Der putzende Architekt und die Sache mit den Energien im Haus – Auszug aus einem Buch von Frau Schüler.


Ab und an fallen mir Menschen auf, die eine gute Schreibe haben. Und Humor. Zum Beispiel Frau Schüler als Leserin und bei FB – oder bei Twitter: Pink Perdita. Falls es jetzt verwirrend ist: Ist die gleiche Person. Ich habe sie darauf angesprochen und es hat sich herausgestellt, sie schreibt wirklich nicht nur lustige Kommentare und Tweets, sondern ganze lustige Bücher.

Wovon ich euch eine Kostprobe geben darf, ist ein Buch in Manuskript-Stadium.
Sprich: Es wurde noch nicht veröffentlicht. Nur ihr dürft einen Auszug lesen, den ich für sehr amüsant halte.

Stellt euch vor, Frau Schüler berichtet von einem Seminar zum Thema „Mentales Krafttraining“!!!

Na, auch schon so etwas mal mitgemacht? Ab hier ist der Textauszug:
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Es geht um schlechte Energien in Häusern. Ein Fachredner tritt vor und behauptet, er sei Architekt und reinige Häuser.

Da passt doch was nicht. Ein Architekt plant Häuser. Ich weiß das, denn ich wohne in einer Doppelhaushälfte, die eine Architektin geplant hat. Und ich bin sehr sicher, dass sie noch nie zum Putzen da war. Es stellt sich dann heraus, dass er nicht physischen Dreck wegschrubbt, sondern Häuser oder Räume – ich vermute, dass in diesem Zusammenhang Zimmer gemeint waren – von nicht sichtbaren, schlechten oder gar bösen Energien befreit.

„Ich dachte Energien bleiben für immer und verschwinden nicht“, platzt es aus mir raus. Hatten die doch gerade alle behauptet.
„Richtig, man kann sie nur umleiten, sozusagen dorthin schicken, wo sie nichts Negatives bewirken.“ Ja, ist klar. Ich verdrehe die Augen, melde mich und will schon zum Sprechen ansetzen. Doch ich höre: „Könnten Sie jetzt bitte mal nichts sagen? Es ist schön, dass Sie kritisch hinterfragen, doch bitten wir Sie im Sinne der anderen Teilnehmer freundlich, sich kurz ein wenig zurückzuhalten, damit die anderen achtundzwanzig Gäste eine Chance haben, die Informationen zu bekommen, für die sie bezahlt haben.“

Autsch.
Ich hatte zuvor schon mal von ein paar Mentaltechniken gehört, wandele nun eine davon kreativ ab und klebe mir ein unsichtbares Pflaster über mein vorlautes Mundwerk.
Tina malt ein Galgenmännchen auf ihren Notizblock und kichert.

„Haben Sie auch schon mal von so einem Scheidungshaus gehört?“

Überrascht nicke ich stumm und brav. Ich könnte jetzt die Geschichte aus meinem Heimatort erzählen. Da gab es dieses eine Haus. Roter Klinkerbau in der Luisenstraße direkt an der Ecke bei der gelben Telefonzelle. Großer Garten, Doppelgarage. Säulen vorm Eingang. Es war sicher teuer. Aber schön für damalige Verhältnisse. Gute Lage. Kurz nachdem die Bauherren dort eingezogen waren, stritten sie sich. Es ergab sich ein mieser Rosenkrieg. Das Haus wurde verkauft. Ein neues Ehepaar zog ein. Es dauerte kein Jahr und auch diese Ehe ging auseinander. Wenn ich es nicht selber mitbekommen hätte, würde ich es nicht glauben, doch das ganze passierte ernsthaft noch ein drittes Mal. Danach wollte niemand mehr das Haus kaufen. Es sei ein Unglückshaus, erzählte man sich im Ort.

Der putzende Architekt plaudert aus seinem eigenen Nähkästchen.

Von einem alten Haus, das er umgebaut habe. Die eingezogenen Menschen seien plötzlich traurig und schließlich depressiv geworden. Der Witwer sei daraufhin aus dem Haus ausgezogen und in seiner neuen Unterkunft nach überwundener Trauer regelrecht aufgeblüht.

Die nächste Bewohnerin des besagten Hauses sei eine alleinstehende Lehrerin gewesen. Auch sie wurde zusehends trauriger und meinte schließlich zu ihm, dass etwas mit dem Haus nicht stimmen würde.
„Ich hatte mich schon vor vielen Jahren mit Spiritualität, Schwingungsfrequenzen und Energien beschäftigt,“, erklärte der Reiniger, „so dass ich mich mit der Eigentümerin zusammen im Ort mal umhörte, was das denn früher für ein Haus gewesen ist.“

Es stellte sich dann wohl heraus, dass sich in dem Haus vor zwei Generationen ein fürchterliches Familiendrama mit mehreren Toten ereignet haben soll.

„Diese Energien von Tod und Leid, die bleiben da. Sie sehen die nicht. Aber sie sind da.“

Hm.
„Kennen Sie das Gefühl, das Sie haben, wenn Sie ein Krankenhaus betreten? Es ist irgendwie beklemmend, nicht wahr? Selbst wenn Sie zu einem freudigen Ereignis jemandem im Krankenhaus besuchen. Sie betreten die Halle unten und es fühlt sich irgendwie mulmig an.“
Stimmt.
„Sie spüren die Energie dort. Vom Leid, vom Schmerz, vom Kummer, von den Sorgen, vom Tod.“

Ich weiß genau, was er meint. Ich dachte bisher allerdings immer, das läge daran, dass mich dieser groteske Anblick beinamputierter Menschen mit Sauerstoffschlauch unter der Nase und Kippe im Mund verstört. An denen muss man immer vorbei, wenn man ins Krankenhaus geht. Sie stehen, sitzen oder hängen draußen vorm Eingang und qualmen sich das Leben weg. Wenn das keine Beklemmungen hervorruft, dann weiß ich es auch nicht.Sicher ist es für ein gutes Gefühl als Besucher im Krankenhaus auch nicht besonders förderlich, dass es dort nach einer Mischung aus Ausscheidungen, Desinfektionsmittel und Fleischbratling mit Kaisergemüse in Rahmsoße riecht. Doch ich gebe dem Architekten eine Chance.

