Fünf gute Gründe, um Lehrer oder Lehrerin zu werden! Und fünf Gründe die dagegen sprechen


Sie werden bemitleidet, belächelt und beachtet, aber sicherlich nicht beneidet. Sie werden verbeamtet, verärgert und vergrault, aber sie sind es selbst, die dauernd verbessern. Sie werden geduldet, geliebt und gebraucht, aber nicht immer – gehört.

Lehrer und Lehrerinnen sind es, die den Schulwahnsinn täglich wuppen, ob digital oder in Präsenz, ob Grundschule oder Berufskolleg, Brennpunkt oder Internat. Sie haben immer diesen leicht geneigten Gang und ihre Umhängetaschen dabei, können gut argumentieren und sowieso – sie wissen alles. Besser. Sie werden täglich in etliche Schubladen gesteckt. Von ihren Schülern, Bekannten, Verwandten, denen die einfach nur neidisch auf die ‚Ferientage‘ sind…

Die Lebenswelt von Lehrern ist bunt, laut, stressig, urkomisch, anstrengend und gleichzeitig: Wundervoll. Kommt euch Eltern das bekannt vor? Richtig, auch sie sind umgeben von der jungen Generation.

Ich bin gerade in der Lehramtsausbildung und habe mir darüber Gedanken gemacht, was eigentlich Gründe dafür sind, diesen Job zu wählen. Wenn Leute mich fragen was ich studiere, und ich sie raten lasse, ist in 90% der Fällen Grundschullehramt mit dabei. Meinen knappen 1,60 Metern und den Perlenohrringen sei Dank. Zack. Schublade! Ein Busfahrer sagte mal zu mir, nachdem ich mein Semesterticket vorgezeigt habe: Lehramt? Sie schaffen das, dass sehe ich in ihrem Gesicht!

Mich interessiert: Was soll ich denn eigentlich ‚Schaffen‘? Welches Bild haben wir vom Lehrerjob? Wer kommt auf die Idee, diesen Beruf zu wollen? Und Wieso?

Ich habe fünf Gründe gesammelt, die absolut dafür sprechen, heutzutage Lehrerin oder Lehrer zu werden. Und fünf Gründe, die dagegensprechen.

Egal wie sehr ihr die Schule gehasst oder geliebt habt – durch eure Kids kommt ihr automatisch wieder mit ihr in Berührung. Ich denke es hilft ungemein, die ganze Sache mit einer Prise Humor zu betrachten. Und zu sehen, dass Lehrerinnen und Lehrer auch ganz schön Normalo sind. Und das wünschen ich mir, dass wir gemeinsam weniger Schubladensteckerei betreiben, und den Menschen zuzuhören, die vielleicht den wichtigsten Job der Welt machen.

Ich fange mit den Schlechten an – wenn eins hängen geblieben ist in Deutsch, dann sind es Argumentationslinien.

  1. Unterrichtsvorbereitung = Never. Ending. Story.

Es gibt tausend tolle Ideen! Sie fliegen im Netz rum und sollen eigentlich Inspiration für einen super gelingenden Unterricht sein – sind aber der totale Stressfaktor. Wie um Himmels Willen sollen Integralfunktionen lebendig werden? Wie werde ich allen gerecht? Bunte Karten für die Diskussion, kleine Bildchen, die alles anschaulicher machen, inklusiv, integrativ, zeitgemäß, sinngemäß… die Latte hängt hoch.

  1. Spaßbremsen und Lästermäuler

Gibt’s überall. Klar. Aber in der Schule nerven sie eben auch. Das können Kollegen sein. Sobald man mit einer neuen Idee um die Ecke kommt, heißt es: Ach vergiss es, mit der 7e kannst du sowas nicht machen. Die sich gerne an Schubladen wie Zicke, Großmaul und Chaot bedienen und dann auch dabei bleiben. Nervig sind aber auch Spaßbremsen im Klassenzimmer: ‚Ich hab auf nix Bock, ist mir egal, Schule ist sowieso Scheiße. Bitte nicht schon wieder Gruppenarbeit, ich will schlafen.‘ Das kennt ihr wahrscheinlich vom Hausaufgaben machen. Wenn ich vor etwas wirklich Respekt habe, ist es: Die große Gleichgültigkeit.

  1. Das Curriculum-Korsett

Als Eltern wisst ihr, dass eure Kids am Besten nebenbei lernen: Was ist eigentlich in einer Shampooflasche drin? Wieso sieht die Zimmerpflanze so knusprig aus? In der Schule heißt es oft: ‚Wieso können wir nicht was Spannenderes machen?‘ Vorgaben und Vorschriften sind manchmal echte Motivationskiller. Natürlich ist es einfach, nach Themen zu strukturieren. Aber das heißt eben auch: Der Inhalt steht, gucken wir mal wieso das relevant ist (manchmal echt an den Haaren herbeigezogen). Und nicht: Was liegt gerade obenauf? Was entdeckt meine Klasse gerade? Wofür lassen sie sich begeistern? Da wird die Luft manchmal ganz schön knapp.

  1. Es ist wie Dirigieren…

… zumindest wenn der Lehrer weiter Lehrer und nicht Lernbegleiter ist. Als Dirigent muss man alles im Blick haben! Passt der Rhythmus? Sind die Geigen laut genug? Wer spielt schief? Wann kommt die Pause? Den Einzelnen sehen. Und gleichzeitig für einen harmonischen Klang mit allen erzeugen… Beim Elternabend ist dann Showtime. Gute Nacht.

