„Du kannst das viel besser als ich“ – Wie strategische Inkompetenz uns das Leben langfristig erschwert


Wir alle haben unsere Schwächen, wer sich jedoch nicht einmal die Mühe gibt, etwas zu lernen, und die Arbeit immer nur auf andere wälzt, tut sich damit auch keinen Gefallen. Hier erfahrt ihr, wie strategische Inkompetenz uns kurz aus der Patsche hilft, aber langfristig das Leben erschwert.

Sich vor unangenehmen Aufgaben drücken und so tun, als könnte man sie nicht (gut) allein erledigen …

Das Phänomen ist so alt, wie das Patriarchat, erstmals allerdings erst 2007 in einem Artikel des Wallstreet Journal als englischer Begriff weaponized incompetence oder strategic incompetence aufgetaucht.

Mithilfe der strategischen Inkompetenz schaffen wir es, die Arbeit gekonnt auf andere zu wälzen und uns über Jahre der Arbeit zu entziehen. Manchmal fehlt uns wirklich die Kompetenz, manchmal sind wir schlichtweg faul oder erledigen die Arbeit absichtlich schlecht, damit wir nächstes Mal nicht mehr gefragt werden. Deshalb bezeichnet man sie häufig auch als manipulative oder toxische Inkompetenz. Dieses ist ein erlerntes Verhalten, das bereits in der Kindheit oft entsteht.

Ein paar Beispiele aus dem Alltag:

Ein Mann weiß nicht, wie man die Spülmaschine anschmeißt und wartet stattdessen, bis seine Frau sie anschmeißt. „Mach du, ich weiß  ja gar nicht, wie man das Ding bedient.“

Oder eine Frau wartet, bis ihr Mann zurückkehrt, damit er das neue Regal anbringen kann. „Ich hab doch zwei linke Hände. Du kannst das viel besser als ich.“

Die Stereotype sind beabsichtigt, denn tatsächlich geht die strategische Inkompetenz häufig mit der geschlechtlichen Rollenverteilung einher. Mann tut dies, Frau tut das. Daher sind Frauen auch häufiger betroffen, da sie die meiste Care Arbeit übernehmen, und die Aufgaben, die sie nicht erledigen können, z.B. handwerkliche Tätigkeiten, verhältnismäßig geringer ausfallen.

Auf dem ersten Blick mag einem die strategische Inkompetenz vielleicht noch schmeicheln.

Mann fühlt sich stark, Frau fühlt sich geschmeichelt. Häufig wird das Spiel auch durchschaut, nach dem Motto „Ja, ja, ich bin so viel besser, klar …“ Viele Beziehungen funktionieren, ohne, dass die strategische Inkompetenz überhaupt ein Hindernis darstellt. Aber für viele auch nicht, denn strategisch inkompetent zu sein, kann nicht nur für andere, sondern auch für sich selbst zu einem Problem werden.

Ungerechte Arbeitsverteilung führt zu Stress

Ein Mensch kann nicht allein stemmen, wenn die Arbeit jedoch immer an einem selbst hängen bleibt, steigt das Arbeitspensum und mit ihm auch der Stresspegel. Und welche Auswirkungen Stress auf die Beziehung und das eigene Leben haben kann, wissen wir ja …

Ungerechte Arbeitsverteilung führt zu Frust.

Niemand bewältigt gern alles allein. Irgendwann stößt man an einen Punkt, an dem einem der Kragen platzt.

Es gab einige Momente, in denen ich meinen Freund schütteln wollte. Obwohl unsere Beziehung eigentlich total auf Augenhöhe basiert, übernahm ich plötzlich viel mehr Arbeit im Haushalt, als wir irgendwann zusammenzogen. Monatelang wusste er nicht, wo das Geschirr hingehörte, weshalb er immer wartete, bis ich es einräumte. Er überließ mir auch das Waschen, weil er sich nicht mit der Waschmaschine auskannte.

Ich wiederum konnte nicht mit einer Fahrradpumpe umgehen, und lag ihm ständig in den Ohren, damit er meinen Reifen pumpte. Und auch sonst überließ ich ihm bereitwillig ein paar Aufgaben, weil ich sie weder konnte noch lernen wollte. Es gab Knatsch wegen Kleinigkeiten, und hätten wir uns nicht zusammengesetzt und ein paar Dinge geändert, würden wir heute vermutlich nicht noch zusammenleben.

