Phrasen, die wie Entschuldigungen klingen, oder keine sind? Was sind Non-Apologies?


Wer Mist gebaut hat, sollte sich entschuldigen. So haben wir das als Kinder gelernt. Dabei kann der Versuch oft in die komplett falsche Richtung gehen. Ich habe kürzlich zum ersten Mal von den sogenannten Non-Apologies gehört, die zwar wie Entschuldigungen klingen, aber kein Schuldeingeständnis enthalten. Hier erfahrt ihr mehr darüber.

„Es tut mir leid.“

Wir lernen den Satz von klein auf und sagen ihn beinahe tagtäglich. Die meisten Entschuldigungen, die wir im Alltag von uns geben, sind Höflichkeitsfloskel. „Entschuldigung, kann ich mal durch?“, „Entschuldigung, das habe ich nicht verstanden“, „Oh sorry, habe ich dich angerempelt?“

Doch dann gibt es die Entschuldigungen, wenn wir jemand anderen um Verzeihung bitten. Eigentlich ist es immer löblich, Schuld einzuräumen und sich zu entschuldigen. Aber welche Entschuldigung kommt von Herzen und welche besteht bloß aus leeren Worten?

Seit Jahren denke ich an die Worte einer ehemaligen Freundin.

„Es tut mir leid, dass du so empfindest.“

Für den Kontext: Ich hatte mich getraut, ein heikles Thema anzusprechen, bei dem ich ihr sagte, wie ich mich fühlte, wenn sie mich in bestimmten Situationen zu etwas drängte, selbst, wenn es in ihren Augen nichts Großes war. Sie verstand es nicht, immerhin zwang ich sie doch zu gar nichts. Ich hätte  jederzeit nein sagen können, und sie hätte mir ganz bestimmt nicht die Kopf abgerissen, wenn ich nicht ihrem Willen beugte. Das Einzige, das ich bekam, war ein „Es tut mir leid, dass du so empfindest.“

Und dann versöhnten wir uns. Obwohl der Frust noch immer in mir brodelte. Und heute weiß ich auch warum.

Das war keine richtige Entschuldigung!

Vielmehr war es eine Zusammenfassung meiner Gefühle, deren Schuld sie vollständig von sich abwies. Und das ist eine Non-Apology.

Während ich darüber nachdachte, wurde mir klar:

Mist, das habe ich ja auch schon mal gemacht. Ich habe mich fake-entschuldigt.

Da war zum Beispiel die eine Situation, in der mein Freund sich darüber beschwerte, dass ich ihn mit einer seiner Eigenarten aufzog. „Das ist doch nur Spaß“, wehrte ich seine Worte ab. „Sei doch nicht so empfindlich, du weißt doch, dass es überhaupt nicht böse gemeint ist.“ Daraufhin war er noch beleidigter und erst viel zu spät, wurde mir klar, dass er wirklich verletzt war. Ich entschuldigte mich, aber auch die war irgendwie etwas halbherzig. „Tut mir leid, aber du musst auch verstehen …“

Und hier beginnt auch schon das Problem.

„Es tut mir leid, aaaaaber ….“

Entschuldigung + Rechtfertigung. Natürlich ist es wichtig, sich zu erklären, vielleicht auch, damit die Person weiß, dass es einen triftigen Grund gibt. Aber wann und wo haben sie welchen Raum?

Bei einer Entschuldigung geht es ja in erster Linie um Schuldeinräumung. Ist diese „abgeschlossen“, kann man sich dem nächsten Thema zuwenden.

Weitere Non-Apologies (und ich schäme mich sehr, dass mir die ein oder anderen ebenfalls mal über die Lippen gerutscht sind):

„Sorry, aber du bist auch echt empfindlich …“

Hach ja, Gefühle absprechen. Wer hat sich nach einer solchen Entschuldigung je besser gefühlt? Nicht nur räumt sie kein bisschen Schuld ein, die Person reagiert mit einem Vorwurf und dreht den Spieß um, nach dem Motto: „Du bist schuld.“

„Na schön, es tut mir leid! Alles, was ich mache ist falsch, ich bin der schlimmste Mensch auf der Welt! Zufrieden?“

Und dann gibt es noch die „dramatische“ Non-Apology, die überhaupt nicht auf den Konflikt eingeht. Stattdessen drückt sie eine verschleierte Beschwerde aus, da die Person (die eine Entschuldigung fordert) offenbar alles an einem auszusetzen hat und man es ihr nie recht machen kann.

Dabei muss es gar nicht so ausarten. Wer sich aufrichtig entschuldigen möchte, hat nur Folgendes zu beachten.

Zuhören. Den Fehler eingestehen. Verantwortung tragen. Besser machen.

Menschen brauchen meistens erst die Einsicht, was ihr Verhalten oder ihre Worte beim anderen bewirkt haben. Dazu ist Kommunikation nötig, und der Wille, die Bereitschaft zu verstehen. In einem Austausch, in dem es nicht um Schuld, sondern um Verantwortung geht – und um ein Wohlergehen aller Beteiligten. Daher ist vielleicht nicht mal die „Ent-Schuldigung“ nötig, sondern die Geduld, zuzuhören und sich mit dem Schaden des anderen auseinanderzusetzen. Wenn das erfüllt ist, dann ist die Entschuldigung auch gar nicht mehr so wichtig. Stattdesen tragen beide mit freiem Willen dazu bei, dass die Beziehung zueinander besser wird, und sie gemeinsam Strategien finden, um ihre Bedürfnisse zu erfüllen.

Entschuldigungen können auch nachträglich kommen.

Ich finde nicht, dass Entschuldigungen ein bestimmtes Zeitfenster haben und dann die Chance für immer verstrichen ist, und glaube, dass sie auch später kommen können. Ich habe mich schon öfter für vergangene Situationen entschuldigt, die ich heute aus einem anderen Blickwinkel sehe. Genauso habe ich auch schon nachträgliche Entschuldigungen bekommen. Das ist doch schön!

Kennt ihr das Phänomen der Non-Apologies? Wie geht ihr mit ihnen um?

Liebe Grüße
Mounia

Mounia
About me

Ich - 25 Jahre alt, Studentin, Kinderanimateurin, begeisterte Hobbyköchin und abenteuerlustig! Meine absolute Leidenschaft ist das Schreiben und Festhalten von Momenten.

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