  1. Der Computerraum ist besetzt

Ganz ehrlich? In vielen Schulen scheitert es an Räumlichkeiten und technischer Ausstattung, um überhaupt eine Basis zu haben, individuell zu fördern. Oder an Personal. Das Lernbüro, was eigentlich Lernen im eigenen Tempo ermöglichen soll, wird zum Großraumbüro, in dem sich einfacher keiner konzentrieren kann (Du atmest in meinen Nacken!). Für den tollen, digitalen Unterrichtseinstieg ist der Fernseher kaputt. Und Richard, der sich im Schrank versteckt hat kommt nicht wieder raus, weil der noch aus einem anderen Jahrhundert stammt und klemmt.

Gut. Ich lass das mal so stehen. Hier sind 5 Gründe, die absolut cool sind am Lehrerdasein!

  1. Schräge Vögel sind ganz normal!

Als Schüler ist man es ziemlich gewohnt, dass der ein oder andere Lehrer doch so ziemlich einen an der Waffel hat. Kennt ihr sicherlich von früher, oder? Den Schülern macht das meist nichts, denn lieber schräg als langweilig! Als Lehrer oder Lehrerin kann man es meist eh nicht recht machen – entweder man ist zu streng oder zu locker, zu spießig oder zu lässig, übermotiviert oder passiv. Also braucht man es auch gar nicht erst versuchen. Die mit den schlechten Wortwitzen ist immer noch ein besseres Alleinstellungsmerkmal als gar keins!

  1. Kreativität und Schabernack

Lehrer sein ist einer der kreativsten Berufe überhaupt! Arbeitsblätter designen, Tafelbilder konstruieren, abgedrehte physikalische Vorgänge mit Händen, Füßen, Farben, Formen beschreiben… Parabeln, Metaphern und Eselsbrücken sind straight out of Königsklasse. Da kann man sich austoben – wenn man Bock (und Zeit!) hat! Und sammelt gleichzeitig ein paar Bonuspunkte bei euch Eltern! Außerdem: Kein Ort ist idealer für Aprilscherze geschaffen als die Schule. Gibt es etwas schöneres als 30 Menschen auf einen Schlag reinzulegen?

  1. Impact

Das ist wohl der Grund, der viele motivierte Menschen dazu bewegt, Lehrer oder Lehrerin zu werden. Und es stimmt! Die Chance zu haben, so viele junge Menschen in ihrem Leben zu begleiten, ist etwas Besonderes. Sie zu ermutigen, zu fördern, das Beste in ihnen raus zu kitzeln. Das Potenzial in ihnen zu entdecken, dass sie vielleicht selbst noch gar nicht sehen. Als vertraute Person ansprechbar zu sein, wenn es Zuhause auch mal Stress gibt. Und ihnen in dieser aufregenden Phase, wo sie nach Anerkennung nur so lechzen zu zeigen, dass sie mehr sind als ihre Leistung.

  1. Abwechslung

Wenn man sich darauf einlässt, dann bleibt man ziemlich vital im Job. Auch wenn man Schule nicht direkt mit ‚so flexibel‘ oder ‚total innovativ‘ assoziieren würde, halten einen doch die Schüler fit. Ihr kennt das: Dem Zweijährigen nachjagen, bevor er die Ohrringe ins Klo wirft, über Legosteine im Kinderzimmer balancieren, zu jeder Tages- und Nachtzeit die großen Fragen der Welt erklären… Jedes Kind ist anders! Jede Lerngruppe ist anders. Mal ne Stunde Sport in der 8., dann Vertretungsstunde in der 5., Bio mit dem Leistungskurs. Lehrer lehren eben nicht nur, sondern sind auch… Streitschlichter. Elternversteher. Oberstufenkoordinator. AG-Leiter. Konzeptentwickler. Dozenten. Schulgartenbetreuer. Und Kollegen.

  1. Vielfalt im Lehrezimmer

Es gibt wohl kaum eine so heterogene Berufsgruppe! Von Hippies, die dem Anschein nach in ihrem Kunstraum wohnen (der auch mal nach Gras riecht). Über sensibel-dramatische Französischlehrerinnen, denen alle Gesichtszüge entgleiten, wenn man das stumme H aus Versehen doch ausspricht. Und pragmatische Biolehrer, die auch in ihrer Freizeit gerne Schweinelungen sezieren. Bis hin zu gutmütigen Grundschullehrerinnen, die fröhlich ihre Smileys unter krakelige Aufsätze setzten, bei denen sich jeder Normalsterbliche fragen würde, ob das wirklich noch als Deutsch durchgeht. Die Schubladen sind perfekt!

Was denkt ihr?
Was sind die Sunnysides des Lehrerdaseins? Und was sind die Downsides?
Was empfiehlt ihr mir?

Und ihr Lehrer und Lehrerinnen, lasst uns wissen was euch zu diesem Weg bewogen hat!

Eure Larissa.

Larissa
About me

Studentin, Mentorin, Potenzialentfalterin. Lebt leicht. Liebt alles was mit Entwicklung zu tun hat: Schule, Menschen, Städte... und Blumen! Familienmensch. Hat große Träume für die Bildungslandschaft. Und ein überdurchschnittlich hohes Bedürfnis nach Schnörkeln.

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3 Kommentare

Helena Knoblauch
Antworten 7. März 2022

Vielen Dank für den tollen Beitrag!
Ich stehe selbst kurz vor dem Referendariat und wenn ich mit anderen über meinen Berufswunsch rede kommt meist nur ein "Oje..." "Und das willst du dir wirklich antun...?". Da tut es wirklich gut, wieder daran erinnert zu werden, welche tollen Seiten der Job mit sich bring!! Danke :)

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