Tinkerbell ist Schwarz – Erneuter Rassismus Shitstorm, der langsam etwas lächerlich wird …


Alle Jahre wieder passiert es: Eine Weiße Disney Figur wird durch eine Schwarze ausgetauscht und das Internet kocht. Der erneute Shitstorm trifft auf die Neuverfilmung von Peter Pan. Tinkerbell ist Schwarz und der erneute Rassismus-Shitstorm wird langsam echt lächerlich …

Wir hatten dasselbe Problem mit Arielle. Die Menge ist ausgerastet, weil die Rolle der Tinkerbell in der Neuverfilmung Peter Pan and Weny“ von Yara Shahidi, einer wunderschönen Schwarzen Schauspielerin verkörpert wird. Im Zeichentrickfilm ist sie allerdings Weiß, was für großen Unmut sorgt.

Anmerkung Béa: Wir schreiben im Folgenden Schwarz und Weiß groß, weil es die politischen Bezeichnungen sind und damit nicht die Hautfarbe gemeint ist!

Aber warum Unmut eigentlich? Warum ist es so schwer zu verkraften, wenn eine fiktive Figur (ein Fisch oder eine Fee) bei einer Adaption eine andere Hautfarbe bekommt? Warum der Frust und die Wut, wenn die andere Hautfarbe doch nichts an der Handlung ändert?

Natürlich ist der gute alte Rassismus.
Aber das Problem: Dies wollen viele nicht einsehen.

Die meisten Menschen bezeichnen sich selbst nicht als rassistisch, finden ihn, im Gegenteil, sehr schlimm, und machen sich stark für Gleichberechtigung. Die typischen Floskeln sind: „Ich bin ja echt nicht rassistisch, aaaaaber ….“

Das Problem ist, dass wir alle rassistisches Gedankengut in uns tragen. Es ist uns anerzogen und ein so tiefes, strukturelles Problem, dass wir es oft gar nicht als eines wahrnehmen.

Nun gut, schauen wir uns mal die typischen Vorwürfe an:

„Aber die Figuren sollen originalgetreu bleiben.“

Eins muss uns allen klar sein: Wenn wir etwas adaptieren, weicht es immer ein bisschen von der Norm ab. Niemand dreht einen Film, um einen alten exakt zu kopieren. Im Buch von J.M. Berry ist Tinkerbell nur ein schnelles Licht ohne eine richtige Gestalt. Erst Disney hat sie zu der blonden Fee mit dem grünen Kleid gemacht. Bei dem Film „Hook“ aus dem Jahr 1991 hat Julia Roberts als Tinkerbell kurzes rotes Haar hat und ein braunes Gewand. In dem Fall hat sich auch niemand beschwert. Und nun ist sie eben Schwarz, so what?

Abgesehen davon weichen unsere Helden ständig von der Norm ab, ohne, dass wir ein großes Aufsehen darum machen.

Nehmen wir zum Beispiel mal Harry Potter. Da stört es auch niemanden, dass er in den Filmen blaue Augen hat und nicht grüne. Und dass Hermine ein wunderschönes intelligentes Mädchen ist, ist auch nicht „original“, da sie in den Büchern mit ihren buschigen Haaren und den Hasenzähnen als nicht gerade „schön“ bezeichnet wird …

„Muss man wirklich alles ändern?“

Ich finde, es geht nicht ums Ändern, sondern vielmehr ums neu definieren und an die heutige Zeit anpassen. Die Serie Bridgerton ist ein tolles Beispiel, in dem die Neuadaption wunderbar funktioniert. Abgesehen davon wird nicht allesgeändert. Wir reden hier von einer einzigen Rolle (eine Tinkerbell, eine Arielle, ein Bibliothekar, bei „Die Schöne und das Biest“), und nicht dem ganzen Cast.

„Das zerstört meine Kindheit.“

Zu diesem Argument muss ich, glaube ich, nicht viel sagen, außer, dass es hyperprivilegiert und so was von daneben ist. Wer wirklich glaubt, dass eine schwarze Tinkerbell die Kindheiten zerstört, ist nicht nur äußerst rassistisch, sondern vermutlich auch nicht ganz bei Trost.

Doppelmoral lässt grüßen?

Warum regt uns eine Schwarze Tinkerbell eigentlich derart auf, aber nicht, wenn eine POC-Figur durch eine Weiße ersetzt wird? So war es nämlich jahrzehntelang. Weiße Menschen schlüpften in die Rollen von asiatischen Kriegern und Pharaonen, ohne, dass sich jemand darüber beschwerte. Mehr noch, werden sie sogar verteidigt. Ich weiß noch, wie stark sich die Menschen für Scarlett Johansson gemacht haben, als sie in Ghost in the Shell einen japanischen Charakter verkörperte, und dafür eine Menge White-Whashing-Kritik erntete.

