Laute Menschen sind aggressiv?… Oder einfach nur laut?


Wenn wir über Sprache sprechen, dann auch über die Tonlage. Je nach Mensch und Kultur variiert sie und manchmal wird ihr sogar ein Charakterzug zugeschrieben. In diesen Beitrag möchte ich erklären, warum laute Menschen zwar oft als aggressiv beschrieben werden, aber manchmal einfach nur laut sind.

„Laute Menschen“ – Der Tonfall in Deutschland

In der deutschen Kultur ist es üblich, den eigenen Tonfall bewusst zu zügeln. Typische Konversationen werden in Zimmerlautstärke kommuniziert, die Stimme wird nur dann gehoben, wenn wir lachen, wüten oder streiten. Ansonsten beschränken sich die meisten Konversationen auf einen eher ruhigen Tonfall. Daher fällt es den meisten von uns sofort auf, wenn eine Person lautstark in der Bahn telefoniert, lautstark diskutiert und dabei so laut ist, dass es fast an Schreien grenzt.

„Laute Menschen“ – Der Tonfall in der arabischen Kultur

Wenn es um die Tonlage geht, dann könnte der Kontrast zwischen der deutschen und arabischen Kultur nicht stärker sein. Ich weiß wovon ich rede, da ich in beiden Welten aufgewachsen bin.

Meine Familie ist laut.

Sehr laut. Die einen würden ihren Tonfall schon als Schreien kategorisieren, aber das Gegenteil ist der Fall. Sie schreien nicht, sie sind einfach nur laut. Sie begrüßen sich laut, sie diskutieren laut, sie lachen laut, sie trauern laut. Da ich es nicht anders kenne, habe ich auch kein Problem damit. Für mich ist es nicht ungewöhnlich, beim Reden etwas lauter zu werden.

„Laute Menschen“ – aggressive Menschen?

Ich wurde schon oft gefragt, ob meine Mutter und ich streiten, wenn wir laut miteinander reden. Tatsache ist, dass wir uns ganz normal unterhielten – nur eben etwas lauter.

„Ist alles okay?“, fragte mich eine Freundin einmal, als meine Mutter mich anrief und so laut sprach, dass meine Freundin es mitbekam.

„Ja, klar, was soll sein?“

„Klang so, als ob du und deine Mutter gestritten hättet.“

Mit der Zeit wurde mir klar, dass der laute Tonfall meiner Familie irrtümlicherweise mit Wut und Aggression gleichgesetzt wurde. Und das gefiel mir ganz und gar nicht.

Besonders traf mich eine Situation, in der ich mit Freund*innen im Park war und grillte. Zwei Männer arabischer Herkunft saßen in der Nähe von uns und sprachen laut miteinander. Für meine Mitmenschen klang es, als würden sie streiten, dabei sprachen sie bloß über das Essen. In diesem Moment fragte ich mich, ob das schon zum Rassismus zählt. Schließlich ist es ein Vorurteil davon auszugehen, dass arabische Männer, die laut sind, streiten und aggressiv sind.

Es hat lange gedauert, bis mir klar wurde, dass es mich traurig macht, wenn laute Gespräche derart verurteilt werden. Ich weiß, dass es ungewohnt ist, aber für mich hatten laute Konversationen immer etwas Lebendiges und Lustiges. Laute Gespräche brechen Hierarchien. Lautes Gelächter erfreut die Seele. Laute Diskussionen vitalisieren – zumindest mich.

Laut reden = fehlende Integration?

Wenn zwei oder mehrere Kulturen aufeinandertreffen, sorgt das schnell für einen Knall. Wie bereits gesagt ist die arabische Kultur eine völlig andere als die deutsche. Menschen arabischer Kulturen sind lauter. Liegt es an ihnen, ihre Kultur zu unterdrücken und sich anzupassen? Müssen sie leiser reden, leiser kommunizieren, leiser lachen? Oder müssen die Deutschen ihr Mindset ändern und das „Gebrüll“ akzeptieren.

Meine Meinung: Beide Kulturen müssen aufeinander zugehen. Integration ist nicht eindimensional, deshalb müssen beide aufeinander Rücksicht nehmen. Im Grunde ist das nichts Neues, schließlich passiert das ständig. Wenn meine französische Freundin mir zur Begrüßung zwei Küsschen auf beide Wangen gibt, sträube ich mich auch nicht dagegen und verlange einen Gruß mit der Hand. Ich passe mich an, genau wie sie sich in bestimmten Situationen auf meine Situation anpasst.

Außerdem ist Kommunikation das Stichwort. Wenn uns gerade etwas stört, können wir es ja sagen. Die meisten Probleme verflüchtigen sich, wenn wir über sie reden.

Laut reden ist nicht aggressiv – sondern einfach nur laut reden.

Für die Zukunft würde ich mir wünschen, dass lautes Reden nicht mehr so negativ konnotiert sein würde. Es mag nicht für jeden die „richtige“ Kommunikationsform sein, aber für viele Kulturen oder individuelle Personen ist sie es. Wenn wir laute Sprechweisen einer Charaktereigenschaft zuschreiben, ist das engstirnig. Keine Sprechweise, ob nun laut oder leise, ist die richtige. Solang höflich und gesittet und vor allem respektvoll miteinander umgegangen wird, ist doch alles okay, oder?

Was ist eure Meinung zu dem Thema?

Liebe Grüße
Mounia

Mounia
About me

Ich - 25 Jahre alt, Studentin, Kinderanimateurin, begeisterte Hobbyköchin und abenteuerlustig! Meine absolute Leidenschaft ist das Schreiben und Festhalten von Momenten.

