„Mama wir wollen einen Hund“! – Nein! Jein! Ja!


Von Angst vor Hunden und Katzen zum Adoptionswunsch: An dieser (übrigens total lustig geschriebenen) Erfahrung lässt euch unsere Kolumnistin mindfulsun teilhaben… Sehr liebevoll und lesenswert!

Wir überlegen jetzt, einen Hund zu adoptieren. Warum das ein großer Schritt für mich ist, darüber möchte ich heute schreiben. Meine Reise vom Strikten: Nein, kein Hund! Zum: Ja! Und warum ich jetzt eigentlich gerne sogar einen Hund und eine Katze hätte…

Ich hatte immer schon Angst vor Hunden und Katzen.

Die Gründe dafür möchte ich nicht preisgeben. Fakt ist: Kam mir ein Hund auf der Straße entgegen, habe ich die Straßenseite gewechselt. Stand ein Hund im Fahrstuhl, stieg ich nicht ein. Zu Besuch bei Menschen mit Hund oder Katze? Unmöglich bis… endete in Panikattacken.

Lieber mit 100 Spinnen in einem Zimmer, als mit Hund oder Katze!
Das hat sich nun grundlegend geändert.

Die Freundin meines Sohnes brachte ihren Golden Retriever öfter mit zu uns. Sie versuchte mir langsam meine Angst zu nehmen. Die Angst wurde etwas minimiert, war dennoch vorhanden.

Und dann kam meine erste Reise nach Wales, in ein Zuhause mit Hund und Kater.

Meine Gastgeberin war (und ist) eine wunderbare, warmherzige Frau und ihre Tiere sind es ebenso. Bei meiner Anreise war sie nicht zu Hause und ich wusste, ich würde alleine mit Hund und Kater sein. Die Reise war extrem belastend für mich. Wer eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) hat weiß, wovon ich schreibe. Ich habe mich trotzdem überwunden, die Tür zum Haus zu öffnen und war überrascht! Der kleine Hund drehte fröhlich eine Runde um sich selbst, wedelte mit Schwanz…

… und dampfte wieder ab in sein Körbchen.

Der Kater folgte mir in mein Zimmer und saß neugierig daneben, als ich den Koffer auspackte. So weit, so gut!

In den nächsten Tagen schlossen wir nun Freundschaft und ich war selbst erstaunt, wie einfach mir das fiel.

Meine Gastgeberin wusste um meine Ängste und nahm sehr viel Rücksicht. Und nach einigen Tagen war es mir nicht mehr fremd: Setzte ich mich auf das Sofa, plumpste der kleine Hund auf meinen Schoß. Legte ich mich auf das Bett zum Lesen, forderte der Kater seine Streicheleinheiten. Pfote aufs Buch und zack war es zu! Jeglicher Versuch weiterzulesen, endete ebenso.

Legte ich das Buch trotzdem nicht weg oder nahm mein Handy in die Hand, setzte sich der Kater einfach drauf.

Ein Trick, den ich sehr interessant und amüsant fand! So verging eine wundervolle Woche und ich genoss das Schnurren des Katers, wenn er neben mir lag und wir aus dem Fenster schauten. Der Hund lag dabei am Fußende von meinem Bett. Wenn ich durch die PTBS unruhig wurde, spürten das die Tiere und kuschelten sich an mich. Wenn ich weinte, kam eine kleine Pfote und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. Ich wusste vorher nicht mal, dass Katzen so sein könnten.

Und es gab wirklich auch Anlässe zum Lachen für mich.

Eines Morgens sprach ich mit dem Kater in der Küche, während ich mir eine Tasse Tee machte. Normalerweise sprang er dann auf den Tresen und schmiegte sich an mich. An diesem Tag eben nicht. Verwundert holte ich meine Brille und dann war mir klar: Der Türstopper ist eben nicht der Kater und springt auch nicht auf Tresen!

Als die Zeit zum Abschied gekommen war, war ich traurig. Ich würde sie alle vermissen: Meine Gastgeberin, den Hund und den Kater.

Noch am nächsten Tag habe ich Bilder bekommen, der Kater saß auf „meinem“ Bett und wartete immer noch auf mich.

Die Zeit verging und aus meiner Gastgeberin wurde eine gute Freundin.

Vor einigen Wochen wurde sie operiert und brauchte Hilfe. Also fuhr ich nach Wales um für einen Tag auf den Kater aufzupassen (dachte ich), der Hund war anderweitig versorgt und sie würde dann aus dem Krankenhaus kommen. Geplant war, ich pflege sie nach ihrer OP.

Bei meiner Ankunft kam der Kater schon vor dem Haus auf mich zugerannt, miaute und schmiegte sich dann an meine Beine. Keinen Zentimeter wich er von meiner Seite. Auch an dem Prozedere: In Ruhe ein Buch lesen können – kannste dir so was von abschminken, Mensch! hatte sich nichts geändert.