Und Jesus! Den hätte ich fast vergessen, dabei ist er das Paradebeispiel. Und bei ihm stört es auch keinen, dass er immer als Weißer Mann dargestellt wird, obwohl er es aus geographischer Sicht gar nicht sein konnte …

Viele haben kein Problem mit White Washing, wohl aber, wenn eine Schwarze Person in die Rolle einer Weißen schlüpft. Doppelmoral?

Eine schwarze Tinkerbell ist wichtig für die Welt

Medien haben einen Einfluss auf uns, und wenn wir etwas nicht zeigen, bleibt es unsichtbar. So fühlen sich nämlich viele Schwarze Menschen hier in Deutschland. Sie stechen immer überall heraus, und doch werden sie immer übergangen und unsichtbar gemacht.

Ich bin mit dem Gedanken aufgewachsen, dass ich weniger wert bin als Weiße Menschen. Wenn man mich mit einer anderen braunen Schülerin verwechselte, wurde mir meine Individualität abgesprochen. Das ging so weit, bis ich mich irgendwann selbst unterordnete. Ich dachte wirklich: Weiße sind besser/ schöner/erfolgreicher als ich. Ich spiele in einer anderen Liga, bin nicht mit ihnen gleichgestellt, und kann gar nicht so viel wert sein, wie sie. Ein Teil von mir denkt noch heute so. Es ist schwer, diese tief verwurzelten Gedanken abzulegen.

Diversity ist kein Trend, die Welt braucht schwarze Repräsentationsfiguren

Jahrzehntelang wurden Schwarze Menschen entweder gar nicht repräsentiert oder sehr stigmatisiert oder haben die Rolle des eindimensionalen Schwarzen besten Freundes bekommen, über den man nichts weiß, außer, dass er ständig Witze macht und gut im Basketball ist. Weiße Menschen können sich oft nicht vorstellen, wie es ist, in einer Welt aufzuwachsen, in der sie nicht die Norm sind.

Normalerweise beende ich meine Beiträge immer mit der Anleitung zu einer Diskussion. Diesmal tue ich das nicht. Rassismus ist keine Meinung, deshalb sehe ich keinen Sinn, über verschiedene Ansichtsweisen zu diskutieren. Wer glaubt, dass eine Schwarze Tinkerbell blöd ist, dem würde ich mal raten, in sich hineinzuhorchen und ehrlich zu fragen, woher diese Gedanken kommen.

Mehr zum Thema findet ihr hier:

Diversität erweitert unseren Horizont: Warum Repräsentation in Medien uns alle prägt

Wir sind alle anders und doch gleich viel wert – 10 Kinderbuchtipps mit mehr Repräsentation von Andersartigkeit

Liebe Grüße
Mounia

P.S. von Béa. Ich habe inzwischen zwei Bücher entdeckt, die enorm weiterbilden zu dem Thema Rassismus und die ich gerade parallel lese:

exit RACISM: rassismuskritisch denken lernen von Tupoka Ogette 

und

Nice Racism: How Progressive White People Perpetuate Racial Harm Englisch Ausgabe  von Robin DiAngelo 

Mounia
About me

Ich - 25 Jahre alt, Studentin, Kinderanimateurin, begeisterte Hobbyköchin und abenteuerlustig! Meine absolute Leidenschaft ist das Schreiben und Festhalten von Momenten.

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2 Kommentare

Benjad Salem
Antworten 11. Juni 2023

Ich fände es auch super wenn im nächsten Muhammed Ali Film, der Boxer von einem Weissen gespielt wird....Aber das würde natürlich auch nicht gehen, weil Rassismus..... Bestehende Rollen einfach so massiv zu ändern ist falsch und verlogen. Lasst uns doch neue Rollen schaffen in der alle Menschen aller Coleur einen Platz finden können.

    Béa Beste
    Antworten 12. Juni 2023

    Hm, zwischen Fantasiefiguren, die qua Vorstellungskraft ummodeliert werden können und echte Menschen, die tatsächlich existiert haben, ist ein gewaltiger Unterschied, finde ich. Da Storytelling universell ist, kann es ja sein, dass für sehr viele Kinder in anderen Kulturkreisen Tinkerbell in ihrer Vorstellung jeweils anders war - und jetzt gilt es nur, das Bewusstsein dazu zu schärfen, was wiederum ein Gedankenspiel ist. Etwas Historisches zu verändern, ist da durchaus ein anderes Territorium. Viele Grüße, Béa

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