Traditionen – Sollten wir lernen, sie loszulassen?


Viele Menschen beklagen sich darüber, dass immer mehr Traditionen verloren gehen und nur noch selten von den Nachkommen fortgeführt werden. Ich habe mir Gedanken zu dem Thema gemacht und mir die Frage gestellt, ob wir vielleicht sogar lernen sollten, Traditionen loszulassen.

Ich erspare euch mal die Definition von Traditionen, denn die kennen wir alle. Wir alle haben welche, einige origineller als andere. Fest steht, dass wir Traditionen ehren, schätzen und auf jeden Fall fortführen möchten.

Wenn Traditionen auf die „neue Welt“ treffen…

Traditionen sind deshalb so besonders, weil sie einen langjährigen Bestand haben. Nicht immer kooperieren diese mit den aktuellen Werten der Zeit.

Ein typisches Beispiel ist das Feuerwerk an Silvester.

Zu Jahresbeginn wird geböllert und geknallt, was das Zeug hält. Alle Supermärkte füllen sich mit Raketen, die um Null Uhr in die Höhe geschossen werden und das neue Jahr begrüßen. Millionen Gelder werden damit gemacht, aber das ist es wert, denn die Tradition muss schließlich gehalten werden.

Doch in heutigen Zeiten wird das traditionelle Feuerwerk sehr kontrovers diskutiert. Die lauten Geräusche verschrecken nicht nur Tiere, sondern Menschen oder mit Kriegstraumata. Außerdem ist die Diskussion um das traditionelle Feuerwerk in einer Epoche, in der das Thema Nachhaltigkeit sehr viel Repräsentation erhält, das reinste Minenfeld. Nur an einem einzigen Tag wird 4.500 Tonnen Feinstaub freigesetzt, was natürlich die reinste Luftverschmutzung ist. Ganz zu schweigen von dem ganzen Müll, der dabei entsteht …

Wegen Mutter Erde und aus Rücksicht auf andere wird also gebeten, diese Tradition aufgeben. Viele Verstehen die Hintergründe, aber viele sind noch nicht bereit, die Tradition zu brechen.

Einige Traditionen tun niemandem weh.

Ostereier suchen zum Beispiel. Oder eine Schultüte am ersten Schultag. Die Freude, die einem Kind gemacht wird, ist unschlagbar. Ich weiß noch, mit wie viel Freude ich meine eigene Schultüte in der Kita gebastelt habe. Den blauen Buntstift, der daran klebte, habe ich sogar immer noch.

Aber ist eine Schultüte streng genommen nicht auch unnötiger „Konsum“? Hier fangen eventuell schon die ein oder anderen Zähne an zu malen, unter anderem auch meine. Denn obgleich die meisten die Kritik an das Silvesterfeuerwerk verstehen, hört die Toleranz bei trivialen Dingen wie der Schultüte auf. Und ich verstehe es. Traditionen sollten auch nicht komplett über Bord geworfen werden, denn streng genommen besteht unser ganzes Leben aus Konsum.

Ebenfalls schwer abzulegen sind religiöse und kulturelle Traditionen.

Das Stichwort lautet Weihnachten! Das ganze Konzept von Weihnachten ist im Grunde die reinste Tradition. Da fängt es schon beim Baum an, den die meisten bei sich der Deko wegen stehen haben und anschließend wegschmeißen. Aber Weihnachten ohne Baum? Nein, das wäre doch nicht dasselbe. Und ein Plastikbaum ist auch nicht dasselbe … Niemand will verschwenderisch sein, aber Traditionen ablegen ist gar nicht so leicht.

Das gilt auch für Hochzeiten!

Ich hatte schon mehrere Auseinandersetzungen mit meiner Mutter, weil ich partout nicht in Marokko heiraten möchte (woran ich ohnehin noch längst nicht denke!) Herumgetragen werden, auf einem Thron sitzen und dauern das Out fit wechseln? Nein, danke. Meiner Familie ist es allerdings unsagbar wichtig, die Tradition zu wahren. Es scheint fast, als würde es dabei gar nicht um die Eheschließung und das Feiern der Liebe gehen, sondern einzig und allein um die Tradition.

Außerdem regt es mich auf, dass ich, wenn ich in Marokko bin, nur einen Finger mit Henna bemalen kann. Die ganze Hand zu verzieren, machen nur verlobte oder verheiratete Frauen – eine  kulturelle Tradition, die nicht gebrochen wird! Aber warum nicht? Wen juckt es, wie wie viel Farbe ich auf meine Hände klatsche?

Sollten wir lernen, Traditionen loszulassen?

Ich glaube, dass es immer schwer ist, von Gewohnheiten Abschied zu nehmen. Besonders heikel wird es bei Traditionen, weil erstens noch viele andere mitreden und es gar nicht mehr um sich selbst geht. Ich finde das Fortführen von Traditionen eigentlich sehr schön, glaube aber auch, dass es wichtig ist, sie loszulassen, wenn sie nicht mehr zeitgemäß sind.

Wie wär’s damit, Traditionen einfach etwas zu frisieren?

Traditionen müssen nicht sofort abgelegt werden, aber vielleicht wird eine Alternative für sie gefunden, die zeitgemäßer ist. Es wird ja schon fleißig an umweltfreundlichen Feuerwerk geforscht, genau wie es inzwischen Verleihe für Weihnachtsbäume gibt, die nach Weihnachten wieder zurückgebracht und im nächsten Jahr wiederverwendet werden.

Wie wär’s mit ganz neuen Traditionen?

Alte Traditionen abzulegen bedeutet nicht, sich gegen neue aufzulehnen. So richtig neue, also welche, die ganz einzigartig euch und eurer Familie und euren Freunden gehören. Sicher haben viele von euch bereits kleine individuelle Traditionen. Eine meiner langjährigen Traditionen ist, dass ich, wenn ich meine Mutter zum Flughafen fahre, ihr immer ein paar Klatschzeitschriften kaufe, damit sie für den Flug was zu lesen hat. Auch eine unumstößliche Tradition ist, dass ich meinem Vater aus jedem Urlaub eine Marmelade mitbringe. Keine Tasse, kein Anhänger, sondern eine Marmelade aus dem einheimischen Supermarkt. Traditionen müssen nicht religiös, kulturell, veraltet oder umweltverschädlich sein. Sie können jederzeit entstehen und auch jederzeit abgelegt werden.

Was ist eure Meinung zum Thema Traditionen? Findet ihr auch, dass wir lernen sollten, sie loszulassen?

Liebe Grüße
Mounia

Mounia
About me

Ich - 25 Jahre alt, Studentin, Kinderanimateurin, begeisterte Hobbyköchin und abenteuerlustig! Meine absolute Leidenschaft ist das Schreiben und Festhalten von Momenten.

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