„Schwul“, „Mädchen“, „Behindert“ – die Reaktionen auf unseren Artikel
Ihr habt bestimmt neulich den Beitrag gelesen <<„Mädchen“ oder „Schwul“ als Beschimpfung für Jungs und Männer bitte unterlassen!>> Hier möchte ich noch mal die interessantesten Reaktionen darauf festhalten, denn wir haben euch gefragt, wie das bei euch ist und wie die Kinder das finden.
Es gab viele, die ähnliche Erfahrungen mit solchen Beschimpfungen gemacht haben, zum Beispiel Jasmin Müller:
<<Mein Sohn (9) hat lange Haare und wurde des öfteren in der Schule von Kindern als Mädchen beschimpft, da Jungs nur kurze Haare tragen dürfen (laut Kinder).
Wir sagten dann, dass er antworten soll: „Wenn ich ein Mädchen sein soll, sind dann Mädchen mit kurzen Haaren Jungs? Warum dürfen Mädchen kurze Haare und Jungs keine langen Haare tragen? Wer sagt, dass Jungs keine langen Haare tragen dürfen?“
Die meisten Erwachsenen entscheiden halt über die Kinder (Haarfrisur und Kleidung) und somit kennen es Kinder nicht anders und verstehen meistens nicht, dass unsere Kinder über sich selbst entscheiden dürfen.
Mein Sohn wächst unter 3 Schwestern auf, aber das Wort Mädchen ist hier kein Schimpfwort, das wird hier nicht als Schimpfwort benutzt. Genauso wenig wie das Wort „schwul“. Ich habe in der Familie eine homosexuelle Person und meine Kinder verstehen sich super mit dieser Person, die Person ist auch verheiratet und es stört uns nicht.
Behindert wird hier erst recht nicht als Schimpfwort benutzt, meine Schwester ist schwerstbehindert und meine Kinder lieben sie, meine Schwester kam gesund zur Welt und wurde mit 3 Monaten schwerstbehindert. Bei uns sind diese Gruppen ein Bestandteil der Gesellschaft.>>
Input aus der eigenen Redaktion – Bee, die Tochter von Doro, schrieb:
<< Warum benutzt man Begriffe als Beleidigung, wenn sie das eigentlich überhaupt nicht sind? Was ist so schlimm daran, dass manche Menschen schwul sind? Seit wann sind Mädchen keine Menschen mehr, die man mit Respekt behandelt? Das kann man Kindern jetzt schlecht so einfach beibringen, aber wenn jemand so etwas zu einem sagt, so what?
Erstens mal muss man sich nicht rechtfertigen, schwul oder nicht, es ist und sollte keine Beleidigung sein. Und wenn das nächste Mal jemand als Mädchen beleidigt wird: Mädchen sind stark und schlau und haben’s drauf.
„Du wirfst wie ein Mädchen“, ja und wenn du fleißig weiter übst, kannst du das eines Tages vielleicht auch.
Oft sind Jungs, die andere Jungs als „schwul“, „Schwuchtel“ etc. beschimpfen, sind selbst nicht ganz so hetero und haben eigene internalisierte Homophobie. Das ist jedoch nie eine Entschuldigung für solch ein Verhalten. Warum kann man diese ganzen Begriffe nicht verwenden als Komplimente oder wenigstens die Negativität wegnehmen?
Schwul sein ist normal, ein Mädchen zu sein ist normal und Schwuchtel ist meiner Meinung nach ein echtes Schimpftwort, dass man einfach komplett aus seinem Vokabular entfernen sollte. Die einzigen Menschen, die das Recht haben sollten, einen solchen Begriff zu benutzen, sind schwul und bezeichnen etwa sich selbst so oder Freunde, von denen sie WISSEN, dass sie kein Problem damit haben und es ist ohnehin dann meist als Scherz/Neckerei gedacht.
Traurig genug, dass man so etwas je sagen muss, aber es ist 2018.
