Warum kommt beim Gender-Thema dieser genervte Frust auf?


„Müssen wir immer noch darüber reden?“ Ja, müssen wir. Nicht nur am Internationalen Frauentag. Es gibt nämlich eine Sache, die ich unabhängig von der individuellen Meinung der Menschen einfach nicht verstehe:

Warum kommt beim Gender-Thema immer gleich dieser genervte Frust auf?

Als Béa mich frage, ob ich Lust hätte, noch ein paar Worte zum Gender-Thema zu schreiben, wollte ich instinktiv ablehnen.
Nein, wollte ich sagen.
Nicht schon wieder.
Nicht, weil das Thema mir nicht am Herzen liegt, sondern, weil ich allmählich müde bin, darüber zu diskutieren. Die Welt ändert sich, genau wie die Sprache es tut. Die Umgewöhnung erfordert Zeit, aber sie ist es wert, denn auf diese Weise beeinflussen wir das ganze Leben.

Und nun finde ich mich trotzdem hier, und schreibe darüber. Weil ich die Debatte ums Gendern so wichtig finde, sodass ich es in Kauf nehme, dass es wieder ein paar Stimmen geben wird, die lautstark protestieren werden.

Aber zunächst einmal das Positive:

Die Welt (die sprachlich gendern kann) gendert!

Endlich! Nahezu alle größeren Nachrichtensender gendern inzwischen, was ich richtig toll finde! Auch sonst begegnet es mir im Alltag immer wieder, dass ganz selbstverständlich gegendert wird. Was mir auch richtige Schmetterlinge im Bauch bereitet hat, waren die Kommentare der Community selbst. Béa hat neulich den Post Gendern bei Kindern? auf Facebook geteilt und viele der Kommentare waren sehr zustimmend und respektvoll. Ich konnte mit dem Scrollen gar nicht mehr aufhören und war begeistert über eure positiven Meinungen übers Gendern!

Und doch gab es leider aber auch ein paar Kommentare, von denen sich mir der Magen umdreht. Kommentare, in denen Menschengruppen als „normal“ und „nicht normal“ eingestuft werden. Kommentare, in der es nur „Mann“ und „Frau“ gibt und nicht weiter sonst. Ich möchte diese Meinungen gar nicht hier wiedergeben, weil sie einfach nur daneben sind – schaut selbst nach, wenn ihr möchtet.

Aber genau deshalb frage ich mich Folgendes:

Warum kommt beim Gender-Thema dieser genervte Frust auf?

Ich frage mich, was der Ursprung dieses Frusts ist. Zu behaupten es wäre Ignoranz oderEgoismus wäre vermutlich zu einfach gedacht und definitiv nicht auf jeden zutreffend.
Was also ist es, was die Leute bei diesem Thema in den Wahnsinn treibt?
Warum lehnen sie sich derart auf, auf keinen Fall zu gendern?

Ändern sich die Regeln der Welt für manche vielleicht zu schnell?

Die Welt befindet sich in einer Zeit des Umbruchs. Noch nie haben wir so offen über Rassismus, Diskriminierung, Homosexualität und andere Themen gesprochen, die Jahrhunderte lang tabuisiert wurden. Heute klären wir darüber auf und machen unsere Mitmenschen darauf aufmerksam, wenn sie einen vermeintlichen Witz raushauen, der eigentlich nicht politisch korrekt ist oder in veralteten Mustern denkt.

Vielleicht ist es für manche zu viel auf einmal, nach dem Motto:
„Man darf ja gar nichts mehr sagen.“

Auch ich muss manchmal tief durchatmen und mir genauestens überlegen, wie ich etwas formuliere, um keine verletzende Sprache zu verwenden. Das ist anstrengend, ja, aber zum Glück nur am Anfang. In diesem Fall kann ich nur sagen, dass alles eine Frage der Gewöhnung ist. Das Gehirn ist lernfähig und definitiv in der Lage, politisch korrekte Sprache an die moderne Zeit anzupassen.

Geht es vielen einfach „zu weit“?

In den Kommentaren habe ich des Öfteren gelesen, dass das Gendern einigen „zu weit“ gehe, dass sie das Klamüsern und Analysieren einfach nur leid sind.
Aber dann frage ich mich: Hat deren Toleranz etwa ein Limit? Erlauben sie sich nur begrenzte Gleichheit für alle Menschen, da die komplette „zu weit“ ginge? Auf diese Frage habe ich keine Antwort – oder vielleicht sogar doch…
Aber ich will sie mir nicht eingestehen, denn ein „Ja“ wäre ziemlich traurig.

Mehr zu diesem Thema kann ich nicht mehr sagen.
Warum ich gendergerechte Sprache sehr wichtig finde, könnt ihr in meinen früheren Beiträgen nachlesen.
Ihr kennt meine Meinung – ich finde das Gendern unheimlich wichtig.

Zum Abschluss noch einen Kommentar, den ich noch noch gern reinbringen würde:

Susa Nne
Sprache diskriminiert. Als privilegierte Person sollte man darauf sensibel reagieren und anderen Menschen Leid ersparen. Gibt viele Bücher zu dem Thema, die helfen die eigene Betrachtungsweise zu reflektieren… ich finde es manchmal auch anstrengend alte Muster aufzubrechen und neu zu lernen, aber es lohnt sich. 🙂 

Eines noch: Vielleicht könnt ihr euch zehn Minuten Zeit nehmen um dieses Video anzuschauen. Es beginnt mit einem interessanten Rätsel, dass sie Macht der Sprache ziemlich genau widerspiegelt und auch darauf hinweist, wie wichtig es ist, schon im Kindesalter zu gendern.

Liebe Grüße
Mounia

Mounia
About me

Ich - 25 Jahre alt, Studentin, Kinderanimateurin, begeisterte Hobbyköchin und abenteuerlustig! Meine absolute Leidenschaft ist das Schreiben und Festhalten von Momenten.

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4 Kommentare

Marion
Antworten 9. März 2021

Ich finde das teilweise übertriebene auch völlig daneben. Geldern setzt ja voraus, dass es Unterschiede gibt. Kann man nicht einfach einen Begriff für alle Menschen einführen, völlig unabhängig von ihrem Geschlecht?

    Marion
    Antworten 9. März 2021

    Autokorrektur 🙈 gendern nicht Geldern

    mindfulsun
    Antworten 9. März 2021

    Vielen Dank für dein Feedback Marion, du möchtest gerne eine Sprache unabhängig vom Geschlecht, die allen Menschen gerecht wird?
    Sprache entwickelt sich kontinuierlich weiter, das ist ein Prozess. Sprache und Kultur sind miteinander verknüpft, wie sich
    die Gesellschaft entwickelt, entwickelt sich auch Sprache. Das beeinflusst sich gegenseitig.
    Wir sprechen ja heute ganz anders, als noch vor 100 Jahren.
    Möglicherweise ist gendern ein Teil dieser Entwicklung? VG, mindfulsun (die den Artikel nicht verfasst hat.)

      Marion
      Antworten 9. März 2021

      Ich verstehe das durchaus als Prozess. Die Sprache, aber auch die Gesellschaft an sich, steht ja nie still. Aber ich sehe eher das Problem der Spaltung, wenn immer wieder betont wird, dass es mindestens 2 Untergruppen gibt. Ich koche ja auch nicht 3 Gerichte, wenn ich Freunde zum Essen einlade, sondern eins, das allen gerecht wird. Und warum kann man dazu nicht einfach Worte verwenden, die schon existieren? Also nicht an den Worten, sondern am Verständnis dieser weiterentwickeln.

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