Eine Mutter will über ihr Sternenkind reden können
Wer ein Sternenkind hat, braucht am meisten, dass Freunde und Familie das Kind anerkennen und die Trauer zulassen… Ich habe wieder die Ehre, einen Gastbeitrag zu haben und zwar zu diesem so zarten und traurigen Thema. Fan Anna hat mir ihre Erinnerungen für den Blog geschenkt – und ich kann das an euch nur behutsam weiterreichen..
Anna erzählt von ihrem Sternenkind:
„Ich war neunzehn, als unsere Zwillinge geboren wurden. Ungeplant, dennoch ab der ersten Sekunde über alles geliebt und gewollt. Niemals habe ich an eine Abtreibung gedacht. Auch nicht, als wir erfahren haben, dass Klara krank auf die Welt kommen wird. Ich habe immer fest daran geglaubt, dass alles gut wird. Auch die Ärzte waren zuversichtlich. „Wir werden sie direkt nach der Geburt operieren. Mädchen sind Kämpfer. Sie schafft das“…
Der Herzfehler war schlimmer als erwartet.
Am 26.02.2014 kamen die beiden dann per Kaiserschnitt auf die Welt: Lina und Klara. Doch die Ärzte waren plötzlich doch nicht mehr so zuversichtlich. Der Herzfehler war schlimmer als erwartet. Für uns ist eine Welt zusammen gebrochen und trotzdem haben wir gehofft, dass doch noch alles gut wird.
Nach der Geburt wurden beide Babys versorgt, während wir uns im Kreißsaal die ersten Fotos der beiden angesehen haben. Wunderschöne Mädchen. Ich war so stolz.
Wenige Minuten später kam eine Ärztin ins Zimmer. Unter Tränen und vollkommen aufgelöst sagte sie, dass unsere Tochter es nicht schaffen wird und dass wir jetzt zu ihr gebracht werden. So oft werde ich nachts wach und habe diesen Satz im Kopf. So oft.
Noch am selben Tag ist sie in meinen Armen für immer eingeschlafen und zu den Engeln gereist.
Aber warum? Warum mein Baby?
Ich habe mir so oft diese Frage gestellt und bis heute habe ich noch keine Antwort darauf erhalten.
Eine Woche nach der Geburt wurden wir aus dem Krankenhaus entlassen. Mit nur einem Baby.
Freunde und Bekannte sind uns aus dem Weg gegangen.
Vermutlich wusste niemand, was er sagen sollte. Was sagt man da auch am besten? „Herzlichen Glückwunsch und mein Beileid“? Ich hätte keine großen Worte hören wollen. Da zu sein hätte gereicht.
Ich habe sehr unter dem Verlust gelitten und auch heute, fast zwei Jahre später fällt es mir noch schwer damit umzugehen. Aber es ist besser geworden. Nicht gut, aber besser.
Die Beziehung ist an der emotionalen Belastung gescheitert
Zahlreiche Therapien und Antidepressiva wollten nicht helfen. Der Gedanke sterben zu wollen war oft präsent. Auch meine Beziehung konnte der starken emotionalen Belastung nicht standhalten. Wir haben uns letztendlich noch vor dem ersten Geburtstag der beiden getrennt.
Ein halbes Jahr später habe ich einen ganz tollen Mann kennengelernt.
Ein Mann, der immer für mich da ist. Der mit mir redet, wenn ich reden möchte und der einfach nur da sitzt und schweigt, wenn mir nicht nach reden ist.
Und ich kann mit stolz sagen, dass er und Lina die beste Therapie für mich sind.
Ich kann mittlerweile ohne schlechtes Gewissen lachen und mit einem lächeln im Gesicht von Klara reden. Denn laut Lina sitzt sie oben auf ihrer Wolke und spielt Lego Duplo und Puppe :-).
Warum teile ich das alles mit euch?
