„Mädchen“ oder „Schwul“ als Beschimpfung für Jungs und Männer bitte unterlassen!
Leute, das müssen wir als Gesellschaft gerade rücken in unserem Sprachgebrauch: „Mädchen“ oder „Schwul“ als Beschimpfung für Jungs und Männer geht gar nicht.
Anlass für diesen Blogpost zum Thema „Mädchen“ oder „Schwul“ als Beschimpfung ist ein Tweet:
Samstagnachmittag am Baggersee: Vater möchte seinen etwa 5-jährigen Sohn ins Wasser werfen. Der wehrt sich, ruft: „Nein!“ Mutter antwortet vom Ufer: „Mädchen! Mädchen! Mädchen!“ Sohn schaut zur Mutter, fängt an zu weinen und lässt sich ohne weiteren Widerstand ins Wasser werfen. pic.twitter.com/Ovmu1wpauG
— Jochen König (@j__koenig) July 21, 2018
Abgesehen davon, dass ich finde, dass Eltern ein so klares „Nein!“ eines Kindes wirklich zu respektieren haben, muss ich einmal eine Lanze dafür brechen, mehr auf unsere Sprache zu achten. Indem Leute, egal ob Männer, Frauen oder Kinder, „Mädchen“ als Schimpfwort nutzen, um jemandem zu sagen, dass ihm Mut fehlt, behaften sie das Mädchensein, also das weibliche Geschlecht, mit Mutlosigkeit und Schwäche.
Gleiches gilt für „schwul“ – wer das vorwurfsvoll sagt, meint, dass homosexuell zu sein eine blöde Eigenschaft ist: verweichlicht, verweiblicht und insgesamt nicht erstrebenswert!
Meine Meinung? Ich glaube, dass sich so etwas in den Köpfen verankert – gerade bei jungen Kindern. Und zwar in die Köpfe beider Geschlechter, oder viel besser gesagt aller Geschlechter und Identitäten, die es gibt: Jungs lernen, weibliche oder homosexuelle Eigenschaften als schlecht abzulehnen. Mädchen lernen, dass ihr Mädchensein als „zweite Klasse“ gilt. Und alle Kinder lernen, dass „schwul sein“ nicht gesellschaftlich erwünscht ist. Geht’s noch?
Aber reflektieren wir das noch eine Runde:
Jemand hat bei Jochen König, dem Twitterer, nachgefragt, ob jemand etwas gesagt habe. Die Antwort war:
Leider nein. Ich auch nicht. So aufgeschrieben klingt es auch brutal und schrecklich, aber ich befürchte, das hat leider noch immer eine gewisse „Normalität“, so dass es den meisten gar nicht auffällt.
— Jochen König (@j__koenig) July 22, 2018
Mir hat ein Freund erzählt, dass er einmal eine Gruppe von Jugendlichen auf das Thema „schwul“ in der Bahn angesprochen hätte, als sie das Wort verwendeten mit eindeutig negativer Bedeutung. Er hat die Kids darauf angesprochen und es ergab sich auch ein einigermaßen vernünftiges Gespräch draus.
Einer aus der Gruppe sagte etwas wie: „Ey Mann, mein bester Freund ist schwul und ich hab nix gegen den!“
Ein anderer meinte: „Weißte, ich sag auch ‚Det is Käse!‘ wenn ich meine, das etwas ein Fail ist – aber ich mag voll gern Käse essen!“
Und jemand beteiligte sich an der Diskussion mit „Naja, ‚geil‘ bedeutet auch eigentlich ‚Lust auf Sex‘, aber es hat sich ja mit der Zeit verändert… und wenn ich sage, dass ich deine Business-Tasche geil finde, will ich ganz bestimmt keinen Sex mit der!“
Naja. Mein Freund fragte dann, wie das mit „behindert“ ist.
Die Gruppe kratzte sich am Kopf. Interessanterweise kam hier das größte Unrechtbewußtsein auf. Die Kids meinten, dass Menschen mit Behinderungen es schon am schwersten haben in unserer Gesellschaft: „Weißte, wenn du einfach nicht gehen kannst, oder noch schlimmer, nicht denken kannst, das ist schon hart. Mädchen oder Schwule, das ist ja noch OK, die können es dann doch ab…“
Mein Freund musste aussteigen, deswegen ging das Gespräch nicht weiter.
Für mich sind solche „Beschimpfungen“ nach wie vor nicht OK, und ich nehme sie nicht in den Mund und möchte sie nicht hören. Aber es würde mich schon interessieren, wie eure etwas älteren Kinder drüber nachdenken…
Hier auch noch Gedanken von unserer Stef, die mit ihrem 14jährigen Sohn darüber sprach:
Wie ist das bei euren Kindern mit dem Gebrauch von „Mädchen“, „schwul“ oder „behindert“ als Beschimpfung?
Liebe Grüße,
Béa
Titelbild: Photo by Enis Yavuz on Unsplash
- 26. Jul 2018
- 6 Kommentare
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- Beleidigung, Beschimpfen, Gewalt in der Kommunikation, Schimpfen, Sprache
Iris
29. Juli 2018Ich verstehe "verweiblicht" nicht...als Adjektiv neben "verweichlicht" und "nicht erstrebenswert" klingt es ganz genauso wie ein abschätziges "Mädchen", oder fasse ich hier was falsch auf?
Béa Beste
29. Juli 2018Ja, genau das was mich ärgert: "Wer das vorwurfsvoll sagt, meint..." - genau dagegen gehe ich vor und finde das inakzeptabel. Liebe Grüße, Béa
SilkeAusL
30. Juli 2018Mir ist so in den Sinn gekommen: wenn "Mädchen" als Schimpfwort genommen wird, könnte man kontern:" Echt, findest Du? Super, es gibt so viele Frauen umd Mädchen, die stark sind, es aber nicht so "raushöngen" lassen wie ein Mann. Ausserdem meinen "Mädchen", was sie sagen: NEIN!"