Alleinerziehend und den Vater ersetzen – oder doch nicht mehr?


Ihr Lieben, die liebe Darksun – alleinerziehende Mutter –  hat für uns erneut einen Gastbeitrag geschrieben. Vielleicht kennen einige von euch das Thema… wenn man versucht, den Partner bei den Kindern zu ersetzen?

Bitte beachtet, dass Menschen, gerade im Falle einer Scheidung, Situationen und Gefühle unterschiedlich wahrnehmen – und dass möglicherweise die anderen Beteiligten dies aus einer unterschiedlichen Perspektive sehen, erlebt haben und andere Gefühle dazu haben. Es handelt sich hier um die subjektive Sicht der Mutter. 

Ab hier schreibt Darksun (das ist ihr Twitter Nickname).

Mutter sein, was für ein wunderbares Gefühl!

Ich wollte immer Mutter werden, solange ich zurückdenken kann. Schon als kleines Mädchen habe ich mit den Puppen „Mama sein“ geübt.

Mutter-Vater-Kind hieß mein Spiel.

Wie es dann so ist: Verliebt, verlobt, verheiratet, das erste Kind und 7 Jahre später das zweite.
Mutter-Vater-Kind. Der Traum der Kindheit erfüllte sich für mich. Ich bin gerne Mutter und liebe meine Kinder sehr. Aber da war auch der Vater und es gab zwei Eltern. Zweimal so viel Liebe für die Kinder und geteilte Verantwortung. Meine Söhne hatten zwei Eltern, die sich um sie gekümmert haben. Ich hatte einen Partner an meiner Seite, mit dem ich die Erziehung gemeinsam angegangen bin.

Und dann irgendwann: Streit, Trennung, Scheidung.

Der Vater zog aus der gemeinsamen Wohnung aus und verabschiedete sich von den Kindern. Sie sollten aber aus meiner Sicht verstehen, dass er sich nur von mir trennt, aber nicht von ihnen.

Die Kinder haben wahnsinnig gelitten. Die beiden waren zu dem Zeitpunkt 9 und 16 Jahre alt. Alleine die Kinder so zu sehen, weckte in mir über viele Wochen und Monate extreme Schuldgefühle. Die Tränen, die Fragen, die Ängste der Kinder, alles lastete auf mir. Natürlich war es auch schwer plötzlich alleinerziehend zu sein. Alleine den Alltag mit den Kindern zu bewältigen, war eine riesige Herausforderung, anstrengend und ermüdend.

Um meine eigenen Schuldgefühle zu beschwichtigen und es den Kindern zu erleichtern (dachte ich), habe ich Regeln aufgeweicht. Sie durften mehr, ich ließ ihnen mehr durchgehen, es gab öfter kleine Geschenke von meiner Seite.

Ich habe wie wahnsinnig versucht, es wiedergutzumachen.

Die Tatsache gut zumachen, dass der Vater weg ist. Aus heutiger Sicht was das der völlig falsche Weg.

Irgendwann fiel mir auf: Anstatt jetzt die Übermutter zu spielen und deinen Kindern alles zu geben, musst du auch den Vater ersetzen.

Ich nahm all die Energie, die ich in die zusätzliche Zuwendung gesteckt hatte und versuchte die Vaterrolle auszufüllen. Aber wie sollte das funktionieren? Bei uns war es eine gute Balance. Ich als Mutter war sehr oft nachgiebig, der Vater strenger. Mit ihm konnten die Jungs über andere Themen reden, als mit mir. Nun versuchte ich verzweifelt beides zu vereinbaren. Irgendwann fehlte nur noch, dass ich mit männlicher Stimme zu den Jungs sprach. Besonders dann, wenn ich zum gefühlten 100. Mal das gleiche Verbot ausgesprochen hatte und mir schon die Stimme brach, wenn ich wiederholte Aufforderungen geleistet hatte und jetzt die Stimme des Vaters mehr Nachdruck verleiht hätte.

Meine Kinder waren natürlich verwirrt und der Versuch somit für mich gescheitert.

Der Punkt kam, an dem ich mir klar werden musste, wie ich weiter vorgehe und das Leben mit meinen Kindern gestalte. Welche Rolle will ich einnehmen? Nach reiflicher Überlegung bin ich zum Entschluss gekommen:

Ich bin die Mutter. Mehr nicht und auch nicht weniger.

Und eine gute Mutter zu sein, ist verdammt viel und unersetzlich. Ein männliches Vorbild wäre für meine Jungs wichtig, aber das gibt es leider in meinem Umfeld so nicht. Nur, ich kann das nicht ersetzen! Es kostet zu viel Kraft, wäre nicht authentisch und würde am Ende nichts bringen.

Meine Jungs wissen nun, sie haben eine starke Mutter an ihrer Seite, die sie liebt. Eine Mutter, die auch schwache Momente haben darf und deren Kraft begrenzt ist. Ich bin eben alleinerziehend.
Den Vater kann und werde ich ihnen nicht ersetzen aber ich kann ihnen vorleben und mit ihnen erleben, dass auch eine kleine Familie (ohne Papa) funktioniert.

Liebe Grüße,

Die Mutter: Darksun

Titelfoto: Photo by Filios Sazeides on Unsplash

Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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2 Kommentare

Gloria Molak
Antworten 24. Oktober 2017

Wie wahr! Nur, dass es sich sogar so negativ auswirken kann, dass das Kind sich davon nie erholt und dann auch noch die Mutter für dämlich hält und sie missachtet und das ist dann ein wirklich harter Schlag, von dem man sich kaum erholt. Ein wirklich guter Artikel. Ich bin immer noch so unrealistisch und hoffe, irgendwann erholt sich das Kind, obwohl sie schon längst erwachsen ist. Zum Papa jedich, der sich in dieser Zeit nicht darum kümmerte, dass seine Tochter bittere Tränen vergoss, weil er sich NICHT kümmerte, hat sie ein gutes, vertrauensvolles Verhältnis. So traurig!

Steph
Antworten 18. November 2017

Wie wahr und ehrlich. Manchmal denke ich, meinem Sohn fehlt so viel. Und oft kommt von außen, Du musst ja zwei Rollen erfüllen. Ab sofort wird meine Antwort Nein sein. Ich erfülle die Rolle der Mutter und wünsche meinem Sohn viele tolle männliche Vorbilder, in der Schule, im Sport, bei Freunden. Danke für diesen Beitrag..

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