Am Nachmittag dann der Anruf, ich muss auch bitte den Hund nehmen.
Oh ha ! Von: noch nie eine Katze oder einen Hund gehabt, hatte ich nun plötzlich beides.

Gassi gehen? Wie befestige ich die Leine? Mir war schwindelig. Meine Freundin hatte schriftliche Anweisungen zur Fütterung ihrer „Jungs“ hinterlassen, das war eine große Hilfe.

Und dann kam sie, meine erste große Gassirunde.

Charlie war sehr geduldig bei meinen hilflosen Versuchen die Leine zu befestigen. Und raus ging es: Ich konnte mich noch nicht mal ausgiebig wundern, dass mein kleiner Hund einen Handstand beim Pinkeln hinlegte, da bellte er schon fleißig viel größere Hunde an, die uns entgegenkamen. Die knurrten natürlich zurück.

Charlie versteckte sich hinter meinen Beinen und ich dachte nur: „Bravo! Hey, ich habe auch Angst!“ Die anderen Hundebesitzer reagierten alle verständnisvoll, als ich ihnen erklärte, es ist meine erste Zeit mit Hund.

Und das ist noch etwas, was ich sehr genossen habe: Die dörflichen Gassirunden, jeder grüßt jeden. Es wird kurz geplaudert. Morgens absolvierte ich die sogar im Schlafanzug! In Berlin: undenkbar für mich.

Natürlich war ich auch mit Tüten fürs große Geschäft ausgestattet, auf Hunde Dünnpiff war ich allerdings nicht vorbereitet. Trotzdem klappte alles reibungslos.

Die Tage vergingen, ich hatte mich an das Leben mit den Tieren gewöhnt. Nachts schliefen die beiden in meinem Bett. Sie sind es so gewohnt.

Meine Freundin musste leider länger im Krankenhaus bleiben. Meine anfänglichen Ängste haben sich allerdings nicht bestätigt. Ich kam wunderbar mit den Tieren zurecht und mir war klar, ich würde sie unheimlich vermissen, wenn ich wieder nach Hause muss.

Selbst beim letzten langen Spaziergang mit Charlie, bei dem er sich in einen Kuhfladen verliebte und sich ausgiebig darin suhlte, fand ich das Dorfleben mit Tieren wundervoll! In der Küche stehen und Essen zubereiten, die Katze klopft von außen ans Fenster, weil sie wieder ins Haus will, auch das vermisse ich.

An einem Tag hatte ich nicht nur einen Hund, sondern für ein paar Stunden:

Jemand anders aus dem Dorf hatte einen Arzttermin und fragte mich, ob ich ihren Hund auch nehmen könnte.

Meine Ängste gehören der Vergangenheit an. Das war mir in dem Moment klar.

Eigentlich vorher schon, als ich mit Charlie auf der Terrasse saß und seine kleinen Ohren im Wind flatterten, während er die Augen genüsslich halb geschlossen hielt:

Meine Söhne lauschten begeistert jedem Wort über die Tiere und freuten sich, dass ich nun meine Ängste hinter mir gelassen habe.

Denn nun ist klar: Wir werden wohl einen Hund adoptieren.

Wie ist das bei euch? Hatte noch jemand Angst vor Hunden und sie überwunden? Wenn ja, wie?

Mich würde auch interessieren, wo ihr eure Hunde adoptiert habt: Tierheim, Pflegestelle, aus dem Ausland von Notunterkünften?

Euere minfulsun

PS: Die Geschichte und die Fotos sind im Einverständnis mit meiner Freundin entstanden. Sie freut sich sehr, dass ich diese Entwicklung gemacht habe.

Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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3 Kommentare

Martina Orehounig
Antworten 14. Juli 2019

Es ist schön, deine Reise vom Fürchten zum Lieben zu lesen! Es gibt sie, diese Tiere, die es nicht ausstehen können, wenn sich jemand vor ihnen fürchtet, und dann alles daransetzen, den Menschen die Angst zu nehmen. Ich habe meine Tiere alle aus dem Tierschutz, aus dem In- und Ausland, aktuell sind es 4 Hunde (1 Slowake, 3 Bulgaren) und 2 Katzen (Österreicher, eigentlich waren es 3, aber einem Kater war es zu hektisch, der ist selbständig in die Nachbarschaft "übersiedelt"). Mein Tipp an dich wäre aber, in einem Tierheim in deiner Umgebung einmal reinzuschauen, ob da vielleicht dein Seelenhund auf dich wartet, und möglicherweise findet sich dort auch eine Katze? Viel Erfolg und ebenso viel Spaß in deinem Leben mit Fellnasen!!!

Chris
Antworten 19. Juli 2020

Respekt starke Leistung die du da vollbracht hast. Andere brauchen dafür Monate oder noch länger. Wir haben unsere Hunde bis jetzt immer vom Tierheim oder von Hilfsorganisationen die Hunde aus dem Ausland nach Deutschland bringen. Hunde von einem Züchter hatten wir bis jetzt noch nicht.

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