Von Kindern und Klamotten – Die Sache mit der Selbstbestimmung


Wieder eine Glosse von Nina alias Frau Papa hier bei uns! Nina, die sich erstmal durchsetzen musste, um sich weiblich stylen zu können, reflektiert über Kinder und Klamotten, Wünsche und Normen.

Warum ich mir Gedanken mache?

Eigentlich sollte man annehmen, es wäre leicht, über das Thema Kleidung zu schreiben, aber ich grüble seit einigen Tagen über diesen Text. Wenn ich als Transfrau über „die Klamottenfrage“ schreibe, dann höre ich schon die Kritiker sagen: „Na klar, die Transe schreibt wieder übers Gendern!“…. ach was, ich leg einfach mal los.

Im Kleiderschrank der Kinder

Wenn ich meinem mittleren Sohn ein Kleidungsstück gebe, das auch nur ein kleines Fitzelchen pink ist, dann zieht er es nicht an. Er hat eine genaue Vorstellung von dem, was er als schön betrachtet und pink gehört nicht dazu. Eigentlich gehören viele Farben nicht dazu. Schwarz, grau, grün, blau und eventuell noch olivgrün gehören zum anerkannten Farbspektrum. Jede abweichende Farbe bedarf seiner ausdrücklichen Genehmigung.

Er geht jetzt in die zweite Klasse. Vor einem Jahr fing es damit an, dass er keine selbstgenähten Klamotten mehr anziehen wollte. Er war immer ein großer Fan von bunten Stoffen und ausgefallenen Mustern, aber plötzlich wollte er das nicht mehr. Kurz vor dem ersten Schultag begann er genau über seine Kleidung zu bestimmen. Inwieweit mein mittlerer Sohn seine Farbpräferenzen so gewählt hat, weil er in der Schule nicht auffallen will, kann ich nicht sagen. Ich hoffe sehr, dass er seine Lieblingsklamotten trägt, weil sie ihm gefallen und nicht, um anderen zu gefallen.

Auch die anderen Kinder wissen, was sie wollen. Und was nicht.

Sein kleiner Bruder hat keine Lieblingsfarben. Manchmal sucht er sich grelle bunte Stoffe aus und bestellt ganz gezielt Kleidungsstücke, die dann nach seiner Anleitung genäht werden. Er mag zwar auch Spiderman und Minions auf den Shirts, aber oft hat er sehr kreative Ideen und wählt sehr interessante Kombinationen. Im Jugendzimmer unserer Tochter herrscht ein harmonisches Chaos. Über die Möbel und den Boden verteilt sich ein Mix aus Klamotten – in allen erdenklichen Grautönen. Ihre pinke Phase ist inzwischen sicher sechs Jahre her und ganz ehrlich: Wir sind alle ein wenig froh darüber.

Und wenn ein Junge ein Kleid möchte?

Meine Kinder sind sehr unterschiedlich und das ist gut so. Keiner meiner Söhne wollte bisher ein Kleid. Die Frage, was ich sagen würde, wird mir allerdings regelmäßig gestellt. Die Antwort fällt mir nicht schwer: Natürlich fände ich das komplett okay. Die eigenen Kinder so anzunehmen, wie sie sind, ist für mich selbstverständlich. Genauso wie mir klar ist, dass so ein Wunsch oft weiter reicht. Die Auswirkungen reichen dann über die Sicherheit der eigenen Familie hinaus.

Die Wahrnehmung in der Außenwelt

Die Lehrer meiner Kinder begegnen mir mit großer Offenheit. Wahrscheinlich hätten die Lehrer also kein Problem, eine solche Veränderung bei einem Kind anzunehmen. Aber mir ist klar, dass Kinder und Eltern in der Klasse das nicht unbedingt sofort annehmen könnten. Kinder, die aus der üblichen Geschlechterrolle ausbrechen, brauchen auf jeden Fall Unterstützung und Zuspruch.

Warum ist es überhaupt so wichtig, was jemand anderer trägt? 

Eigentlich sollte es uns doch komplett unberührt lassen, wenn unser Gegenüber im Kettenhemd mit Plüschhut im Restaurant auftaucht. Ja, ich weiß, das ist ein wenig überspitzt. Jede Gruppe hat gewisse, oft ungeschrieben Regeln, was als angemessene Kleidung und was als komplett unangebracht betrachtet wird. Seien wir doch ehrlich: Welche Frau zieht sich an, ohne sich wenigstens einmal im Spiegel anzusehen, ob das wirklich zu ihr passt. Männer folgen meist einem gewohnten Muster.