Weil es unheimlich hilft offen darüber zu reden. Alle Mamas sind stolz auf ihre Kinder. Egal ob sie gesund sind, ob sie krank oder verstorben sind. Und keine Mama sollte schweigen müssen, obwohl sie eigentlich reden möchte. Denn es gibt nichts schlimmeres, als all den Schmerz und Kummer mit sich allein ausmachen zu müssen.“
Weitere Beiträge über Sternenkinder gibt es hier noch:
Ganz neu und frisch:
http://kuestenkidsunterwegs.blogspot.de/2017/06/wer-bist-du-mein-baby-ein-erster-und.html
Und etwas ältere:
http://mama-on-the-rocks.blogspot.de/2014/08/leben-mit-einer-fehlgeburt.html
http://tafjora.blogspot.de/2015/03/an-mein-sternchen-zum-7.html
http://einerschreitimmer.com/2015/06/happy-birthday-liebes-sternenkind/
Und ein Kinderbuch kann ich euch auch ans Herz legen: „Lilly ist ein Sternenkind“ (affiliate link, daher Werbung)
- 02. Feb 2016
- 17 Kommentare
- 10
anonym bitte
2. Februar 2016habe am 13.01.2001 meinen sohn alex geb. am 26.10.1999 durch kindstod verloren.darf und kann in der familie nicht drüber reden.komplette verdrängung anders ist es nicht zu ertragen.
Doro
3. Februar 2016Meine Drillinge kamen im Mai 2015 14 Wochen zu früh auf die Welt ? Am dritten Tag sagten die Ärzte uns, dass alle drei schwere Hirnblutungen haben. Für Ronja war der Weg zu schwer, 12 Tage durfte sie bei uns sein. Im Arm gehalten habe ich sie das erste mal wenige Stunden vor ihrem Tod ? Oft frage ich mich ob es ihr vielleicht Kraft gegeben hätte wenn wir zuvor schon mal hätten kuscheln können so wie mit ihren Geschwistern aber es hatte sich einfach nicht ergeben. Ich vermisse sie schrecklich aber ich bin auch über glücklich, dass ich die anderen beiden nach 6 und fast 7 Monaten Krankenhaus mit Heim nehmen konnte. Ich bin stolz auf mein Sternenkind und finde es sehr wichtig über solche Themen zu sprechen.
Emma
5. Februar 2016Mein Mann ist vor neun Monaten im Alter von 42 Jahren plötzlich gestorben. Und ich kann nur sagen, dass es bei mir nicht anders war: Es gibt Freunde, die auf einmal nicht mit einem reden können. Die wie vom Erdboden verschwinden, einem ausweichen, sich von jetzt auf gleich nicht mehr melden. Aus meiner Trauergruppe weiß ich, dass fast alle Trauernden diese Erfahrung gemacht haben. Leider. Dabei kann gerade das Reden über den Verlust so wichtig sein auf dem Weg der Heilung.
Antje
12. Juni 2017Mein Mann ist nach langer Krankeit mit 56 verstorben. Ich habe auch einen veränderten Freundeskreis. Ich gehe sehr offen mit der Sache um und trauere, wie ich mich gerade fühle. Meine Umgebung weiß das mitlerweile und es tut mir gut. Ich will kein Mitleid sondern Verständnis und in bestimmten Situationen einfach kurz meine Ruhe. Wir sind oft bei Musikfestivals, da sind es oft Lieder, die Emotionen einfach hochkommen lassen. Ich habe die Erfahrung gemacht, lass es zu! Es tut mir gut. Wie gesagt, wissen die meisten in meinem jetzigen Umfeld Bescheid und ich rede darüber. Jeder trauert anders! Da gibt es kein Richtig oder Falsch!
Raumfee
5. Februar 2016Selbst als völlig Außenstehende muss ich beim Lesen eines solchen Berichts weinen, weil ich die Traurigkeit über diesen Verlust nicht aushalten kann - wie jedes Mal, wenn jemand ein Kind verliert. Ich glaube, das geht sehr vielen Menschen so, weil es schon unglaubliche Schmerzen bereitet, sich einen solchen Verlust auch nur vorzustellen - und wie viel grausamer muss dann erst für die Eltern sein, die diesen Schmerz gerade am eigenen Leib erfahren. Vielleicht scheuen sich deshalb viele Menschen davor, mit Eltern über deren Verlust zu reden, finden so schwer Worte von Angesicht zu Angesicht, weil es die tiefsten eigenen Ängste berührt, man die Tränen nicht zurückhalten kann und es gleichzeitig so schrecklich egoistisch und völlig unangebracht erscheint, den Eltern etwas vorzuheulen, wo es doch eigentlich ihr grausamer Verlust und unfassbarer Kummer ist und nicht der eigene.
