Schulpflichtig aber nicht schulfähig und trotzdem eingeschult. Wie mag sich das wohl anfühlen?


Ihr Lieben, ihr habt schon mal soooo grandios geholfen bei der Petition gegen die Früheinschulung in Baden-Württemberg… Lest bitte noch mal diese Geschichte und helft bitte noch mal! Es ist wohl so, dass die Bildungshoheit den Ländern unterliegt und so haben mich auch ganz viele Eltern in Rheinland-Pfalz um die Unterstützung der Community gebeten.

Wer sagt; Super, her damit, bin schon überzeugt… Bitteschön:

https://www.openpetition.de/petition/online/stoppt-die-frueheinschulung-in-rheinland-pfalz-aenderung-des-stichtages-auf-den-30-06

Für alle, die mehr Hintergrund brauchen, hat sich Leserin Nadine hier die Mühe gemacht, das besser zu erklären:

Schule… Das ist so ein großes Wort, jeder hat etwas zu dem Thema zu sagen. Die Schulzeit, sie hat uns alle geprägt. Jeder verbindet damit etwas, sie nimmt einen wichtigen Teil in unserem Leben ein.

Ein Teil der Eltern nimmt den vorgegeben Stichtag hier in Rheinland-Pfalz hin. Alle bis zum 31.8. geborenen Kinder müssen in dem Jahr, in dem sie 6 Jahre alt werden eingeschult werden. Da die Schule im Juli/August startet sind somit auch 5 jährige Schulpflichtig.

Inzwischen stellen sich aber auch immer mehr und mehr Menschen die Frage, in welchem Alter sollte das Kind eingeschult werden? Ist das mit 5 oder gerade ganz frisch 6 nicht zu früh?

Was bedeutet es eigentlich schulfähig zu sein? Kann das ein dem Kind völlig fremder Arzt des Gesundheitsamtes bei der Schuleingangsuntersuchung wirklich beurteilen?

Die Entscheidung, ob ein Kind eingeschult wird, trifft nämlich die Schulleitung in Rücksprache mit dem Schularzt. Rückstellungen sind möglich, sollten aber nur aus gesundheitlichen Gründen vorgenommen werden. Weder Eltern noch der Kindergarten haben ein Vetorecht, wenn sie der Meinung sind, das Kind ist nicht reif genug.

Für mich gehören 2 Dinge zur Schulfähigkeit: Die kognitive und die sozial-emotionale Entwicklung.

Kognitive Fähigkeiten kann man bei der Schuleingangsuntersuchung im Vergleich zur sozial-emotionalen Entwicklung relativ leicht „abprüfen“. Doch was ist mit der sozial-emotionalen Entwicklung? Wie sieht es im Kind drin aus? Das können nur die Eltern beurteilen, vielleicht die Erzieher, aber niemals ein dem Kind völlig Fremder, in einer kurzen Begenung. Naja, denken da die ein oder anderen, ich bin auch mit 5 in die Schule, hat mir nicht geschadet… hat es das wirklich nicht? Vielleicht, das kann man als Außenstehender nicht beurteilen. Lassen wir doch den Eltern einfach etwas mehr Entscheidungsspielraum!

Die Petition gegen die Früheinschulung in Rheinland-Pfalz hat zum Ziel,
dass der Stichtag zurück auf den 30.6. gelegt wird.

openpetition.de/!einschulungRLP

So haben die Eltern der bei der Einschulung noch sehr jungen Juli und August Kinder endlich wieder die Entscheidungsfreiheit in welchem Jahr das Kind eingeschult werden soll.

Schulpflichtig aber nicht schulfähig: Ich denke dabei immer an die traurige Geschichte einer Freundin.

Deren Tochter Marie (Name geändert) ist ein Juli-Kind (5 Wochen zu früh geboren) und musste mit noch 5 eingeschult werden. Die Erzieher waren dagegen. Die Eltern waren dagegen, sie war einfach sehr jung, schnell eingeschüchtert, tat sich schwer in großen Gruppen.

Es kam die Schuleingsngsuntersuchung ca. 5 Monate vor Schulbeginn. Zu diesen Zeitpunkt gehörte sie im Kindergarten schon den Schukis an, den zukünftigen Schulkindern. Die Eltern legten ihre Gründe dar, die gegen eine Einschulung in diesem Jahr sprachen. Der Arzt nahm dies zur Kenntnis. Er wollte nicht direkt ablehnen. Bat die Eltern mit Kind 3 Monate später noch einmal zu einem Termin. Inzwischen waren es nur noch 2 Monate bis zum Schulstart. Im Kindergarten gab es für die Schukis kaum ein anderes Thema mehr, sie wurden auf die Schule vorbereitet und freuten sich drauf.

Die erste Frage des Arztes beim Folgetermin: „Na, Marie. Freust du dich denn schon auf die Schule?“
Kind antwortet: „Ja“.

Damit war der Termin beendet. Das Kind wurde für schulfähig erklärt. An der Meinung der Erzieher und der Eltern hatte sich nichts geändert.

Die Eltern mussten Marie gegen ihren Willen einschulen.

Marie ist kognitiv fit, sie ist sehr intelligent. Die ersten 3 bis 4 Wochen verliefen recht gut in der Schule. Doch dann begann Marie sich zu verändern. Sie zog sich zurück, war sehr müde und ohne jegliche Motivation. Jeder Tag drehte sich um die Schule, das vorrechnen vor anderen Kindern, das sprechen vor der Klasse, all das wurde zum Horror für Marie.

Marie litt, sie litt still. Redete nicht mit den Eltern. Sie fing an nachts ins Bett zu machen. Sie hat ihre Eltern sie wieder aus der Schule zu nehmen. Alle Gespräche mit der Schule halfen nicht. Das Schuljahr lief weiter und Marie litt.

