Was, wenn meine Eltern meine Freund:innen nicht mögen?


Eltern wollen meistens wissen, mit wem ihre Kinder verkehren. Sie kennen die Namen der engsten Freundschaften und haben immer ihre eigene Meinung. Was allerdings passiert, wenn die Eltern die eigenen Freund:innen nicht mögen, und warum ich trotzdem eine Menge aus dem Elternurteil ziehen kann, erfahrt ihr hier.

„Ich habe kein gutes Gefühl bei ihr.“

Wenn ich jedes Mal einen Cent dafür bekommen hätte, wenn meine Mutter diesen Spruch gesagt hat. Spoiler Warnung: oft! Stellt euch vor, ihr bringt eure neue Freundin aus der Schule mit nach Hause. Eure Mutter unterhält sich gerade mal drei Minuten mit ihr und als sie weg ist, ist das erste was sie sagt:

„Ich habe kein gutes Gefühl bei ihr.“

„Hä??? Warum das denn? Du kennst sie doch gar nicht! Du kannst doch nicht nach drei Minuten über sie urteilen. Du weißt ja gar nicht, wie sie sonst ist!“

Wie ihr seht, fiel ich automatisch in einen Verteidigungsmodus. Es kränkte mich, dass meine Mutter mein eigenes Urteil infragestellte und selbst so schnell bewertete. Deshalb machte ich mir auch nicht viel aus ihrer Meinung. Ich ignorierte sie einfach.

„Ich habe ein gutes Gefühl bei ihr.“

Andersherum gab es das Phänomen aber auch. Nicht oft, aber hin und wieder kam es vor. Wieder sprach meine Mutter gerade mal drei Minuten mit meiner Freundin und schon hatte meine Freundin den Test, von dem keiner wusste, bestanden. Auch hier machte ich mir nicht viel aus ihrer Meinung, schließlich fand ich all meine Freund:innen super!

Was, wenn die Eltern die eigenen Freund:innen nicht mögen?

Auf diese Frage gibt es keine eindeutige Antwort. Je nach Situation haben Eltern vermutlich mal mehr mal weniger zu reden. Meine Eltern verbaten mir nie den Kontakt zu irgendeiner Freundin, aber bei meiner Schwester schon. Sie war etwa elf, als sie sich bei dem damaligen Portal MSN anmeldete und durch eine verwechselte E-Mailadresse mit einem dreißigjährigen Mann schrieb. Meine Schwester wusste nicht, wie problematisch es ist, wenn ein älterer Mann den Kontakt zu einer Minderjährigen sucht. Als das herauskam, verbaten sie ihr den Kontakt – meiner Meinung nach zurecht! Außerdem musste sich der Typ eine geflissentliche Standpauke von meinem Vater anhören, der angeblich nicht wusste, dass meine Schwester erst elf war…

Ansonsten glaube ich, dass die Meinung der Eltern einen selbst durchaus prägen kann. Das meine ich sowohl im positiven als auch im negativen Sinne. Je nachdem wie die Wertung lautet, manifestiert sich diese im eigenen Kopf – ob man will oder nicht.

Und dann der Tag des „jüngsten Gerichts“: Meine Mutter hatte recht.

Tatsächlich stellten sich die Freund:innen, bei denen sie kein gutes Gefühl hatte, früher oder später als toxisch heraus. Die Freundschaft hielt nie lang und wenn, dann bestand sie aus einem unausgeglichenen Machtverhältnis, das mir früher oder später zum Verhängnis wurde.

Meine beste Freundin jedoch, die sie damals den „Test“ sofort bestanden hatte, ist noch heute an meiner Seite. Seither hatte sie fast immer mit ihrem Empfinden recht und lag nur ein, zwei Mal daneben.

Es war absurd. War ich derart verblendet gewesen nicht selbst zu erkennen, wie wenig mit diese Freundschaft gut tat?

Es hatte aber auch etwas Gutes. Denn in meinen späteren Freundschaften erkannte ich schneller, wenn eine Person zu mir passte oder nicht passte. Kleine Feinheiten – ein herrischer Tonfall zum Beispiel – fielen mir auf Anhieb auf. Auf diese Weise konnte ich meine eigenen Grenzen besser wahrnehmen (wenn auch nicht immer respektieren, aber das ist eine andere Baustelle).

Jetzt aber die große Frage:

Warum hatte meine Mutter diesen Riecher?

Ich habe zwei Theorien. Die erste lautet, dass sie irgendeine mütterliche Superkraft hat und fühlt, welcher Umgang gut für ihr Kind ist. Etwas esoterisch, ich weiß. Aber hey, nur, weil man etwas nicht sieht, heißt das nicht, dass es nicht existiert…

Die zweite – und durchaus wahrscheinlichere – lautet, dass sie einen objektiveren Blick hatte als ich. Während ich während meiner Jugend oft versuchte, gemocht zu werden und dazuzugehören, konnte sie wie aus einer Vogelperspektive auf das Geschehen blicken. Sehen, was ich nicht sah. Wie ich mich gelegentlich zum Affen machte, um anderen zu gefallen. Wie andere meine Grenzen ignorierten und ich es zuließ. Wie ich nicht wusste, was eine toxische Freundschaft war, bis es zu spät war.

Aber nach drei Minuten?!

Hierauf habe ich noch immer keine Antwort. Ich glaube nämlich nicht, dass man einen Menschen nach nur drei Minuten vollends einschätzen kann. Ich selbst habe oft das Gefühl, dass ich vor allem am Anfang sehr krampfig und überhaupt nicht „ich“ bin. Erst nach und nach taue ich auf. Aber vielleicht ist das wirklich die mütterliche Intuition, die ich vorhin aufgezeigt habe…

Keinen Riecher für die Partnerschaften!

Bei meinen Freundschaften liegt meine Mutter fast immer richtig, aber was meine festen Freunde anging, hatte sie stets den falschen Riecher. Derjenige, bei dem sie ein „gutes Gefühl“ hatte, wurde fortan als „größter Herzschmerz“ bekannt. Ich habe auch hier einige Theorien, aber die würden den Rahmen dieses Beitrags sprengen, deshalb komme ich bei Gelegenheit ein anderes Mal dazu.

Wie war oder ist es mit euren Eltern? Haben/Hatten sie ebenfalls einen Riecher für gesunde und ungesunde Freundschaften? Und wie seid ihr damit umgegangen, wenn sie eure Freund:innen nicht mochten?

Liebe Grüße
Mounia

Mounia
About me

Ich - 25 Jahre alt, Studentin, Kinderanimateurin, begeisterte Hobbyköchin und abenteuerlustig! Meine absolute Leidenschaft ist das Schreiben und Festhalten von Momenten.

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