Der Herr der Lüfte – Jan von Holleben und sein Traum vom Fliegen


Googelt man „Jan von Holleben“, ist einer ersten Treffer ein Artikel mit diesem Titel. Es gibt kaum eine treffendere Beschreibung für den Fotografen, der inzwichen internationale Anerkennung findet und für viele Magazine und Zeitungen produziert. Seine Fotos sind spielerische Lebensfreude pur. Sie lassen den Betrachter staunen, lachen, regen zum Nachdenken an und erzeugen das große Bedürfnis mitzumachen bei diesem bunten Treiben.

Jan ist davon überzeugt, dass man durch Spielen lernt. Wer würde also besser für ein Tollabox-Interview passen als ein Mann, der 80 Prozent seiner Arbeitszeit unter anderem damit verbringt, sich mit Kindern lustige Maschinen auszudenken und aus ihnen Astronauten und Superhelden zu machen. Für Jan sind Kinder keine Fotomodelle, sondern kreative Partner, mit denen man die verrücktesten Dinge wahr werden lassen kann.

Sein erstes Fotobuch „Der Traum vom Fliegen“ entstand wortwörtlich spielerisch in den Vorgärten seiner Nachbarskinder. Unsere neue Tollabox, die ebenfalls den „Traum vom Fliegen“ erforscht, nehmen wir zum Anlass, um euch Jan etwas näher vorzustellen. Hier ist der erste Teil unseres Interviews.

Wie bist du auf die Idee für das Buch „Der Traum vom Fliegen“ gekommen?

Ich hab damals meine Diplomarbeit über Kinder und Fotografie geschrieben – was bedeutet es, wenn Kinder mit Fotografie in Berührung kommen, wenn sie selbst Fotos machen? Da gibt es ein paar spannende Theorien. Für die Diplomarbeit hab ich nebenher mit meinen Nachbarskindern Fotografie gespielt. Mein Ziel war es Fotos zu machen, die eine Relevanz haben für Kinder, einen Bezug zur Kindheit, Fotos, die nicht nur eine nostalgische Erinnerung an die Kindheit sind. Das passiert nämlich normalerweise, wenn Erwachsene Fotos machen – es sind nostalgische Aufnahmen eines bestimmten Moments.

Wie schaffst du es, statt einer nostalgischen Aufnahme von Kindern ein Foto mit und für Kinder zu machen?

Auf meinen Fotos sollen Kinder den Freiraum haben, selbst ganz viel einzubringen und zu gestalten. Ich mag beim Entstehungsprozess eine Demokratie zwischen Erwachsenen und Kindern leben. Alle bringen sich ein. Wir sind Partner. Wir nehmen uns gegenseitig ernst, haben aber auch ganz viel Spaß. Damals hab ich wie gesagt mit ein paar Nachbarskindern angefangen. Ich wollte Kinderträume fotografieren, Dinge, die man gerne machen würde, die aber nicht so einfach möglich sind – hoch fliegen, schnell reiten, weit springen und so weiter. Ich hab damals überlegt, wie man so etwas gut darstellen kann und habe zusammen mit den Kindern ganz viel experimentiert. Die einen Nachbarn hatten zum Beispiel gerade eine Baustelle und einen riesigen Kran. Da hab ich dann einfach mal ein Kind an den Kran gehängt. Dann dachte ich mir: „Okay, jetzt soll mal ein Kind auf einem Hund reiten und plötzlich kam mir die Idee den Hund hinzulegen und das Kind oben drauf zu legen. Das war die Geburt meiner Fotosprache. Irgendwann hatte ich dann die erste Serie vom „Traum vom Fliegen“ zusammen.

Was macht das Buch noch so besonders für dich?

Das Schöne war, dass die Kinder ganz viel von den Requisiten selbst mit eingebracht haben. Wir haben zusammen entschieden, in welchem Garten wir fotografieren, wo wir die Motorradhelme herkriegen, wie wir die Fische darstellen usw. Das war eine Mischung zwischen Kindergarten und Kreativworkshop. Die Kinder brachten sich komplett in die Produktion ein. Das war echt toll.

Lebst du das Demokratieprinzip mit den Kindern nach wie vor so intensiv?

Ja, absolut. Speziell in freien Projekten, bei denen ich keine festen Vorgaben von Auftraggebern habe. Für mich ist immer wichtig, dass die Kinder verstehen, was wir machen. Sie können dann selber überlegen, was da passiert und sehr wertvolles Feedback geben. Dann kommen sie zum Beispiel und sagen: Jan, diese Maschine kann so gar nicht funktionieren, weil da ein Hebel fehlt. Die Ladung muss von links oben und nichts rechts unten kommen und so weiter.“ Kinder sind in ihrer Phantasie oft viel klarer und praktischer als manche Erwachsenen. Manchmal lasse ich die Kinder auch komplett allein entscheiden. Dann sage ich: „Hey, ich mache ein Foto über Gliedmaßen. Welche zusätzlichen Gliedmaßen hättest du gern?“ Und das Kind antwortet beispielsweise: „Ach, so ein dritter und vierter Arm wäre cool.“ Dann überlegen wir gemeinsam, wie das gehen würde und setzen das auf dem Foto um. Das macht enorm viel Spaß. Nicht ohne Grund verbringe ich 80 Prozent meiner Arbeitszeit mit Kindern.

Was würdest du Eltern gern als Gedanken mitgeben, wenn es um Fotografie geht?

Wir leben in einer Zeit, wo Kinder schon sehr früh selbst Fotos machen können. Früher haben der Film und die Entwicklung Geld gekostet. Heute sind die Fotos digital. Da können Kinder einfach drauf los fotografieren und das ist toll. Lasst die Kinder fotografieren und bittet sie am Abend, die zehn wichtigsten Fotos auszusuchen. Fotografie ist eben nicht nur abdrücken, sondern auch aussuchen, sich entscheiden und ein Bild wertschätzen. Da können Kinder ganz viel entdecken und lernen. Ich hab als 13jähriger angefangen mein Leben zu fotografieren, meine Familie, meine Hobbies und Freunde. Damals war das sehr kostspielig. Heute können Kinder ihre Sichtweise auf die Dinge festhalten, ohne dass es einen großen Aufwand bedeutet. Das ist toll.

„Der Traum vom Fliegen“ – wenn du irgendwo hin fliegen könntest, wohin wäre das?

Ich würde gern in Düsengeschwindigkeit über die Erdkugel fliegen, ohne jegliche Hilfsmittel. Einfach die Welt angucken in 1.000 Meter Höhe. So ein bisschen wie Peter Pan – ein Peter-Pan-Düsenjet.

 

Stefanie Kaste
About me

Stefanie lacht, lebt und liebt in Berlin zusammen mit ihrem Lieblingsmann, ihrem Teenager und ihrem kleinen Tornado. Als Familie erkunden sie die Welt, suchen nach dem Ende des Regenbogens und sind immer für neue Abenteuer zu haben. Stefanies Herzensthemen sind die (digitale) Bildung und Nachhaltigkeit, denn beides sind Kernthemen, um die Zukunft unserer Kinder positiv zu gestalten.

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