Lilla Mamasprosse
5. Februar 2016Auch ich habe Sternenkinder und bin immer wahnsinnig feoh, mit jemanden ganz offen darüber reden zu können!
Also - Mut zum zuhören und da sein!
Liebe Grüße Lilla
Kerstin
23. Februar 2016Bin durch Zufall auf die Seite gestoßen.
Ich finde es absolut in Ordnung Fotos zu machen um Erinnerungen zu haben so schmerzlich es auch ist in diesem Moment. Egal wie alt ein jeder ist oder wird,es werden Fotos gemacht zur Erinnerung an gemeinsame Stunden also warum nicht auch von den Sternenkindern den kleinen Engeln. Denn auch sie sind teil eines Lebens eines liebenden und geliebten Menschen wenn auch
nur von kurzer Dauer.
Dirk Bungart
24. Februar 2016Ehrlich gesagt, weiss ich nicht, was ich schreiben soll. Das Thema lässt sich schwer in kurze Worte fassen. Deshalb schreibe ich einfach nur: DANKE.
beabeste
25. Februar 2016Ich danke auch!
Netty
1. Februar 2017Hallo ihr lieben. Auch ich bin eine Mutter von drei Sternenkindern. Unsere kleine Tochter wurde nur 6 Wochen alt. Sie wurde nach der Geburt plötzlich schwer krank. Wir haben bis zuletzt gehofft das alles gut wird. Doch es kam alles anders. Nun steht schon ihr 5 Geburtstag an und sie fehlt uns so sehr. Wer behauptet Zeit heilt alle Wunden, der weiss nicht was seelische Schmerzen sind. Der Schmerz verändert sich und wir lernen damit umzugehen, aber dennoch ist es ein Tabuthema, das unbedingt offen abgesprochen werden muss. Ich habe zum Glück viele liebe Menschen um mich, mit denen ich immer wieder darüber reden kann. Danke für diesen tollen Beitrag auch von mir aus tiefstem Herzen.
martina
1. Oktober 2017Es ist schwierig da eine pauschale Meinung zu haben.Ich habe unser Kind in der 9.SSW verloren .Habe iene Selsbthilfegruppe ins Leben gerufen und war beteiligt am Sternenkindergrabfeld hier vor Ort.(damit auch die unter 500g beerdigt werden können) Manchen Müttern (wie mir) hilft es darüber oft reden zu können , einige engagieren sich zu dem Thema ,basteln oder kreiiren Kunstwerke .Wie die Awareness Ribbons für Fehl -Todgeborene und an SIDS gestorbene Kids.Manche verdrängen es .(meiner Erfahrung nach kommt es irgendwann wieder hoch wenn es nicht aufgearbeitet wird.Am besten ist wenn Familie ,Freunde und Bekannte noral damit umgehen.Fragen sie die Betroffenen einfach und offen danach was Sie sich wünschen .Nicht aus Hilflosigkeit sagen Du kannst noch mehr Kids bekommen , es war doch noch kein richtiges Kind , es wäre eh zu krank gewesen...
Sevde
15. September 2019Ich bin auf Ihren Beitrag gestoßen und habe gemerkt, dass wir nicht alleine sind. Meine Mutter hat am 10.Juli 2001, meinen Bruder auf die Welt bekommen und die Ärzte nahmen Ihr Ihn weg, für eine Autopsie. Jetzt sind 18 Jahre vergangen und je älter ich werde, habe ich den Drang meinen Bruder zu Besuch. An sein Grab zu gehen und einfach nur zu Weinen, aber keiner Gab damals meinen Eltern eine Auskunft, wo das Kind sei, was der Grund für seinen Tod war. Jetzt suche ich nach etwas was mich beruhigt, aber je mehr ich mich mit diesen Themen beschäftige, desto schlimmer geht es mir. Ich hoffe ich finde, die Leiche oder die Asche meines Bruders, damit ich es in mein Heimatland bringen kann, um es dort ständig zu besuchen.
Hildegard
27. Januar 2024Ich habe vor 43 Jahren meine Christina tot geboren, 1 Woche vor dem errechneten Geburtstermin, an schlechten Tagen fühle ich den Schmerz des Unfassbaren, heute noch. Niemand nahm mich tröstend in den Arm, keiner war da, das war damals so........ Unmenschlich