Zu viel „Nein!“ wirkt nicht mehr – Positiv mit Kindern reden


Als meine Tochter ganz klein war, so kurz nach dem zauberhaften Moment, als sie auf eigenen Beinchen die ersten Schritte tat, nahm das Unheil seinen Lauf: Alles, wirklich alles musste untersucht, bespielt, erklettert werden – egal wie heiß, wie empfindlich, wie gefährlich!

Was sagt man da als Mutter? Klar: Nein! Nicht! Wegda!
In Kindersprache übersetzt: Super! Spannend! Einfach dranbleiben!

Normale Elternreaktion dazu (lautstark fuchtelnd): NEIN! NICHT! WEGDA!
Für die meisten Kinder übersetzt: Jugend-Forscht-Projekt voll im Gange. YEAH!
Für die Zartbeseiteten allerdings: Schreck. Frust. Ich darf nix.

Wie man’s macht, macht man es verkehrt.
Gute Coaches empfehlen: Wenn etwas nicht funktioniert, mach es ANDERS.

Positiv mit Kindern reden

Den Tonfall zu ändern und statt negativ positiv zu formulieren kann einen großen Unterschied machen: Von Kampf und Genervtheit zum kooperativen Verhalten.

1. Was wir sagen

Mir fällt es leicht, Kindern positive Alternativen anzubieten. Also statt ihnen zu sagen, was sie NICHT dürfen, sage ich ihnen, WAS SIE DÜRFEN.  Zum Beispiel…
…statt „Nicht mit dem Ball drin spielen!“ kann ich sagen: „Spielt mit dem Ball bitte draußen!“
…statt „Nicht das Baby hauen!“ kann ich sagen: „Ganz sanft das Baby anfassen!“
…statt „Hört auf zu streiten!“ kann ich sagen: „Löst das bitte freundlich! Lass mal sehen…“ – und dann mit Fragen helfen, das Problem zu lösen.
…statt „Nicht so laut!“ kann ich sagen: „Lass mal hören, wie leise du das sagen kannst und ich dich trotzdem verstehe!“

Noch was, da ich gerade in Spanien bin und mir etwas Schönes hier auffällt. Die Menschen hier nutzen auch ganz viele Koseworte: „Mi Amor“, „Cariño“, etc – also „Meine Liebe“ oder „Liebling“. Wie wäre es mit einer kleinen liebevolle „Sprachgeste“ dazu, gerade mit Kindern?

2. Wie wir es sagen

Kinder anzuschreien und anzuherrschen finde ich weder schön noch fair. Es ist de facto auch Gewalt! Und mal ganz ehrlich, als Tochter eines waschechten Cholerikers weiß ich, dass sich auch Schreckeffekte tierisch abnutzen. Bei meinem Papa war ich total gewohnt, dass er mehrfach am Tag herumschrie… pfft. Ging ja zum Glück vorbei. Meine Mutter explodierte nur zwei Mal pro Jahr und dann war es ERNST!

Allerdings halte ich von einer zu süßen Säuselstimme nicht viel, wenn es darum geht, etwas zu erreichen… Oder noch schlimmer, wenn wir piepsig werden, weil wir uns aufregen!

Außerdem finde ich, dass gerade Mädchen von uns Müttern sich eine geschäftsfähige Stimmlage abgucken sollten, für später. Eine klare, selbstsichere, souveräne Stimmlage! Hier ist eine kleine Videoanleitung, wie ihr zu eurer Überzeugungsstimmlage kommt:

Kleine Anmerkung aus der Leserschaft, als ich das Video bei Facebook publiziert habe – Florian Schütze schrieb: Kann ich als Logopäde nur unterstreichen. Eine ganze Oktave tiefer halte ich allerdings für ein bisschen hoch bzw. tief gegriffen in dem Fall. Ich bezeichne den Optimalbereich gerne mit dem unteren Drittel des normalen Sprechstimmbereiches, ohne das Gefühl zu haben, die Stimme verstellen zu müssen. Ist auf Dauer auch eine sehr gute Stimmprophylaxe.“

Also zurück aber zum Thema: Mir hat es mit meinem Kind und auch im Umgang mit vielen anderen Kindern geholfen, mit positiven Worten und einer Überzeugungsstimmlage zu reden. Und dann ein gezieltes NEIN zu nutzen, wenn ich eine echte Gefahr abwenden musste.

Was meint ihr? Hilft euch diese Anregung? Könnt ihr auch positiv mit Kindern reden?

Liebe Grüße,

Béa

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Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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2 Kommentare

Ina
Antworten 12. Februar 2019

Das unterstütze ich absolut, vor allem auch das positive Formulieren, also so wie du es erwartest oder was du stattdessen tun kannst. „Hör auf“ ist nicht nur ein vermeintlicher motivator weiterzumachen, sondern ist total unklar: Womit soll ich aufhören? Das mag für uns vollkommen klar sein, nicht aber unbedingt für das Kind. Béa, hast du schon mal von Marte Meo gehört? Da geht es ganz viel um das positive Formulieren und das Hervorheben dessen, was schon klappt, gerade wenn viel nicht klappt und bei viel unerwünschtem Verhalten.

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