Am Ende der 1. Klasse beschlossen die Eltern ihre Tochter die Klasse wiederholen zu lassen. Doch auch das ging nicht so einfach, erst nach mehreren Gesprächen und großem Druck der Eltern gab die Schule nach. Marie durfte die Klasse wiederholen. Es dauerte etwas, aber zum Glück ist sie nun wieder ein fröhliches Kind, geht gern zur Schule, ist viel selbstbewusster.

Mir liegt diese Geschichte immer wie ein Stein im Magen. Hat das wirklich sein müssen?

Es gibt so viele solcher Geschichten. Deswegen setze ich mich dafür ein, dass der Stichtag auf den 30.6. Zurück gesetzt wird. Das ist endlich ein erster Schritt in die richtige Richtung. Endlich Entscheidungsfreiheit für die Eltern der sehr jungen Kinder!

Die Petition gegen die Früheinschulung in Rheinland-Pfalz hat zum Ziel,
dass der Stichtag zurück auf den 30.6. gelegt wird.

Und jetzt die Bitte an euch: Unterschriebt und verbreitet die Petition, ja?
Und wer eigene Erfahrungen dazu hat: Bitte lasst uns das wissen!

Liebe Grüße,

Nadine

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Béa und das Tolla-Team

Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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2 Kommentare

Jen
Antworten 17. November 2019

Hallo zusammen. Mein Sohn ist ein Augustkind und auch er musste dieses Jahr in Rheinland-Pfalz eingeschult werden. Die Schuluntersuchung war letztes Jahr im September, da war er gerade 5. "Kein Problem alles gut. Ein Top fittes Kind für die Schule. Am besten fordern sie ihn Nachmittags noch musikalisch bis er im Sommer in die Schule kommt sonst wird ihm im Kindergarten zu langweilig." Ich habe nichts der gleichen unternommen. Ja er ist fit, kann jetzt lesen und rechnen, geht gerne in die Schule und meistert den Hort super. Aber ich habe hier auch ein Kind mit dem ab 16 Uhr nichts mehr anzufangen ist weil es Hundemüde ist. Was die Lehrerin jeden Tag nach der ersten Stunde fragt wann ist endlich Frühstückspause. Er ist stolz ein Schulkind zu sein und freut sich das er mit seinen Freunden, die alle älter sind, zusammen ist, was er bei einer späteren Einschulung nicht gewesen wäre. Aber wäre es nach mir gegangen hätte ich ihm ein weiteres Kindergartenjahr einfach gegönnt. Ja es wäre sicher etwas langweilig für ihn geworden weil er schon recht weit ist für sein Alter. Aber einfach Kind sein und spielen können ohne den Druck der Schule zu spüren, dass hätte ich ihm gegönnt. Leider in Rheinland-Pfalz nicht möglich schon gar nicht wenn Kindergarten und Schularzt sagen dass das Kind gegen kann. Jetzt läuft alles gut, aber was ist in ein paar Jahren. Ich habe einen älteren Sohn und weiß was die Jahre in der Grundschule noch bringen werden und mir ist klar es wird noch viel auf ihn zukommen. Lasst wieder die Eltern der Sommerkinder entscheiden wann sie in die Schule gehen. Vielleicht hätten wir ihn trozdem geschickt oder er wäre noch ein Jahr in den Kindergarten und hätte vielleicht tatsächlich ein Musikinstrument gelernt. Es wäre aber eine Entscheidung gewesen die dieses Kind betrifft und nicht alle einfach über einen Kamm schert. Ich hoffe die Petition bringt etwas und das Datum wird wieder zurück gelegt.

Tina
Antworten 10. Januar 2020

Hallo zusammen,
mein Sohn wurde letztes Jahr mit 6 Jahren (geb. im Juli; Baden-Württemberg) gegen seinen Willen eingeschult. Er wurde für schulfähig erklärt, obwohl wir als Eltern ihn lieber noch im Kindergarten gelassen hätten. Gegen die "Experten" kam man da leider nicht an, wenn nicht "medizinische" Gründe (Legasthenie o.ä.) vorliegen würden. So wurde es uns gesagt. Mit schlechten Noten darf ihn aufs Gymnasium schicken, aber nicht über seine Schulfähigkeit entscheiden...
Die Schule war/ist immer noch sehr schwierig (normale Stadtteilschule, die sogar "Werbung" für ihre Förderungen macht). Die Lehrer haben ihn in der 1. Klasse abwechselnd für überfordert, dann unterfordert gehalten; ADHS wurde vermutet; IQ durchschnittlich... Auf dem Zeugnis stand dann "frech und erzogen" - und das war noch das freundlichste. Die 2. Klasse geht eigentlich so weiter; er hat mittlerweile Angst vor Mathe (völlige Blockaden, die ihm aber als Bockigkeit/Verweigerung ausgelegt werden), soll noch in eine Deutschförderung und besucht aufgrund des Drucks auf uns Eltern ("Sie müssen da jetzt unbedingt handeln") seitens der Schule eine Therapie (ich war bei 4 verschiedenen Psychologen - alle halten ihn für einen ganz normalen Jungen).
Sein IQ ist überdurchschnittlich (richtiger Test bei einer Psychologin; nicht hochbegabt, aber definitiv nicht Durchschnitt). Er hat mittlerweile seine Freunde gefunden und geht trotz allem gerne zur Schule... Wie das Ganze enden wird? Wissen wir auch nicht... Ich werde versuchen, seinen ganzen Stress mittels Entspannungstechniken in den Griff zu bekommen, damit er sich selbst regulieren kann...
Unsere Sorge als Eltern ist, dass ein Schulwechsel nicht hilft.

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