Irgendwie sucht der Verstand immer einen Schuldigen – raus aus der Aggressionsfalle!


Unsere mindfulsun hat sich Gedanken gemacht, wie Dinge auf der Suche nach einem Schuldigen eskalieren und was wir daraus für unsere Kinder lernen. Sie schreibt:

In dieser Woche habe ich Folgendes gelesen:

Ein Kind rempelt ein anderes an, unabsichtlich und entschuldigt sich.
Das zweite Kind packt daraufhin das erste und schlägt zu!

Von meiner initialen Reaktion und den folgenden Gedanken handelt mein Artikel.

Ich habe auch zwei Kinder und natürlich war die erste Reaktion Entsetzen.
Niemand möchte, dass ein Kind verletzt wird.

Die zweite Reaktion war: Ungerechtigkeit!

Jemand tut einem anderen Menschen unabsichtlich weh und dieser schlägt absichtlich zurück, trotz Entschuldigung.
Mit diesem Gedanken habe ich mich eine Weile länger beschäftigt. Ich habe über unabsichtliche und absichtliche Verletzungen nachgedacht und über die Reaktionen darauf.

„Das hast du mit Absicht gemacht!“
„Nein, habe ich nicht.“

Wie oft kommt es vor, dass wir jemandem Absicht unterstellen? Wie oft verwechseln wir die Konsequenzen einer Verletzung („Es tut mir weh!“) mit der Intention, die dahinter steckt? „Es tut mir weh, also war es absichtlich.“ Diese Schlussfolgerung ziehen viele im ersten Moment. Wut ist oft das Resultat und die Emotion, die hochkommt. Womöglich ist auch die Schlussfolgerung ein Resultat der Wut.

Beispiel gefällig?
Wenn ich mir den Kopf am offenen Küchenschrank gestoßen habe, habe ich auch früher schon mal die Tür zugeknallt. Zumindest ist mir ein „Scheiß Tür“ raus gerutscht oder ich habe kurz das Gefühl gehabt, ich bin wütend. Auf eine Tür! Selbst gegen Objekte richtet sich manchmal die Wut. Auch wenn das eigentlich völlig unlogisch ist.

Zweites Beispiel und das kennen sicher viele Eltern. Die Reaktionen mögen unterschiedlich sein.
Ich latsche im Zimmer meines Kindes auf einen Legostein, barfuß. Viele LeserInnen werden jetzt wahrscheinlich schmerzhaft das Gesicht verziehen. Wir waren wohl alle an dem Punkt. Es tut höllisch weh! @$*gr&§SCH°$$ rutscht dann gerne raus. Wahlweise ist man wütend auf den Legostein, oder sogar auf das Kind, was den Stein da liegen gelassen hat. Ich habe sogar mit meinem Kind geschimpft: „Ich habe dir doch gesagt, du sollst das Lego wegräumen!“

Irgendwie sucht der Verstand immer einen Schuldigen.

Absicht? Nein! In beiden Fällen nicht.

Mein Punkt ist: Wir leben es den Kindern vor, jeden Tag.
Sei es im Auto, wenn wir auf andere Autofahrer schimpfen. Alle fahren schlecht, nur wir nicht.
Sei es, wenn jemand vor uns abrupt stehen bleibt, wir auf ihn laufen. Der andere ist schuld!
Der Kollege verpatzt etwas, wir müssen es ausbügeln. Kann er es nicht richtig machen?

Wir sehen uns und nicht die anderen Menschen.
Es passiert auch im Alltag, im Umgang mit den Kindern.

Grundsätzlich denke ich, eine andere Perspektive einnehmen, die des anderen Menschen, ist wichtig.
Kinder folgen unseren Regeln. Sie folgen unserem Beispiel.
Sich nichts gefallen lassen, scheint ein Ratschlag zu sein, den viele Eltern ihren Kindern mitgeben. Dabei wird wohl kaum zwischen absichtlicher und absichtlicher Verletzung unterschieden. Wie sollen es die Kinder lernen? Und wieso muss es überhaupt soweit kommen? Wäre es nicht viel besser, wenn es kein „sich gefallen lassen“ gäbe?

