Freundschaft mit der Geliebten meines Mannes – Gastbeitrag
Wir haben hier die Geschichte einer Frau, die gern anonym bleiben möchte. Eine außergewöhnliche Geschichte darüber, wie aus der anderen Frau – der Geliebten eines verheirateten Mannes – eine gute Freundin wurde:
Ich möchte euch meine Geschichte erzählen.
Unser Kind war 1,5 Jahre alt, als ich herausfand, dass mein Mann mich betrog und er sich von mir trennte.
Wir wohnten in einem kleinen Ort, wo man sich kannte. Aber die Geschichte der Trennung möchte ich euch nicht erzählen. Viele wissen, wie so etwas ablaufen kann.
Ich war neugierig, wer diese Frau war.
Diese Gedanken: „Was hat sie, was ich nicht habe“, ließen mich die ganze Zeit nicht los.
Nachdem ich mit einer Bekannten gesprochen hatte, bekam ich einige Infos über die ganze Situation.
Die Geliebte meines Mannes war 9 Jahre älter als ich, somit auch älter als er. Sie hatte bereits 3 Kinder. Dies war unser erstes Kind. So begannen starke Gefühle: Selbstzweifel.
Wir trennten uns. Bereits 6 Wochen später war sie schwanger. Das sprach sich schnell herum. „Man, das muss ja die große Liebe für ihn sein“, war mein Gedanke. Doch die beiden waren längst kein Paar mehr.
Ich nahm also Kontakt zu dieser Frau auf, nennen wir sie Lisa. Lisa und ich haben uns verabredet. Wir trafen uns auf einem Spielplatz hier im Ort, schließlich hatte sie ein Kind im gleichen Alter wie mein Kind.
Da saß sie. Eine hochschwangere Frau, die genau so skeptisch und unsicher schien, wie ich es war. Sie kannte mein Kind, also haben sie sich schon mal gesehen. Wir verstanden uns auf Anhieb gut.
Dennoch war es ein befremdliches Gefühl, schließlich trug sie das Kind von meinem Mann unter ihrem Herzen. Eine andere Mutter, die ebenfalls dort saß, sah mich entsetzt an und fragte:
„Sie ist von deinem Mann schwanger und du redest mit ihr?“
Ja. Keine von uns ist noch mit diesem Mann zusammen. Denn wie sich durch Gespräche herausstellte, war ich nicht die Einzige, die betrogen wurde. Der „werte Herr“ hatte neben Lisa und mir noch zwei weitere Frauen am Start. Ich war damals 25. Blind vor Liebe habe ich nicht gesehen oder vielmehr nicht sehen wollen, wer er wirklich ist.
Er nahm mich vor der Trennung aus wie eine Weihnachtsgans.
Bei Lisa versuchte er es auch. Aber sie war schlau genug und setzte ihn vor die Tür.
Meine Antwort auf die Frage der Mutter vom Spielplatz war also: „Ja, denn weder mein Kind noch ihr Kind können etwas für ihren Vater.“
Lisa und ich waren uns einig, dass unsere Kinder voneinander wissen sollten. Sie sind Halbgeschwister. Und sie sollten wissen, dass es da noch jemanden gibt.
Also behielten wir den Umgang miteinander bei und blieben in Kontakt. Wir trafen uns alle paar Monate.
Meine Familie sagte immer wieder, ich solle vorsichtig sein. Schließlich hätte diese Frau ja mit meinem Ehemann geschlafen. Lisa selbst wusste jedoch nicht einmal, dass er verheiratet war.
Den Kontakt zu unserem Kind hat mein Ex-Mann langsam einschlafen lassen. Und zu seinem zweiten Kind hatte er überhaupt keinen Kontakt. Anfangs leugnete er sogar, dass das Kind seiner ehemaligen Affäre von ihm sei.
Aber ein Vaterschaftstest vor Gericht bewies es letztendlich.
Ich hingegen sah Lisas Kind aufwachsen. Als Säugling, die ersten Schritte usw.
Unser Kontakt wurde immer häufiger.
Anfänglich trafen wir uns der Kinder wegen und fuhren auch gemeinsam einkaufen.
Zwischendurch passte ich auf das Geschwisterchen meines Kindes auf.
Und ich lernte auch nach und nach ihre Familie kennen.
Mittlerweile habe ich einen anderen Mann geheiratet und mit ihm auch ein Kind. Und ich habe eben auch eine neue Freundin. Als wir umgezogen sind, passte Lisa auf meine Kinder tagsüber auf. Und das, obwohl unser Umzug auf ihren Geburtstag fiel.
Lisa hat immer ein offenes Ohr für mich, so wie ich für sie. Ich hätte nie gedacht, dass sich aus dieser Begegnung eine so tolle Freundschaft entwickeln würde.
Lisa spielt eine wichtige Rolle in meinem Leben. Sie verteidigt mich, wenn jemand in meiner Abwesenheit schlecht über mich redet. Sie ist so knallhart ehrlich zu mir und ich auch zu ihr. Ohne dass wir es uns gegenseitig übel nehmen. Ganz im Gegenteil. Sie ist immer für mich da und wurde zur besten Freundin, die ich je hatte.
In diesem Jahr wird ihr Kind eingeschult. Ich wurde gefragt, ob ich Pate werden möchte:
Ich werde die Patentante vom Halbgeschwisterchen meines Kindes.
Ich hörte auf mein Bauchgefühl und nicht auf das, was die anderen sagten.
Ich machte mir mein eigenes Bild und kann euch nur nahe legen, dass ihr mehr auf euer Gefühl vertraut.
Ich gebe zu, es ist eine sehr ungewöhnliche Beziehung. Aber auch Jahre später – rückblickend betrachtet: Müsste ich meinem Ex-Mann, der mir zuvor mein Leben zur Hölle machte, eigentlich danken.
Danke dafür, dass du mir eine wahre Freundin in mein Leben gebracht und mein Leben somit bereichert hast.
Wir bedanken uns für diesen Gastbeitrag. Und auch wenn im Internet mehr oder weniger anonyme Kommentare hinterlassen werden, bitten wir um Respekt. Jeder führt ein anderes Leben und geht anders mit Dingen und Beziehungen um. Vielleicht hat auch jemand Ähnliches erlebt und möchte es teilen? Lasst es uns gerne wissen.
Birgit
1. August 2023Toll und wunderschön, was Ihr beide gewinnen konntet, nachdem Ihr geglaubt habt, so viel verloren zu haben!
Natürlich darf man dabei nicht vergessen, dass Eure Kinder ohne Kontakt zu ihrem leiblichen Vater aufwachsen. Das ist schade und traurig und man wünscht sich das nicht für seine Kinder. In diesem Fall ist es aber vielleicht sogar besser so.
Tragt Eurer tollen Freundschaft Sorge!!!