Die Geschichte der zwei Füchse: Alles aufsparen oder alles sofort?
Meine Geschichte mit der Ziege hat euch gut gefallen, weil sie so voller Lebensweisheit steckt, nicht wahr? Nun möchte ich euch eine weitere Geschichte, die mich seit meiner Kindheit begleitet, erzählen.
Sie handelt davon, wie wir eine gute Balance finden zwischen sofortiger Bedürfnisbefriedigung und das Aufsparen für die Zukunft. Ich habe immer wieder daran gedacht, wenn ich mich zwischen diese zwei Optionen entscheiden musste, und es hat mir geholfen.
Die Geschichte der zwei Füchse
Es gab einmal in einem Wald zwei Füchse. Sie hießen Allesa und Alesso mit Vornamen. Vollständig, also mit Familiennamen, hießen sie Allesa Ufsparen und Allesso Fort. Sie waren sich von Außen gesehen fast ähnlich, hatten weiches, rotes Fell, zarte schwarze Pfoten und eine pechschwarze Nase. Nur, dass Allesso etwas schwerer war als Allesa… naja, er futterte doch gern. Aber davon gleich mehr.
Als unser beiden Füchse eines Abends, kurz nach Sonnenuntergang, sich aus dem Wald trauten und um den Hof des Bauern Großknall herumschnupperten, merkten sie, dass just an jenem Abend der Hühnerstall offen war! Offen!!!
In der Fuchswelt rankten sich Legenden um den Hühnerstall.
Alle Füchse erzählten sich von viiiiielen unzähligen Hühnern und noch viiiiiel mehr unzähligeren Eiern vor Ort. Im Hühnerstall.
Aber kein Fuchs ist je im Hühnerstall gewesen… zu groß die Angst vor Bauer Großknall und seinem Schießgewehr.
Der eine oder andere aus der Fuchsgemeinschaft in Walt hatte schon mal ein verlorenes Ei gefunden… ganz getreu dem Motto: Ein blinder Fuchs findet schon mal ab und zu ein Ei, nicht wahr? Und einige ganz mutige hatten schon mal einen Huhn gerissen, was der Bauer mit ganz schrecklichen Schüssen versucht hat abzuwehren. Die Oma von Allesa und den Großonkel von Allesso hat es ganz schrecklich erwischt.
Doch an dem Abend sahen Allesa und Alesso, wie der Bauer mit seinem Schießgewehr in seinem Geländewagen einstieg und wegfuhr. Ohne den Hühnerstall zu schließen! Er düste davon.
Allesa und Alesso warteten und warteten… und die Motorgeräusche entfernten sich immer mehr!
Aus dem Hühnerstall ertönte Gegacker… und ein köstlicher Duft (na gut, für Füchse köstlicher Duft!) stieg Allesa und Alesso in die Schnauzen…. und…
„Rein jetzt!“ lautete es in Fuchssprache.
Allesa und Alesso spurteten gleichzeitig in den Hühnerstall und… da wollen wir nicht tiefer in Details eingehen, falls Kinder mitlesen, aber allenfalls richteten die beiden ein Massaker an. Ihr wollt es euch gar nicht vorstellen. Es liegt in der Natur der Füchse.
Und dann? Nun standen sie da und es ging darum, wie es weiter ging.
Allesa beschloss, möglichst viele Hühner und Eier in den Fuchsbau zu schleppen und für den ankommenden Winter zu horten. Als Futterreserve. Sie schnappte jeweils einen Huhn ins Maul und rannte hin und her in den Wald. Und dann auch einzelne Eier. Und dann noch einige Hühner… Immer gieriger rannte sie hin und her mit den Reserven!
Allesso hingegen sagte sich: Ach, lieber gleich verspeisen! Und haute sich vor Ort den Bauch voll mit lecker Huhn und ganz viel rohen Eiern. Mmmhm lecker. Soo lecker. Auch wenn der Magen fast platzte, wollte Allesso sich den Schmaus nicht entgehen. Da geht noch was!
Zu dumm, dass Allesa und Alesso, so beschäftigt wie sie waren, den Bauern Großknall gar nicht mehr hörten, wie er zurückkam…
Und da stand er in der Tür des Hühnerstalls! Allesso war aber so vollgefressen, dass er nicht mehr vom Fleck kam. Ich brauche euch nicht zu erzählen, was der Bauer mit ihm machte.
Allessa hätte eine Chance gehabt, wenn sie sofort alles losgelassen hätte und sofort gerannt wäre. Leider konnte sie sich auch nicht von dem Huhn trennen, das sie noch in den Bau schleppen wollte… und auch sie war zu langsam… Schade eigentlich!
Hätten sich die beiden für einen gesunden Mittelweg entschieden!
Hätten sie 2-3 Eier gleich verspeist… dann 2-3 Hühner in den Bau gebracht, für die nächsten Tage… hätten sie beide ein „Genug“ gefunden… dann hätten sie das Ganze überlebt.
Beide Füchse waren auf ihre Art maßlos – und das ist ihnen zum Verhängnis geworden.
Ich erinnere mich oft an diese Geschichte, wenn ich entschieden muss: Alles aufsparen oder alles sofort?
Und dann finde ich den Mittelweg.
Könnt ihr was damit anfangen? Und habt ihr auch solche Geschichten?
Liebe Grüße,
Béa
- 19. Oct 2020
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