Ist Stolz negativ oder positiv? Und steckt in Stolz gar ein kleines Scham-Monster? 


Ihr Lieben, Steph und ich sind ja bekanntlich am Buch schreiben und freuen uns, wenn wir Gedanken und Idee einfach mit euch diskutieren können – und natürlich eure Meinungen und Erfahrungen dann einfließen lassen dürfen.  Daher, vielleicht etwas „unplugged“ heute einiges zum Thema „Stolz“.

Wir haben uns beim Brainstorming gefragt:

Verstehen wir Stolz als etwas Negatives oder Positives? Wie ist es, mit Stolz umzugehen?
Und steckt in Stolz gar ein kleines Scham-Monster?

1. Béa denkt laut über Stolz und erzählt aus der Kindheit: „Ich bin stolz auf dich!“

Grundsätzlich sage ich gern, vor allem Kindern: „Ich bin stolz auf dich!“. Das habe ich selbst oft von meinen Eltern gehört, und es hat sich gut angefühlt. Sie haben es sogar hinbekommen, mich so fühlen zu lassen, auch wenn ich Mist verzapft hatte. Als ich in der dritten Klasse in einer Prügelei verwickelt wurde – und danach mit der Schulleitung Ärger bekam, standen sie mir nicht zur Seite, sondern ich wurde regelrecht gefeiert. Weil ich jemanden verteidigt hatte.

Gleichzeitig war aber auch schon mal der Stachel ein wenig da: Was ist, wenn ich sie nicht stolz machen kann? Und als ich nach dem Tod meiner Eltern bei meinen Geschwistern in Deutschland war, wollte ich ihnen Dankbarkeit zeigen. Das tat ich, indem ich sie stolz machte: Auf meine Schulleistungen, auf meine Hilfe mit ihren eigenen Kindern, auf meine Unterstützung in ihren Architekturbüros. Ein wenig Druck war das schon… habe es als positiv empfunden.

2. Steph denkt laut und erzählt aus ihrer Studienzeit: Zu stolz sein um Hilfe anzunehmen

Auf etwas stolz sein, wie z.B. unser erstes gemeinsames Buch ist für uns auf jeden Fall positiv. Aber es gibt da auch noch eine andere Konnotation, nämlich wenn man „zu stolz“ ist. Grundsätzlich würde ich von mir nicht behaupten, dass ich zu stolz wäre, aber dann fiel mir folgende Geschichte ein:

Als ich gegen den Willen meiner Mutter anfing zu studieren versagte sie mir jegliche finanzielle Unterstützung und ich musste in meinem ersten Studienjahr mit einem bescheidenen Budget von 400 DM (ja, ich bin so alt) auskommen.

200.- Mark! Davon gingen als Miete für eine umgebaute Wohngarage drauf. Der Rest wollte in Bücher und Essen investiert werden. Luxus war es, einmal im Monat in den Waschsalon zu gehen und so viel Wäsche als möglich in die Maschine zu werfen, die 5.- kostete. Oder wenn das Geld reichte, einen Döner zu essen.

Nach einiger Zeit wurde ich von Freunden immer wieder gebeten, ob ich nicht am Wochenende auf ihre Katze aufpassen würde, sie wollten zu ihren Eltern fahren. Ich hasse Katzen und diese hatte die Angewohnheit regelmäßig zu erbrechen! Aber ich sagte immer ja, denn für mich war der Deal toll, denn ich konnte kostenlos Wäsche waschen und der Kühlschrank war immer mit leckeren Lebensmitteln gefüllt. Also tat ich ihnen den Gefallen. Zumindest war das meine Sicht der Dinge.

Jahre später, ich hatte inzwischen besagte Eltern kennengelernt, konnte ich mir die Frage nicht verkneifen, warum um Himmelswillen sie so regelmäßig nach Hause gefahren waren. Ihre Antwort hat mich tief berührt und ich habe mich auch ein bisschen geschämt. Sie lautete: „Du wärst viel zu stolz gewesen einfach so bei uns zu essen und Wäsche zu waschen, also mussten wir einen anderen Weg finden, Dir zu helfen.“

3. Béa über Partner-Hypothesen und Stolz: Peinlichkeit überwinden

Stephs Beispiel zeigt, wie einfühlsam das ist, wenn die anderen unser Stolzempfinden schonen… Allerdings gibt es auch die andere Variante, wenn wir zu viel Angst haben, jemanden in sein Stolz zu verletzen und eine Kommunikation unterbinden, die dem anderen langfristig gesehen nützt.

Ihr kennt das bestimmt, wenn euch keiner sagt, wenn der Hosenlatz offen ist oder noch ein Salatblatt euer Lächeln beeinträchtigt? Als ich Chef in meiner Firma war, lief ich in Hochsommer in ein Zimmer einer Mini-Abteilung und… mir haut es den Atem weg! Was tut? Ich merkte, dass in mir das kleine Fremdschäm-Monster trommelte: Wie werden sich die Männer fühlen, wenn ihre Chefin sie auf Körpergeruch anspricht? Das ist doch voll peinlich!!!

Ich raffte mich auf: Wohl wissend, dass wir viel Kundenkontakt hatten, gab ich allen einige Stunden frei um nach Hause zu gehen und zu duschen, mit der Bitte, auch Deo zu benutzen. Mir ist es nicht leicht gefallen – habe das aber für nötig erachtet.

Zu schön, als einer von den Kollegen in der Abteilung einige Wochen später mit einem kleinen Blümchen zu mir kam und sich bedankte. Er sagte, er versuchte es schon länger, bei einer ganz tollen Frau zu landen – und just an dem Abend des einen Tages hätte es geklappt. Einige Tage später waren sie auch zusammen, und sie verriet ihm, dass sie ihn an dem einen Tag zum ersten Mal gut riechen konnte!

Dann war ich wieder stolz auf mich, dass ich mich aufgerafft hatte, das zu thematisieren!

Und wie ist es bei euch? Womit verbindet ihr „Stolz“ – und welche Geschichten habt ihr dazu?

Liebe Grüße,

Steph und Béa

Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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