Nein wir brauchen nicht noch ein Schulfach!


Habt ihr das auch schon mal gehört, gelesen, oder gar selbst gesagt:

Wir brauchen (auch) ein neues Schulfach Glück!

Entrepreneuship sollte ein neues Schulfach sein!

Achtsamkeitsmeditation als Unterrichtsfach…

…wie in diesem Video:

Oder Empathie, wie in Dänemark, da haben wir auch darüber berichtet.

Oder Umgang mit Geld, Gebärdensprache, Haushalt und Kochen, Umweltschutz oder positive Psychologie… und so vieles mehr.

Den Gedanken darin finde ich wunderbar!!!

Es geht darum, das echte Leben ins Schulprogramm aufzunehmen und wichtige Fähigkeiten dafür zu entwickeln. Dem Lernen Sinn zu geben, eine Richtung, die gebraucht wird.

Nur eine Bitte habe ich dabei:

Wenn wir das schon wollen, dann lasst uns von der alten Denke der Schulfächer gleich verabschieden! Oder?

Lasst mich bitte etwas ausführen:

Warum muss Schule noch mit Stundenplan und „Jetzt machnwamal Mathe“ und „jetzt hamwa‘ Kunst“ in 45 Minuten-Takt funktionieren? Wer von euch arbeitet eigentlich so… und ist NICHT Lehrkraft an einer Schule? Na? Wollen wir nicht lieber in integrierten Projekten arbeiten, bei denen es um Themen geht, die die Kids interessieren?

Gibt’s schon, in Finnland, wo sonst! … werdet ihr wahrscheinlich rufen.
Denn seit ca. 2015 berichten verschiedene Medien weltweit immer wieder, dass an Finnlands Schulen die Schulfächer abgeschafft werden. Das stimmt so nicht ganz.

„Daher führt Finnland in der Tat ein neues multidisziplinäres Curriculum ein, das auf die Überbrückung von Grenzen zwischen traditionell definierten ‚Schulfächern‘ ausgerichtet ist, aber Finnland schafft nicht generell die Schulfächern an sich ab, zumindest nicht in naher Zukunft.“ zitiert der deutsche Bildungsserver die Autorin Maya Kaul in einem „Entmystifizierungs“-Blogpost.

Ich bin auch als Schulgründerin der Meinung, dass es eine Überforderung wäre, hoppladipopp zu sagen: „Leute, die Schulfächer sind weg!“. Ich plädiere hier lediglich für eine Annäherung an das Thema. Und auf jeden Fall weg von der Denke, ein propevolles Stundenplan bei den Kids und ein Stoffplan bei den Lehrkräften mit noch mehr Fächern, die gelehrt, getestet und beurteilt werden müssen.

Ich plädiere für eine Projektarbeit, die auf das sinnvolle Zusammenführen mehrerer Wissensbereiche (aka Fächer!) setzt – entlang der Interessen der Kinder:

Wenn sie einen Schulgarten anlegen, müssen sie messen, bauen, sich schlaumachen über die Pflanzen und deren Wachstum.

Wenn sie eine Mensa betreiben müssen sie sich über Lebensmittel, Allergien, Prozesse, Geld, Einkaufsorte… und sogar Lebensmittelgesetze.

Wenn sie eine Spendenaktion für einen guten Zweck lancieren müssen sie schreiben, sich Konzepte ausdenken, einen Film drehen, Menschen überzeugen, rechnen… und vieles mehr.

Hier kann es eben auch um mehr Skills gehen! Dann spielt auch alles eine Rolle: von Empathie bis Entrepreneuship, von Coding bis Creativity, von Achtsamkeit bis AI!

Und bei Projektarbeit statt Schulfächer geht es nicht nur um Kinder. Sondern auch um Lehrkräfte und schließlich Eltern.

Es würde auch die Pädagogen zusammenbringen, sie müssten im Team arbeiten, miteinander und den Kids kooperieren… Vielleicht auch nach Experten suchen, die den jungen Lerner:Innen zur Seite stehen. Vielleicht auch Menschen, die interdisziplinär arbeiten?