Hier kommt der dritte Teil meiner Gedankengänge und meine Erfahrung zu diesem Thema: Achtsamkeit!

Von innen heraus Mitgefühl, Geduld, Nachsicht entwickeln. Auf die Fehler und Verletzungen zu schauen, ohne zu verurteilen. Durchatmen, um nicht harsch zu reagieren. Tut man es trotzdem im ersten Moment, sich entschuldigen!
Auge um Auge, Zahn um Zahn. „Wehr dich, wenn dir jemand weh tut!“ Das ist eine Spirale ohne Ende!

Achtsamkeit bewirkt eine größere innere Ruhe, die Fähigkeit Situationen mit Abstand zu betrachten, bewusstere Entscheidungen zu treffen und mehr emotionale Stabilität.Blinde Wut und die Reaktion des Jungen, das Mädchen zu schlagen, weil sie ihn unabsichtlich angerempelt hat, könnten dadurch verhindert werden. Und Achtsamkeit stärkt den Fokus auf das Verzeihen, andere Menschen als Ganzes zu betrachten und nicht nur den Fehler sehen, die Verletzung, die in diesem Moment passiert ist. Dazu gehört dann auch, zwischen unabsichtlichen und absichtlichen Verletzungen unterscheiden zu können und dementsprechend zu reagieren.

Wir Eltern können das vorleben.

Seit ich täglich 3 x meditiere, hat sich meine Perspektive sehr verändert und auch der Umgang mit mir selbst, meinen Kindern und meinem gesamten Umfeld. Das wirkt sich auch auf die Kinder aus. Ich kann meinem Kind nicht beibringen achtsam zu sein, wenn ich es selbst nicht bin.
Achtsamkeit im Alltag vorleben und mit den Kindern umsetzen.
Und üben!
Es gibt einfache Übungen für Kinder und auch Apps dazu (wollt ihr konkrete Tipps? Bitte kommentieren).
Yoga und Meditation, gewaltfreie Kommunikation zu Hause und vor allem wünsche ich mir, dass es endlich einen Weg in die Schulen findet!

Zum Beispiel zurück mit dem Mädchen, dem Jungen.

Ich hoffe, dem Mädchen geht es gut! Ich hoffe sehr, der Junge hat sich bei dem Mädchen entschuldigt und kann reflektieren, dass seine Reaktion nicht richtig war. (Zum Thema Entschuldigungen und warum sie so extrem wichtig sind, wird Béa demnächst schreiben. Das führe ich hier nicht weiter aus.) Ich hoffe er kann sehen, er hat dem Mädchen wehgetan und wird sein Verhalten entsprechend ändern. Ich hoffe, die Kinder hatten eine Möglichkeit sich auszusprechen. Und ich hoffe, was auch immer den Jungen zu diesem Verhalten geführt hat, dass an diese Ursache gegangen wird. Wer weiß schon, was hinter dieser heftigen Reaktion steckt?

Anregen will ich, dass auch wir alle mal in uns schauen und achtsamer werden. Für ein besseres Miteinander und für uns selbst.
Es nicht als Einzelfall zu betrachten und das gesamte Bild sehen. Das Verhalten des Jungen, seine Reaktion hat Ursachen. Es ist ein Kreislauf und der bezieht unsere Kinder mit ein.

Friedliche Grüße,

Eure mindfulsun

PS: Körperliche und seelische Gewalt sind immer falsch! Niemand hat das Recht einen anderen Menschen vorsätzlich grausam zu behandeln!
Dieser Artikel ist Gedankenfutter für ein besseres Miteinander.

Titelbild: Photo by Guilherme Stecanella on Unsplash

Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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3 Kommentare

Jana
Antworten 18. Juni 2018

Ein toller Artikel, vielen Dank dafür. Und ich bin sehr an den Übungen interessiert.
Herzliche Grüße, Jana

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