Bei unserem Kind ist das Hör-Merk-Verständnis nahezu null… Was tun?


Schon mal was von “Probleme mit dem Hör-Merk-Verständnis“ gehört? Diese Mutter braucht eure Schwarmintelligenz!

Sie schriebt uns:

„Hallo, meine Tochter wird diesen Monat acht Jahre alt und besucht eine sehr leistungsorientierte Grundschule in unserem Ort, die eng mit dem KiGa, welchen sie besucht hat, zusammen arbeitet.

Im letzten Jahr vor der Einschulung, nach dem ersten Gespräch mit der Schule, wurde uns seitens des KiGa bereits der Besuch einer Logopädin empfohlen. Diesem sind wir nachgegangen. In der Praxis wurde dann das erste Mal “Probleme mit dem Hör-Merk-Verständnis“ ausgesprochen, ein Besuch eines Landesbildungs-Hörzentrums, welches wir daraufhin besuchten, bestätigte dies. Wir bekamen diverse spielerische Übungen, Zahlen- oder Farbreihen hüpfen auf Moosgummimatten, etc.

Sie wurde eingeschult. Sie hat sich auf die Schule gefreut.

Sie hat in den ersten Wochen unterwegs jede Blume, jeden Grashalm, jeden Regenwurm kommentiert. Wenn ich sie (sie geht mittlerweile schon länger alleine) nach ihrem Schultag frage, erzählt sie mir zuerst, dass „in der ersten großen Pause ein Kohlweißling auf den Brennesseln hinter der Buche hinten rechts auf dem Nachbargrundstück Eier abgelegt hat! Ach ja, und dann haben wir noch Mathe gemacht. Was? Weiß ich nicht mehr!“

Sie packt abends den Ranzen für den nächsten Tag. Steht neben dem Musikständer, schaut auf ihre Flöte plus Buch und antwortet auf meine Frage, ob sie alles eingepackt hat, mit „Ja“.

Die Hausaufgabe, die sie, trotz mittlerweile abgesprochener Unterschrift der Lehrerin im HA-Heft nicht machen kann, weil sie schlichtweg quasi täglich Bücher, Hefte oder sonstige Materialien vergisst, ist da gar nicht eingerechnet.

Sie steigt morgens über den Schulranzen im Flur, zieht sich daneben ihre Schuhe an. Wir verabschieden uns. Ich lasse sie aus der Tür gehen gehen und frage, wohin sie möchte. Sie schaut, fragt verwundert: „Zur Schule!?!“ Ich frage dann, was sie dazu braucht, sie überlegt eine gefühlte Ewigkeit bis sie den Schulranzen in der offenen Tür sieht.

Gestern hatte sie Schulsport. Der Sportrucksack stand direkt neben dem Ranzen. Wir haben am Vorabend zusammen Kleidung mit passendem Haargummi rausgesucht, die Sportsachen gepackt. Wegen Sport. Morgens die langen Haare geflochten, wegen Sport. Was bleibt hier stehen? Der Sportrucksack.

Ich bin mittlerweile müde, sie ewig zu erinnern.

Habe das Gefühl, seit sie in der Schule ist, sitzen wir den ganzen Nachmittag nur noch an den Hausaufgaben, weil sie sich ablenken lässt. Sie „muss“ mittlerweile in der Küche die Hausaufgaben erledigen, weil sie in ihrem Zimmer abgelenkt ist und lieber spielt.

Für die Schule ist es ok, sie wäre leistungsmäßig im Rahmen, aber unsere Familiensituation belastet es sehr – grade, weil es jetzt draußen schöner, länger hell und wärmer wird. Wenn hier ihre Freunde klingeln und ich diese vertrösten muss weil sie mit den Hausaufgaben nicht fertig ist.

Die kleine Schwester kann jede zweite Woche keinen Besuch haben, weil wir durch Diktate, die wir zusätzlich trainieren müssen, abends noch sitzen, wenn ich eigentlich schon längst wieder Abendessen kochen muss.

Und ich merke, dass ich ihr gegenüber ungeduldiger werde, was natürlich nicht grad förderlich ist.

Sie hat drei sehr gute Freunde/ Freundinnen in der Schule, ein Mädchen ist neu dazu gekommen, weil sie die Klasse wiederholt. Sie weiß, dass es ab Sommer „richtige“ Noten gibt und macht sich darüber einerseits einen ziemlichen Kopf, denkt andererseits aber überhaupt nicht „schulisch“.

Wir lassen sie leistungsmäßig komplett in Ruhe, sie muss natürlich die Hausaufgaben machen, Regeln müssen eingehalten werden. Wir haben aber einen weitreichenden Familien- und Freundeskreis mit herzlichen Menschen vom Down-Syndrom über Schwerhörigkeit (und der damit verbunden Tatsache, Gebärdensprache zu nutzen, die auch unsere Kinder teilweise anwenden), bis hin zu studierten Diplomaten. Alle Kinder wachsen mit allen (Halb-)Geschwistern, Cousins, Cousinen, Onkeln , Tanten, anderen Familienmitgliedern und Freunden gleichwertig auf und ich bin grad absolut ratlos, wie bzw. ob ich meiner Prinzessin helfen muss/ kann/ sollte.