Kleider machen Leute… und oftmals machen wir uns sehr viele Gedanken, was wir anziehen dürfen und können. Es ist doch selbstverständlich, dass auch Kinder sich darüber Gedanken machen. Und ein Teil dieser Kinder will eben Kleider tragen. Was Kleidung angeht, haben Mädchen eindeutig mehr Freiheiten. Mädchen können Hosen, Röcke, Kleider in allen Farben tragen, kaum jemand wird sich darüber den Kopf zerbrechen.

Die eigene Rolle finden

Mein Kleinster steht gerade neben mir und zeigt mir seine Haarspangen. Ich schmunzle, weil er dabei sein Piratenkostüm mit Augenklappe trägt. Ich soll mich auch verkleiden, meint er. Der kleine Pirat will unbedingt, dass ich mitspiele. Unser Kostümfundus ist allerdings auf meine Größe nicht ausgelegt und – schwupp – habe ich einen Feuerwehrhelm auf dem Kopf. „Nina, du bist jetzt ein Feuerwehrmann“ sagt er unbekümmert, und betont die Silbe MANN deutlich.

Es war ihm wichtig, dass ich nicht ich bin – sonst ist es kein Kostüm.

Frau Papa

Und, wie ist das bei euch und euren Kindern mit den Klamotten? Wir freuen uns über Kommentare… 

Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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5 Kommentare

Beatrice
Antworten 24. November 2016

Über das Kleider-Ding habe ich mich kürzlich noch richtig aufgeregt in einem Beitrag (Das Mode-Diktat der Uniformierten) weil ich es so traurig fand, wie mein Sohn (5Jahre) plötzlich seine absolute Lieblingsfarbe rot nicht mehr tragen wollte, weil ein Junge ihm ständig sagt, das sei ein Mädchenfarbe. Außerdem lachen die anderen Jungs über ihn, wenn er eine geringelte Strumpfhose mit Knicker trägt. Dabei sind das ja nicht mal Mädchenspezifische Kleidungsstücke. Ich habe mich geärgert, weil er sich so wand und nicht wusste, was er tun sollte. Zum Glück hat er sich aber besonnen und trägt seine Lieblingssachen weiterhin. Ich hoffe er behält das bei und lässt sich auch später nicht gegen sein eigentliches Bedürfnis beeinflussen.
Wenn ein Junge dann wirklich Kleider tragen möchte, ist das leider ja noch schwieriger als wenn es nur um Farben und Strumpfhosen geht. Da haben es Mädchen eindeutig leichter.

    Nina
    Antworten 25. November 2016

    Guten Morgen,

    Gerade Jungs haben es in Gruppen besonders schwer. Leider ist das nicht so leicht zu verändern. In vielen Familien sind die Rollenbilder noch sehr tief verankert und während sich zwar viele eine technisch begabte Tochter vorstellen können, ist der Sohn als Friseur in vielen Familien keine Wunschvorstellung.

    Ich wünsche dir und deinem tollen Sohn weiter so viel Selbstbewusstsein und Eigenständigkeit.

    Lg, Nina (Frau Papa)

ideas4parents
Antworten 25. November 2016

Sehr schöner Artikel :) Es gibt nichts wichtigeres, als Kinder so anzunehmen, wie sie sind und sie sich selber finden lassen. Es ist immer schön zu sehen, wenn Menschen so offen sind und andere akzeptieren. Denn nur wenn wir alle sein können, wer wir wirklich sind, dann geht es uns auch gut. Und wenn Kinder das von Anfang an lernen, wachsen sie zu selbstbewussten, authentischen Menschen heran. :)
Ganz liebe Grüße
Marina von ideas4parents

Nanany
Antworten 23. Juni 2017

Ich hatte gerade vor ein paar Tagen das mein Sohn (knapp drei) Nagellack wollte ein er gesehen hat wie ich welchen aufgetragen habe. Ich habe ihm erklärt das er dazu zu klein ist. Wobei die Tatsache das er ein Junge ist natürlich auch für mein nein verantwortlich war. Aber ich mag lackierte Nägel bei so kleinen Kindern generell nicht.
Hätte ich ihm seinen einfach erfüllen sollen? Da bin ich nun hin und her gerissen ?

    Yvonne Petzke
    Antworten 23. Juni 2017

    Also, ich hatte bei meinem Großen immer braunen oder grünen Nagellack à la Dinonägel zugelassen.. Der Mini (jetzt auch 3) hat diese Woche pinke Nägel bekommen. Ich denke nicht, dass wir damit irgendeine Richtung weisen.. Und wenn.. Sie wollen uns Maries ja nur nacheifern. Ich finde das halb so schlimm. Dinonägel find' ich total süß :-)
    LG, Yvonne

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