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6 Kommentare

Michael
Antworten 21. Februar 2021

Liebe Mounia, ich bin über Ihre Seite gestolpert, weil ich lauten Menschen gegenüber sehr empfindlich bin. Ich bin in sehr vielen Ländern der Welt auf allen Kontinenten gewesen und habe überall sowohl laute wie auch ruhige Menschen bemerkt. Es ist vielleicht bis auf Afrikaner weniger ein kulturelles Phänomen, sondern eher eine Frage der gegenseitigen Rücksicht und Enge im Zusammenleben? In einigen von mir besuchten arabischen Ländern sind die Häuser so gut abgeschirmt gewesen , dass man von den Bewohnern gar nichts mitbekommt. In den Hotels hört man auch nur von einzelnen Gästen "Geschrei" oder laute Musik. Es kommt ja auch immer darauf an, wie spät es ist. Mich nervt es leider furchtbar,wenn Nachbarn nachts laut sind oder zum telefonieren ins Freie gehen. Zum Glück gibt es in Deutschland und vielen anderen Ländern Gesetze zum Schutz der Gesundheit. Wir hatten früher ein deutsches Lehrer-Ehepaar die uns schrecklich mit lauten Partys genervt haben. Jetzt haben wir schon ein paar Jahre eine deutsche Frau, türkischer Herkunft und ein deutsch-schweizer Paar als Nachbarn, die sich absolut konform verhalten. Es ist also keine Frage der Herkunft, sondern der Rücksichtnahme und des Respekts meiner Meinung nach und da muß auch niemand flüstern.
Viele Grüße, Michael

    Mounia
    Antworten 21. Februar 2021

    Lieber Michael, ich verstehe deine Gedanken total. Auch mir wird es manchmal zu viel, wenn der Lärmpegel an Stärke zunimmt. Ich glaube nur, es ist die eine Sache, etwas gut oder schlecht zu finden, und eine andere, etwas auf die Herkunft oder Charaktereigenschaft zu reduzieren. In vielen kulturellen Kreisen ist es nun mal so, dass lauter geredet wird. Das muss nicht jede:r toll finden und ich bin auch ganz bei dir, dass in einigen Momenten besonders viel Rücksicht auf jene, die nicht alles mithören wollen, genommen werden muss!

    Liebe Grüße
    Mounia

Sandra
Antworten 8. April 2022

Liebe Mounia,

Ich weiß, dass es - im Gegensatz zu Deutschland oder Österreich, wo laut sein oft als unhöflich gilt - in anderen Kulturen völlig normal ist, laut zu reden und laut zu sein. Gegenseitiger Respekt ist da einfach das Wichtigste. Das heißt für mich z.B., wenn meine Nachbarn am Nachmittag laut reden, feiern, spielen, muss ich es wohl oder übel aushalten (Ohropax sind ein Segen für lärmempfindliche Ohren ;)). Ab dem späten Abend bis in die Nacht sollte es dann aber so ruhig sein, dass ich schlafen kann.

Zu der Situation im Park: Bei uns ist es eben so die Norm, dass man sich in der Öffentlichkeit beherrscht verhält. Das heißt, wenn zwei Leute miteinander laut reden und der Tonfall eher aggressiv klingt, ist das für uns ein Signal, hoppla, die streiten offenbar. Wenn man dann die Sprache nicht versteht, lässt sich das Missverständnis nicht so leicht aufklären. Ich versuche inzwischen, viel auf die Körpersprache zu achten, da sieht man meist auch ohne Sprachverständnis schnell, ob Aggression im Spiel ist oder nicht.

Liebe Grüße!

Svjetlana Zovkic
Antworten 2. September 2022

Ich bin 57 Jahre alt komme ich von Kroatien und seit 30 Jahre lebe ich in der Schweiz ich habe im Gesundheitswesen 27 Jahre gearbeitet leider bin ich erkrankt und ich bin in Behandlung beim
Rheumatologe. Ich hatte Probleme mit eine Mitarbeiterin von diese Klinik wo hat mir respektlos behandelt . Wollte ich einen Termin beim Chef Ärztin dass wir besprechen das das ich bin seit einige Jahre in der Handlung in diese Klinik. Ich hatte diese Gespräche statt dass wir haben gesprochen von diese Problem. Bin ich angegriffen worden von dieser Ärztin weil ich rede ihm ihre Augen zu Laut und sie hat mir paarmal gesagt das ich bin aggressiv. Meine ganze Familie redet zu laut und das war’s für mich nicht diese Problem ich habe selber gearbeitet und ich hatte mein Arbeitsplatz nie Probleme wegen meine hohe Stimme aber jetzt ist plötzlich so gekommen dass ich bin bezeichnet wie aggressive Mensch was würden Sie tun auf meine Stelle?

Sager
Antworten 13. September 2022

Wissen ist Goldwert vielen Dank für diese wertvolle Aufklärung Ich bin Schweizer und bin mit einem empathisches Verhalten hinein gewachsen, da unser Land ein kosmopolitisches Leben „lebt“ und gewisse Anpassungen „wünscht“ aber nicht unbedingt verlangt und auch nicht direkt als rassistisch deklariert werden muss [ Rassismus passt nicht ] Widersprüchlich dafür gut ist das Zitat von Dir:„Außerdem ist Kommunikation das Stichwort. Wenn uns gerade etwas stört, können wir es ja sagen. Die meisten Probleme verflüchtigen sich, wenn wir über sie reden.“ so empfinde ich auch was nur „ menschlich „ bleiben sollte . Lieben Dank Peter Sager

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