Mädcven klein waren & der Vater seinen Unterhalt zahlte, so lange habe ich ihnen gesagt, dass ihr Vater & ich gemeinsam entscheiden, bei wem von unssie sich wann aufhalten. Und wenn dann die neue Lebenspartnerin des Vaters auch da war, mussten die Mädchen damit umgehen lernen. Ich finde, eine solche Situation ist eben für alle Personen schwierig und es gehört zum Leben dazu, dass nicht alles immer nach dem eigenen Willen geht. Eine Scheu vor den neuen Partnern ist natürlich, geht aber durch Kennenlernen weg. Wichtig ist, dass alle stets in liebevoller Kommunikation bleiben, dann funktioniert es auch und Kinder und Eltern haben sich nicht entfremdet. Bezüglich Unterschriften hat immer meine einzelne gereicht - auch bei der Anmeldung auf verschiedene Schulen.

Karin, 2 Töchter, heute 16 & 19 Jahre alt, vom Vater getrennt seit die Kinder 3 & 6 Jahre alt waren.

Maru
Antworten 11. Dezember 2020

Ich kenne das gut, nur von der anderen Seite, die Mutter meiner Stieftochter nimmt ihre Erziehungspflicht nicht ernst, wenn es mal Begegnungen gibt hat das Kind freie Hand kann tun und lassen was es will, der Mutter ist das alles egal Hauptsache die hat Ruhe und muss sich mit nichts rumschlagen. Wäre alles nicht so dramatisch hätte das Kind keine sozial emotionale Störung und wäre auf klare und strikte Strukturen angewiesen um sich zurecht zu finden. Kommt das Kind nach 24h zurück kann man mit der Erziehung von vorne beginnen. Wir kümmern uns um alles und wenn man eine Unterschrift oder Unterstützung bräuchte wird man links liegen lassen, Unterhalt wird auch nicht gezahlt, das Kind ist ihr egal Hauptsache sie findet irgendetwas um uns das Leben schwer zu machen. Und das ist das eigentlich Schlimme, das Kind leidet und darf sich bei uns nicht wohl und geborgen fühlen, denn dann wird integriert. Arme Maus.

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