Was genau brauche ich in diesem Moment, wenn ich von Respekt spreche?


Wie oft habe ich euch bei verschiedenen Blogposts um „respektvolle Kommentare“ gebeten? Und jetzt, mit diesem Text von unserer Kolumnistin mindfulsun, entsteht bei mir das Bedürfnis, genauer zu sagen, was ich mir eigentlich wünsche… Lest bitte selbst erstmal:

„Ich möchte Respekt!“

Respekt ist ein Bedürfnis, welches wir alle haben. Wir alle wollen respektiert werden, gerade im engsten Umfeld ist uns das wichtig.

Was Respekt ist? Eigentlich dachte ich, ich kann die Frage schnell beantworten und dann kamen die nächsten Worte dazu:

Wertschätzung, Achtung, Anerkennung, Toleranz, Vorsicht im Miteinander, Grenzen achten.

Auch in einer kleinen Umfrage auf Twitter zum Thema: „Was ist Respekt für euch?“ standen Wertschätzung und Achtung an oberster Stelle.

Weitere Bedürfnisworte also und die wollen mit Leben gefüllt werden. Was ich damit meine?

Wenn ich sage: „Ich habe das Bedürfnis nach Respekt!“ kann nur ich ausdrücken, was ich genau in diesem Moment brauche.

Solche Gespräche gehören in meine Vergangenheit:
– „Du respektierst mich nicht!“
– „Doch tue ich!“
– „Nein, tust du nicht!“
Hier entstand ein Gesprächspingpong, bei dem sich die Fronten verhärteten.

Warum solche Gespräche für mich ins Nirgendwo laufen und nicht verbindend sind? Ich habe nicht gesagt, WAS ich jetzt brauche, um mein Bedürfnis nach Respekt zu erfüllen.

Beispiele anhand von Situationen, die in einem Gespräch entstehen können:

Wenn der andere Mensch spricht, bevor ich ausgesprochen habe, dann kann ich das so formulieren:
„Ich bin ärgerlich. Mir ist Respekt wichtig. Und ich möchte dich bitten, dass du mich aussprechen lässt, bevor du sprichst. Ist das ok für dich?“

Wenn jemand „scheinbar“ nicht auf das Gesagte eingeht:
„Ich möchte sicher sein, dass ich mich verständlich machen konnte. Ich bin gerade angespannt und mir ist es wichtig, mit dir ein respektvolles Gespräch auf Augenhöhe zu führen. Würdest du bitte wiederholen, was ich gesagt habe? Geht das?“

Egal worum es sich handelt, ob nun um Taten oder Gesagtes: Ich drücke ganz genau aus, was ich brauche, damit mein Bedürfnis nach Respekt erfüllt wird. Und ich formuliere Bitten an den anderen Menschen.

Konkrete Bitten in der derzeitigen Situation, in diesem Moment! Ein pauschales „Ich möchte Respekt!“ ist schwierig. Weil niemand außer mir selbst wissen kann, was Respekt für mich jetzt in diesem Augenblick bedeutet.

Ein: „Du bist respektlos!“ kommt auch nicht mehr aus meinem Mund. Das ist meine Bewertung und Beurteilung. Was ich damit erreichte: Der andere Mensch wurde defensiv. Wo ich doch eine verbindende Kommunikation wollte und eigentlich hoffte, der andere versteht mich: war da plötzlich eine Mauer. Und die hatte ich mit diesem „Du bist respektlos“ selbst gebaut. Ja, ich bin in manchen Situationen, wenn ich mir Respekt wünsche, auch mal ärgerlich. Vorwürfe sind dann nicht hilfreich. Und das gilt für mich auch im Umgang mit meinen Jungs.

Womit ich zum nächsten Punkt komme:

Respekt ist etwas, was ich meinen Kindern vorlebe. Nichts, was ich ihnen aktiv beibringe.

Und Respekt ist für mich auch nicht: „Du tust das jetzt, weil ich das sage und deine Mutter bin!“ Das hat für mich nichts mit Respekt zu tun, sondern Gehorsam. Meine Kinder haben auch das Bedürfnis nach Respekt und den bringe ich ihnen ebenso entgegen. Bedürfnisse und Gefühle ausdrücken können, ist also auch beim Thema „Respekt“ sehr wichtig.

Denn Respekt hat viele Gesichter.

Ob das nun ein:
Die Gefühle der Kinder respektieren und trotzdem liebevoll Grenzen setzen ist…
Oder ihnen zuhören, ohne sie zu bewerten und verurteilen – die Achtung ihrer Bedürfnisse und Gefühle…
… bedeuten für mich Respekt.

Auch die Grenzen von Menschen achten und meine zu formulieren, gehört zum meinem Bedürfnis von Respekt. Und hier kann ich auch ausdrücklich „Stop!“ sagen.

Achtung der Gefühle und Bedürfnisse anderer Menschen ist also meine Definition von Respekt.
Denn ein „Behandele andere, wie auch du behandelt werden möchtest…“ Das kann doch von Mensch zu Mensch unterschiedlich sein.

Fazit: „Ich möchte, dass du mich respektierst!“
Ich finde es respektvoll und hilfreich, dass ich dem anderen Menschen wirklich genau sage, was ich brauche. Es ist oft nicht einfach, das konkret zu benennen. Wenn es schon für mich nicht einfach ist, es in mir zu finden und auszusprechen: Wie soll es denn einfach für mein Gegenüber sein, es zu tun?

Wie ist das bei euch, wenn ihr jemandem sagt, dass ihr Respekt möchtet: Habt ihr bis jetzt konkret eure Bedürfnisse und Gefühle in diesem Moment formuliert?

Eure
mindfulsun

P.S. von Béa: Was ich also mit „respektvollen Kommentaren“ meine schreibe ich euch mit Hilfe von mindfulsun in 2-3 Tagen extra. Das muss erstmal sacken bei mir! 

Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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4 Kommentare

Hanno
Antworten 25. August 2020

Liebe mindfulsun, ich freue mich immer über Deine Beiträge. Respekt - so wichtig. Eigentlich nur ein Wort für: Empathisch für die Person gegenüber da sein?

Eine sehr schöne Betrachtung des Wortes "Respekt" habe ich von Dominic Barter erfahren. Er fand die Herkunft und wörtliche Bedeutung des Wortes "Respekt" sehr wichtig: Respekt von lateinisch re-spectare ... re = wieder + spectare = bewundern/anschauen

Und das ist für mich ein schöne Beschreibung, was Respekt ausmachen kann und worauf Dominic hingewiesen hat: Wieder (obwohl man es davor schon mindestens einmal getan hat) anschauen (oder gar bewundern), was der andere äußert, sagt, tut.

Liebe mindfulsun - meinen Respekt hast Du in diesem Sinn für Deine Beiträge!

    mindfulsun
    Antworten 28. August 2020

    Lieber Hanno, vielen Dank für deinen Kommentar. Deine Worte berühren mich und auch die Betrachtung des Wortes "Respekt".
    Respekt ist für mich auch vor allem Empathie: anderen Menschen und mir selbst gegenüber.
    Und dazu gehört für mich auch auszudrücken, was ich brauche, wenn ich von Respekt spreche.
    Womit kann ein anderer Mensch mein Leben bereichern? Was kann ich tun, um das Leben anderer Menschen schöner zu machen?
    Wenn Respekt dann "Anerkennung" ist, dann ist das so!

    Vielen Dank für deinen Respekt für meine Beiträge. Mich bereichern deine Worte und sie motivieren mich, weiter zu schreiben.
    LG, mindfulsun

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