Vielleicht habt Ihr Ideen?

Liebe Béa, ein ewig langer Text, leider, aber ich könnte und wusste mich nicht kürzer zu fassen, mit sechs Kindern, drei Tageskindern und etlichen Spielfreunden und Gesprächen mit diversen Pädagogen/ etc. bin ich jetzt echt am Ende und möchte der Motte gern helfen, weiß aber nicht, wie.

Lasse ich sie zurück stellen? Sie hat es grad mit ihrer neuen Freundin erlebt. Sie erzählte Horrorgeschichten. Ist von der Klasse aber gut aufgenommen worden. Die Klassenlehrerin ist ein Traum. Es ist eine kleine Dorfschule, 6 Klassen für vier Jahrgänge und ich möchte ungern, dass meine Motte im Sommer zurück gestellt wird und dann ggf. Freundschaften verliert.“

Hat jemand ähnliche Erfahrungen mit “Problemen mit dem Hör-Merk-Verständnis“?

Liebe Grüße,

Béa

Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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5 Kommentare

Miriam Jegen
Antworten 11. Juni 2018

Der Text könnte eins zu eins von uns stammen, nur dass unser Sohn im Sommer erst eingeschult wird. Es ist sehr belastend und manchmal kommt man sich vor wie eine kaputte Schallplatte.
Ich bin selbst Lehrerin und wir haben sehr lange diskutiert, ob wir unseren Sohn normal einschulen sollen. Wir haben uns dafür entschieden und werden einfach beobachten. Das erste Gespräch mit der Schule hatten wir bereits und haben um engen Kontakt und regelmäßigen Austausch gebeten.
So lange deine Tocher in der Klasse zurecht kommt, würde ich sie nicht zurückstufen. Du schreibst ja, dass ihre Leistungen gut sind. Vielleicht könnt ihr das Lernpensum verringern oder öfter Pausen einlegen. Mein Sohn macht regelrecht „zu“, wenn man versucht Dinge öfter mit ihm zu üben. Vielleicht macht ihr kleine Einheiten, damit sie zwischendrin mehr Zeit zum Spielen und „Träumen“ hat. Also Zeit, in der sie ihren Gedanken nachhängen kann, ihre Aufmerksamkeit auf die kleinen Dinge wie den Schmetterling legen kann. Ich weiß, man will dem Kind helfen, aber ich finde es schlimm, wenn selbst Grundschüler schon eine gefühlte Ewigkeit über den Schulbüchern hängen müssen.

Rowena Bulfone
Antworten 11. Juni 2018

Hallo! Kenne das von meinem Träumerlein. Bei uns hängt jetzt eine selbstgebastelte Kontrollliste im Flur, bei der sie jeden morgen abhaken muß, ob sie alles erledigt hat. Wichtig ist das alles gelöscht wird wenn ein Punkt fehlt. Haben es mit Folie und Flipchartmarker gemacht. Was das Lernen und Hausaufgaben machen anbelangt einfach viele kürzere Einheiten. Wenn wir zusehen, das wir wirklich nur 10 Minuten und die voll Konzentriert etwas machen geht es. Wenn sie es selbst organisiert machen soll, ist es eine Katastrophe in der Nachmittagsbetreuung sind alle damit beschäftigt, da funktioniert es relativ gut auch wenn die Lehrerin sie immer wieder "aufwecken" muß. Im Alltag einfach auch immer kleine Arbeitsaufträge geben wie bitte bringe den Stift auf meinen Schreibtisch und schmeiße das Papier in den Mistkübel. Es wird mit der Zeit etwas besser allerdings gibt es Tage, da schickt man sie sich anziehen und stellt dann fest das sie die Hilfe vergessen hat dafür aber die Blumen gießt :D

Simone
Antworten 15. Juni 2018

Hallo, ich kann die geschilderten Situationen in Teilen gut nachvollziehen. Insbesondere Konzentrationsschwierigkeiten und sich ewig dehnende Hausaufgaben. Wir versuchen derzeit über eine Reflexintegration inkl. Coaching eine Verbesserung zu erreichen. Und ich habe schon den Eindruck, dass es besser wird.
Die schwierigen (Hausaufgaben)Situationen trotz beginnender (Vor-)Pubertät nehmen derzeit ab.
LG
Simone

JeWi
Antworten 6. Mai 2022

Hallo liebe betroffenen Eltern,
wir haben mit unserem Sohn (damals 9 Jahre alt) eine Familienergotherapie gemacht mit Videoaufnahmen beim "Hausaufgaben machen / helfen". Uns als Eltern hat es sehr geholfen und mittlerweile werden die Hausaufgaben in 20 bis 30 Minuten statt wie bisher in 3-5 Stunden erledigt. Ohne, dass wir nebendran sitzen! Manchmal gibt es noch Rückfaälle, dann kann man sich aber auf das Gelernte besinnen und kriegt die Kurve wieder. Checklisten dienen nur zur Dekoration. Die helfen gar nicht bei uns.

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