„Blinde“ Loyalität? Ab wann ist von Unterwerfung die Rede?


Loyalität ist ein ganz spannendes Phänomen, das uns Menschen immer wieder in sozialen Kontexten begegnet. Aber wie zeichnet sie sich im Alltag aus? Und ab wann artet „blinde“ Loyalität in Unterwerfung aus?

Hunde sind das Paradebeispiel für loyal. Treu bis zum Ende, und genau diese Eigenschaft wird auch bei Menschen erwartet. Nicht nur bei Freund:innen und Familien, sondern auch in Arbeitskontexten. Wer loyal ist, ist dem Unternehmen offen treu und ehrlich.

Vermutlich ist es wieder ein Kulturding, aber ich bin mit einem sehr starken Loyalitätsgefühl aufgewachsen. Menschen, die ich gernhabe, bin ich gegenüber loyal. Ich stehe zu ihnen. Ich verrate ihre Geheimnisse nicht weiter. Ich setze mich für sie ein und garantiere ihnen, dass sie sich auf mich verlassen können.

Für mich passiert Loyalität ganz automatisch – manchmal sogar, ohne die ganzen Details zu wissen. In dem Moment ist mir einfach nur wichtig, dass die Person weiß, dass ich auf ihrer Seite bin. Und das könnte Probleme mit sich bringen. Insbesondere dann, wenn ich den gleichen Anspruch an meine Mitmenschen habe.

Hach ja, die Loyalität … Wenn es einen Charakterzug gibt, den ich mich schon seit Jahren versuche abzutrainieren, dann ist es dieser. Extreme Loyalität kann nämlich die ein oder anderen Nachteile mit sich ziehen. Dazu kommen wir gleich noch, aber zunächst einmal die positiven Aspekte:

Loyalität verbindet

Loyalität hat die wundervolle Eigenschaft, dass sie Menschen zusammenbringt. Sie bedeutet Vertrauen und Verbundenheit und Zusammenhalt. Loyalität zu erfahren ist ein tolles Gefühl. Wir fühlen uns wertgeschätzt, vor allem, aber unterstützt.

Kurz: Loyalität verbindet.

Aaaber …

Loyalität schließt auch aus

Wer einer Person loyal ist, ist auch in ihre Konflikte eingebunden, und das manchmal völlig „blind“. Wenn wir uns dazu entschließen, der Person gegenüber loyal zu sein, bleibt uns praktisch nichts anderes mehr übrig, als ihrem Wunsch folge zu leisten. Tun wir das nicht und bilden uns erst einmal unsere eigene Meinung, wären wir ja nicht mehr loyal …

Ich muss da sofort an die klassischen Grüppchen in der Schule denken, und wie loyal sich alle waren, wenn die eine mit der anderen Streit hatte. Aber wenn ein Mädchen aus Partei B mit jemandem aus Partei A sprach, war sie sofort die Verräterin, die ausgeschlossen wurde … Der Gruppenzwang verleitete die Gruppen regelrecht dazu, loyal zu sein.

Loyalität = „Blinde“ Unterwerfung?

Als ich vorhin die Wikipedia Seite überflogen habe, bin ich über den Begriff „Unterwerfung“ gestolpert, und ich diesem Moment, dachte ich mir nur: Ja! Wenn wir es genau nehmen, ist Loyalität nichts anderes als das. Indem uns auf die Seite der Person stellen, leisten wir ihr folge. Wir unterwerfen uns, weil die Loyalität in ihrer Definition genau das erwartet.

Und das ist doch ganz schön mittelaltermäßig, oder? Ich sag nur Romeo und Julia, die aus Loyalität ihrer verfeindeten nicht zusammen sein durften.

Aber ich hab gut reden … Ich erinnere mich noch genau an den Streit mit meiner guten Freundin, als ich nicht glauben konnte, wie sie eines gemütlichen Abends auf die Party meines Exfreundes ging, der mir kurz davor den Herzschmerz meines Lebens beschert hatte. Ich war fassungslos, dass sie in der Wohnung, in der ich nun nicht mehr willkommen war, eine gute Zeit hatte, während ich mit Taschentüchern im Bett lag.

Meine Freundin (die mit keinem ausgeprägten Loyalgefühl aufgewachsen ist) war total überrascht, dass mich das Ganze so mitnahm. Ihr war nicht klar, was ihr Erscheinen auf der Party mit mir machen könnte. Damals entschuldigte sie sich, während ich mich heute frage, ob nicht ich ihr eine geschuldet hätte. Immerhin habe ich mir von ihr gewünscht (oder vielleicht sogar erwartet), dass sie aus Loyalität zu mir auf einen spaßigen Abend verzichtet.

Heute fände ich es undenkbar, meinen Freundinnen auch nur irgendwas vorzuschreiben. Es ist ihr Leben und sie haben das Recht, alles zu tun, was sie wollen. Wenn mir einige ihrer Entscheidungen gegen den Strich gehen, aber nichts mit mir zu tun haben, dann muss ich das akzeptieren.

Loyalität vs. Solidarität

Eine Unterscheidung sehe ich aber trotzdem, denn Loyalität und Solidarität sind für mich nicht dasselbe. Während ich bei Loyalität an Vertrauen, aber auch „blinden Gehorsam“ denke, bedeutet für mich Solidarität helfen und unterstützen. Und zwar nicht nur bei den engsten Vertrauten, sondern bei allen Menschen, die sie brauchen. Weil man als Mensch bestimmte Werte hat, nach denen man lebt.

Sich einsetze, Partei ergreifen – insbesondere dann, wenn man sich in einer privilegierteren Position befindet und Menschen einem zuhören. Und von Solidarität kann es meiner Meinung nach nicht zu viel geben.

Loyalität – Fazit

Ich liebe es, zu unterstützen und Unterstützung zu erfahren. Ich liebe es, wenn ich mich auf andere verlassen kann, und sich andere ebenso auf mich verlassen. Ich liebe es, wenn ich mit Vertrauen beschenkt werde, und anderen vertrauen kann.

Aber was ich nicht liebe, ist „blinder Gehorsam“. Ich möchte niemanden aus „Prinzip“ unterstützen – denn dann ist ja nicht mehr von freier Entscheidung, sondern von Zwang die Rede. Vielleicht könnte man die Loyalität in sozialen Kontexten etwas abdämpfen. Wäre doch eine gute Lösung, oder?

Wie seht ihr das?

Liebe Grüße
Mounia

Mounia
About me

Ich - 25 Jahre alt, Studentin, Kinderanimateurin, begeisterte Hobbyköchin und abenteuerlustig! Meine absolute Leidenschaft ist das Schreiben und Festhalten von Momenten.

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1 Kommentare

Suse
Antworten 31. August 2022

Oh ja, das kann ich total gut nachvollziehen. Sowohl die blinde Loyalität, als auch die Auswirkung von Gruppenzwang.
In letzter Zeit habe ich ganz oft festgestellt, dass das auch online prima funktioniert. Ich beobachte, wie Menschen Meinungen gebetsmühlenartig nachsprechen, ohne zu hinterfragen,um sich eben einer Gruppe zugehörig zu fühlen.

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