2017, 1917, 1417. Es sollte keinen Unterschied machen, in welcher Zeit man lebt, um ein guter Mensch zu sein, doch wird man immer mehr informiert über alle möglichen Themen und Identitäten etc., die nicht der gesellschaftlichen Norm entsprechen. Nur, weil jemand kein Draufgänger ist, nur weil jemand vielleicht gerne andere Klamotten oder auch Nagellack trägt, nur weil jemand nicht einem Stereotyp entspricht, nur weil jemand anders ist, ist er nicht weniger wert, respektiert und geliebt zu werden.>>
Philipp Blum, der schon mal mit mir zusammengearbeitet hat früher bei der Tollabox, meldet sich zu Wort und meint, man müsse eigentlich immer dazu Stellung nehmen:
„Beim Sexismus verliert einfach jeder. Ob Mann oder Frau, ob Mädchen oder Junge. Männer sollen keine Gefühle zeigen und keine Schmerzen spüren. Mädchen sollen keine Abenteuer erleben und später als Frau keine Karriere machen oder sich sexuell ausleben. Mich macht es traurig zu sehen, dass diese Denkweise auch noch an die nächsten Generationen weitergegeben wird. Ich muss aber zugeben, dass ich da auch bisher viel zu wenig drauf geachtet habe, was ich aber schon vor einer Weile erkannt habe. Man darf das auch nicht einfach ignorieren und muss was sagen, auch wenn es nicht das eigene Kind ist. Alleine schon um zu zeigen, dass nicht alle Menschen so denken.“
Bettina Czemmel schlug einen anderen Weg vor:
Vielleicht einfach mal andersrum denken: Man kann jedes Wort als Schimpfwort benutzen, solange der andere sich dadurch beschimpft fühlt. Wenn also jemand sagt: „Du bist so ein Mädchen“, dann einfach bedanken und weitermachen.
Und Sabrina Nikolic hatte die Idee zu einer anderen Argumentation, die die Absurdität der Beschimpfung unterstreicht:
Jaja das leidige Thema. Jungs sollen nicht weinen. Hm…. aber jede Frau will später einen Mann der Gefühle zeigen kann…. 🤔
Das Schlusswort dazu überlassen wir Nadi White:
Menschen in jeglicher zu Form beschimpfen bitte unterlassen.
Ist das nicht eigentlich das Allerbeste, was meint ihr?
Liebe Grüße,
Béa
- 03. Aug 2018
- 2 Kommentare
- 1
- Beleidigungen, Beschimpfungen, geschlecht, Geschlechter, Reaktionen, Schlagfertigkeit
Melanie Grohrock
9. August 2018Ich glaube, die Ursprünge dieser "Mädchen", "Junge", "Schwul", "Behindert", ... Unterscheidungen sind gar nicht negativ gemeint. Meine Tochter ist drei Jahre alt. Seit kurzem ist es auch für sie wichtig, dass sie ein "Mädchen" ist. Für sie sind aktuell lange Haare das Kennzeichen für ein Mädchen, kurze Haare das Kennzeichen für einen Jungen (obwohl wir langhaarige Männer im Bekanntenkreis haben). Sehen wir eine kurzhaarige Frau ist die erste Frage: "ist das ein Mann?" Für sie wäre es ein absolutes Drama ihre Haare kurz schneiden zu lassen, weil sie dann "ein Junge wird". Im ersten Schritt sind also (zumindest bei uns) die Begriffe "Junge", "Behindert", "Mann", "Frau" der Wunsch des Kindes, Dinge zu unterscheiden. Die Frage ist: wie gehen wir damit um und wie prägen wir unsere Kinder. Gehen wir ganz natürlich mit diesen Begriffen um, oder ist es verwerflich, einen behinderten Menschen in der Öffentlichkeit als "behindert" zu titulieren? Darf man den schwulen Mann in der Öffentlichkeit als "schwul" titulieren? Verbieten wir das, machen wir diese Begriffe zu Schimpfworten...