Strategische Inkompetenz macht abhängig

Wenn wir unsere Aufgaben immer auf andere wälzen, machen wir unserem Umfeld nicht nur mehr Arbeit, wir sind auch komplett abhängig von ihnen. Und wenn die andere Person mal nicht kann, sind wir aufgeschmissen. Irgendwann gelangen wir an einen Punkt, an dem wir auf uns allein gestellt sind, und spätestens dann müssen wir uns den unangenehmen Aufgaben stellen.

Raus aus der strategischen Inkompetenz

1. Einsicht zeigen
Wer sich aus dem Teufelskreis der strategischen Inkompetenz befreien will, muss das Problem (das oft internalisiert ist) zunächst erkennen. Einsicht ist der erste Schritt.

2. Liste aufschreiben
Setzt euch zusammen und tragt die Punkte zusammen, die ungleich verteilt ist. Oder ihr beobachtet euer Verhalten im Alltag und erweitert die Liste nach und nach.

3. Schritt für Schritt aus der strategischen Inkompetenz
Wir können nicht alles auf einmal lernen. Die vielen Knöpfe der Waschmaschine können einen im ersten Moment ein bisschen Angst einjagen, aber Wäsche waschen ist keine Kunst. Aber ein Schritt nach dem anderen. Helft und unterstützt euch dabei, und seid nicht böse, wenn die andere Person etwas vermeintlich „Leichtes“ nicht sofort hinkriegt. Dabei müssen wir vor allem Rücksicht auf ältere Menschen nehmen, die bei vielen Dingen (Technik, Digitalität) nicht schnell genug hinterherkommen.

Am Ende können wir immer noch in eine Rollenverteilung rutschen, wenn es das ist, was wir wollen. Aber wenigstens können wir die Dinge dann allein und sind allein nicht aufgeschmissen! 🙂

Übrigens, auch in der Arbeitswelt haben wir oft mit strategischer Inkompetenz zu tun.

Wenn Menschen bewusst oder unbewusst ihre Fähigkeit zur Problemlösung einschränken, um unangenehmen Aufgaben aus dem Weg zu gehen, ist das kein Zeichen von mangelnder Intelligenz – manchmal sogar das Gegenteil. Dennoch, in manchen Fällen kann strategische Inkompetenz zu Frustration und Konflikten führen. Zum Beispiel, dass Menschen dumm oder faul genannt werden, was zu Vorurteilen und Misstrauen führen kann. Es kann auch dazu führen, dass andere Menschen mehr Arbeit leisten müssen, um die Lücken zu füllen, die durch strategische Inkompetenz entstehen. Dies kann die Motivation und die Zufriedenheit beeinträchtigen. So ist die Gefahr groß, dass die Arbeitsatmosphäre und Produktivität darunter leiden.

Der wichtigste Schritt, um mit strategischer Inkompetenz umzugehen, besteht darin, offene Kommunikation zu fördern. Es ist wichtig, mit der anderen Person über ihre Zuständigkeiten zu sprechen und herauszufinden, ob es bestimmte Aufgaben gibt, bei denen sie Schwierigkeiten haben. Es ist auch wichtig, ihre Perspektive zu verstehen und zu berücksichtigen, dass sie möglicherweise aus unterschiedlichen Gründen bestimmte Aufgaben vermeiden.

Eine weitere Möglichkeit, mit strategischer Inkompetenz umzugehen, besteht darin, die Zuständigkeiten neu zu definieren. Wenn es zum Beispiel um ein bestimmtes Projekt geht, kann es sinnvoll sein, bestimmte Aufgaben aufzuteilen oder sie anderen Menschen zu übergeben, um den Stress zu reduzieren.

Kennt ihr das Phänomen der strategischen Inkompetenz? Wie kommt ihr damit klar?

Liebe Grüße
Mounia

ergänzt von Béa

Mounia
About me

Ich - 25 Jahre alt, Studentin, Kinderanimateurin, begeisterte Hobbyköchin und abenteuerlustig! Meine absolute Leidenschaft ist das Schreiben und Festhalten von Momenten.

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