Plötzlich wäre mal ein Experte in der Schule, der eigentlich Medizin studiert hat und jetzt AI macht. Oder mal ein Tischler, der Altare in Kirchen restauriert und sich in Kunstgeschichte reingearbeitet hat. Eine Theologin, die Flughafenlogistik macht. Oder ein Germanist, der in die Politik gegangen ist. (Alle Beispiele sind reale Menschen aus meinem Freundeskreis)

Gibt’s das vielleicht in Ansätzen schon? Bestimmt!  Wollt ihr davon berichten?

Ich würde mich tierisch freuen, wenn ihr Beispiele aus dem echten Schulleben erzählt… Ich werde selbst noch eine Runde recherchieren und konkrete Beispiele bringen. Oder aus der eigenen Erfahrung berichten – wie zum Beispiel das Learnlife in Barcelona, an dem ich auch ein klein wenig beteiligt bin.

Und das hoffentlich bald nach Hamburg kommt.

Liebe Grüße,

Béa

 

Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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4 Kommentare

Nicole
Antworten 24. April 2023

Hallo Bea,
Unsere Tochter besucht eine Waldorfschule und ansatzweise funktioniert das dort ganz gut. Es gibt im Hauptunterricht Epochen (z.B Handwerk, Himmelskunde etc.) und in diesen Epochen wird Rechnen, Lesen und Schreiben eingebunden. Auch die Fremdsprachen werden über Projekte erarbeitet. Es ist viel angewandter und nah an der Entwicklung des Kindes, als ich es damals von der Regelschule kennengelernt habe.

    Béa Beste
    Antworten 25. April 2023

    Danke dir liebe Nicole - genau solche Ansätze sind großartig, ich habe sie auch in den Phorms-Schulen integriert. Und inzwischen ist es bereits durch die OEDC erwiesen, dass die Waldorfschulen gute Bildung leisten! Liebe Grüße, Béa

Katharina Rüd
Antworten 24. April 2023

Liebe Béa,
du sprichst mir aus der Seele. Ich darf seit knapp 2 Jahren als externe Kraft genau solche Projekte umsetzen. Mein Fokus ist die Entwicklung von Selbstkompetenz durch das Erleben und Erfahren von "Dingen" im Rahmen von Projekten und Aktionen. Dabei geht es viel um Kreativität und das Finden von Lösungen. So haben wir beispielsweise einen Schulgarten angelegt, unsere Heimat erkundet und kennengelernt, die Natur erforscht, gekocht und auch unseren eigenen Körper und seine Mechanismen besser kennengelernt.
Alles ist nicht als einzelnes Schulfach zu betrachten, aber wir messen, wiegen, untersuchen, experimentieren, bewegen uns regelmäßig und haben Spaß dabei.
Es wäre mir ein großes Anliegen diese Art von Unterricht in mehr Schulen zu bringen, weil ich davon überzeugt bin, dass die meisten SuS davon langfristig sehr viel mehr mitnehmen, als aus dem klassischen Unterricht.
Gerne würde ich deinen Blogpost bei Linkedin teilen, wenn es recht ist.

Danke und liebe Grüße
Katharina

mindfulsun
Antworten 26. April 2023

Liebe Béa, ich möchte hier mal das Licht auf das Thema: "Schulfach fordern" werfen und zwar von der anderen Seite.
Die meisten Menschen sind mit Schulfächern aufgewachsen. Und benennen es nun mal so.Was sich viele Menschen wünschen, wenn sie davon sprechen, dass ihnen wichtig ist, dass die Themen "Empathie, Achtsamkeit, Glück etc." in die Schulen einzieht: Sie wünschen sich, dass es zum Thema gemacht wird und integriert. So, wie du es auch beschreibst. Nur weil sich Menschen, gemäß ihren Erfahrungen und Prägungen so ausdrücken und um ein Schulfach bitten, meinen sie wohl eher das Thema. Und genau das wäre auch ein Thema in der Schule: Wirkliches zuhören, hinter Worte schauen! ;) Am Ende wollen wohl die meisten Menschen das gleiche. Sie drücken es nur unterschiedlich aus. Das fehlt mir hier in deinem Artikel. LG mindfulsun <3

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