Wie können wir mit Kindern über Paris und Brüssel reden – und den Terror?


Es ist Schreckliches passiert in Paris und jetzt in Brüssel und viele wissen nicht, wie sie darüber mit den Kindern reden sollen. Hier einige Tipps, wie das geht – ohne Anspruch auf Vollständigkeit und Weisheit, aber mit etwas Erfahrung als Mutter und Mensch, der oft in verschiedenen Situationen Eltern zur Seite gestanden hat. Also: Wie können wir mit Kindern über Paris reden – und den ganzen Terror?

Kinder nehmen aktiv an unserem Leben teil und bekommen mit, was uns berührt und bewegt. Die Medien sind allgegenwärtig und liefern Bilder und Worte, die die Kinder nur zu leicht aufschnappen – genauso wie Fetzen der Erwachsenengespräche. Und dazu kommt auch noch, dass sie auch Intuitionstierchen sind und unsere Stimmungen empfindlich spüren… So zu tun, als wäre nix los, würde es bedeuten, sie mit angsteinflößenden Gedanken alleine zu lassen. Ihnen aber zu viel zu erzählen, mit allen schrecklichen Details, würde sie mit zu viel Trauer und Gewalt konfrontieren. Was ist richtig? Wie viel können sie ab?

Wir müssen nach Alter unterscheiden:

Bis zum Vorschulalter (ca. 5-6 Jahren) einfach nur auf Fragen reagieren

Kinder bis ca. 5 Jahren haben es noch nicht drauf, Ängste oder andere verwirrende Informationen in sich hinein zu fressen. Deswegen können wir uns darauf verlassen, dass sie schon fragen werden, was passiert ist – wenn sie etwas mitbekommen haben. Außerdem ist für sie der Tod meistens noch etwas Abstraktes. Hier ist es am besten, mit kurzen und kappen Antworten zu reagieren und auf ihre weiteren Fragen zu warten. „Es sind in Frankreich bzw. Belgien plötzlich viele Menschen gestorben.“ könnte ggf. reichen. Wenn das berühmte „Warum?“ kommt, ist die richtige Antwort: „Es sind böse Menschen, die sich selbst und andere umgebracht haben.“ Wenn es weiter in der „Warum?“-Kette geht, dann könnte eine Antwort sein: „Genau weiß ich das auch nicht, aber die Polizei wird dies aufklären.“

Zeigt am besten keine Bilder dazu. Die Kinder sind zu jung, um sie zu verstehen – gerade Bilder würden sie unnötig verängstigen. Wie sehr euch das auch bewegt: Lasst nicht permanent den Fernsehen an mit den ganzen Berichterstattungen, das verwirrt und macht auch die Kinder bange. Vor allem versucht, selbst oder im Familienkreis Spekulationen zu vermeiden, wie sehr das bei uns auch passieren könnte!

Ab ca. Grundschulalter sollten Eltern aktiv das Gespräch suchen

Die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder ab ca. 6 Jahren etwas mitbekommen haben – und vor allem, wenn die Familie versucht, sie in Unwissen zu lassen, möglicherweise sich auch nicht trauen, das anzusprechen, ist eher groß. Fragt ruhig nach, ob sie etwas mitbekommen haben – und wenn dann Fragen kommen, gilt es darauf auch wieder Schritt für Schritt zu reagieren und kindergerecht zu erklären, was passiert ist. Am wichtigsten dabei ist, auch bei älteren Kindern nicht zu viel in die Details und in schrecklichen Bildern einzusteigen, sondern auch relativ kurz und knapp die Lage zu erklären. Ich haben auf dem SciLogs-Blog von Spektrum der Wissenschaft einen sehr guten Sprechtext für euch gefunden, von der Religionswissenschaftlerin und Pädagogin Marion Mahnke:

Freitag „Nacht ist etwas sehr Schlimmes passiert. In Paris haben ein paar Leute Attentate begangen. Es sind Terroristen und sie haben dabei viele Menschen verletzt und getötet.Das ist eine schreckliche Sache. Aber ihr sollt wissen, dass das Dinge sind, die gelegentlich passieren. Genau wie Unfälle. Sowas ist schrecklich und kann passieren. Aber wir brauchen nicht davon ausgehen, dass es UNS auch passiert.

Terroristen wollen Aufmerksamkeit. Deshalb suchen sie sich meist Ziele wo die Menschen hinschauen. Berühmte Orte zum Beispiel. Oder eben Ereignisse wo Fernsehen und Zeitungen sowieso schon da sind um zu berichten. 

Und sie wollen möglichst viel Schaden anrichten, damit die Menschen sich fürchten und Angst vor ihnen haben. Sie glauben, dass die Menschen dann das machen was die Terroristen wollen.“ (Hier könnt ihr noch mehr lesen)

Ihr könnt ruhig zugeben, dass euch das bewegt und sogar beängstigt. Versucht dennoch, eine optimistische Grundeinstellung zu bewahren und nicht ganze Zweifel an der ganzen Menschheit aufkommen zu lassen. Kinder kennen auch Geschichten und Filmen durchaus Bösewichte, die Unheil anrichten – auch in diesem Fall werden sich gute und schlaue Menschen zusammen tun, um dieses Böse nicht siegen zu lassen.

Generell gilt aber: Mehr Zuhören als selbst reden!

Was generell auch sehr hilfreich ist, ab einem gewissen Punkt selbst Fragen zu stellen und das Kind erzählen zu lassen: „Was hast du mitbekommen?“, „Was hast du gesehen?“, „Was macht die Angst?“. Genauso wie bei Alpträumen ist es machmal wichtiger, den eigenen Speicher zu leeren als ihn neu aufzuladen.

Und ich hoffe, dass dieser Alptraum auch schnell vorbei sein wird…

Nachtrag – ein Kommentar auf FB, das mich beeindruckt hat:

Eva Busch „Meine Tochter ist 5 und hat gefragt, was da in Paris passiert ist. Sie bekommen es überall mit. Sie weiß, dass niemand böse ist. Sie selbst hat es verstanden. Sie sagt, es gibt Gutes und Böses im Herzen eines jeden Menschen. Er selbst ist dafür verantwortlich, was er rausholt. Fand ich eine tolle Erklärung, die sie gegeben hat.“

Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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4 Kommentare

Chipotlepunk
Antworten 16. November 2015

Liebe Tollabea,

der Text ist sehr schön geschrieben. Ergänzend möchte ich noch ans Herz legen, mit den Kindern Kindernachrichten zu sehen und zu hören. Diese gibt's im KIKA bei Logo, auf arte bei arte junior journal (jeweils in der Mediathek verfügbar), ansonsten im Kinderradio (kiraka.de) und bei vielen anderen Kinderradios der Öffentlich-Rechtlichen.
Gerade bei arte junior wurde meinem Empfinden nach fundiert, ruhig und sachlich erklärt, was zu erklären ist, aber nicht zu umfangreich. Das erspart mir als Mutter viel Erklärerei von Dingen, die ich selbst nicht wirklich verstehe zu erklären, so dass ich auch nicht Gefahr laufe, Dinge falsch zu erklären. Ich habe beide Nachrichten gemeinsam mit meinem Sohn in der Mediathek geguckt, dann war das Sachliche erklärt, danach habe ich mir viel Zeit genommen für das Emotionale.
Schöne Grüße von der Beelzefrau/Chipotlepunk

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