Er führt noch mehrere solcher Beispiele an. Bei einem Neubau passierte Ähnliches, wieder Depressionen und Streit der Bewohner. Er habe sich zunächst keinen Reim darauf machen können, weil das ja ein Neubau gewesen sei. Da gab es in den Wänden und Zimmern ja keine alten negativen Energien.
„Sicher hängt es mit dem Typen zusammen. Der hinterlässt da die miesen Energien“, flüstert Tina mir verschwörerisch zu. Strike. Zwei Ungläubige, ein Gedanke.
„Ich machte mich schließlich im Stadtarchiv des betreffenden Ortes auf die Suche nach dem, was früher an der Stelle war. Und was, glauben Sie, habe ich gefunden?“
Stille.
Tam tam taaaam.
„An dieser Stelle war früher, ganz früher, der Henkersplatz.“
Ich gucke auf Tinas Galgenmännchen. Sie streicht es vorsichtig durch, reisst den Zettel raus und knüllt ihn ganz langsam zusammen.
Danke.

„Die Energien lösen sich nicht auf. Es gibt gute Plätze und schlechte Plätze.“

Ein schöner Telenovelatitel, aber ich bin ehrlich beeindruckt. Das hatte ich nicht erwartet. Schlagartig wird mir klar, warum ich an manchen Orten nicht gern bin und an anderen lieber. Gerade denke ich, dass ich aus mir unerfindlichen Gründen gerne einfach mal gegenüber in die leere katholische Kirche gehe, obwohl ich weder an den Kirchengott glaube noch die katholische Religionslehre anerkennen kann, da höre ich vom Redner:

„Die katholische Kirche kennt seit Jahrhunderten die Wirkungsweise von sogenannten Kraftplätzen. Katholische Kirchen stehen meist an Orten, von denen eine starke positive Energie ausgeht. Die katholischen Kirchenvertreter haben sich das seit langer Zeit zu Nutzen gemacht, um ihre Lehren zu verbreiten.“

Nun möchte ich unbedingt wissen, wie er denn nun die Häuser von schlechter Energie befreit, aber ich darf ja nichts sagen.
Die Esotante meldet sich. Ich kann ihr Namensschildchen lesen. Eva. Süß.

„Ich kenn das. Ich räuchere häufiger mal, wenn ich das Gefühl habe, die Energie im Raum stimmt nicht mehr.“

Hat die das jetzt wirklich gesagt? Sie räuchert? Aale, Forellen oder was? Da habe ich gerade ein bisschen von diesem Energiekram als beachtens- und meine kritische Grundhaltung für überdenkenswert erachtet, da haut mir diese lila Eva mit blondem Engelshaar als mein personifiziertes Vorurteil volle Breitseite dazwischen.

Die räuchert! Mit Weihrauch. Nein, falsch, sie sagte, sie räuchere mit Ihrem Lieblingsweihrauch. Ich habe eine Lieblingstasse, eine Lieblingshose und einen Lieblingslippenstift. Sie hat Lieblingsweihrauch. Ich brech‘ zusammen.

Aufgrund der veränderten Sitzordnung kann ich ihr nun direkt ins Gesicht gucken. Und wow! Auf der Stelle schäme ich mich. So etwas Herzensgutes, so viel Liebe, so viel Güte, so viel Optimismus und so viel reine Freundlichkeit habe ich noch nicht gesehen. Sie sitzt da und strahlt. Keine einsachtundfünfzig groß aber haut mich komplett um. Nein, nein, ich stehe schon auf Männer, so meine ich das nicht. Diese kleine Eva hat in dem Moment mein Herz berührt. Irgendwie. Sie lacht mich so offen an. Ich lache mal zurück. Macht sicher gutes Karma oder so. Aber eigentlich auch, weil ich sie anlachen möchte.

Der Redner erklärt, dass es ein eigenes Seminar über Hausreinigung gebe und hier nur für das Vorhandensein von verschiedenen Schwingungsfrequenzen und deren mächtige Wirkungsweise sensibilisiert werden solle.
Lieblingsweihrauch.

Ich komm‘ nicht drüber weg…

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Hat euch das gefallen? Wollt ihr mehr? habt ihr auch solche Seminare erlebt?

Liebe Grüße,

Béa

Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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5 Kommentare

S. Schmidt
Antworten 3. Juli 2021

Wow! Toll geschrieben. Schade, dass der Auszug schon zu Ende ist. Ich will mehr! Wie kann man erfahren, wenn das Buch erscheinen ist? Wie wird es heißen?

    Frau Schüler
    Antworten 18. Mai 2022

    Schau mal hier: https://frau-schueler.de
    Das Buch heißt „Toll, dass es mich gibt!“ und ist überall im Buchhandel zu kaufen/bestellen.

S. Schmidt
Antworten 3. Juli 2021

Wow! Klasse geschrieben. Ich will mehr! Wie kann man erfahren, wenn das Buch rausgekommen ist? Wie wird das Buch heißen?

Peter Z
Antworten 26. Juli 2021

Herrlich! Den Schreibstil mag ich. Wenn das Buch rauskommt, möchte ich es unbedingt lesen. Wird es vorher weitere Leseproben geben? Bei Erscheinen bitte umgehend Info an mich!

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