Welchen Wolf füttere ich gerade? – Achtsamkeitsgeschichte über zwei Wölfe


Heute möchten wir euch die zwei Wölfe vorstellen, die in jedem von uns existieren.
Wir erleben täglich Streit, Wut, Hass und Schlimmeres. Kinder sind mit Situationen konfrontiert, die ihnen Angst machen. Heute Abend hat unsere Achtsamkeitskolumnistin mindfulsun eine sehr schöne Geschichte für euch – und ihre Reflexion dazu zusammen mit der Erfahrung, wie ihr Sohn folgende Geschichte aufgenommen hat:

Die kleine Geschichte von zwei Wölfen kennt ihr die schon?
Sie wird in unterschiedlichen Versionen erzählt.

Mich hat sie sehr berührt. Und wenn ich spüre, ich werde wieder unachtsam, hole ich sie mir wieder ins Gedächtnis. Diese Legende der Cherokee ist auch der Grund für meinen derzeitigen Social Media Detox.

Die zwei Wölfe in uns und der Kampf der inneren Kräfte

Am Abend sitzt ein Cherokee Häuptling mit seinem Enkelsohn am Lagerfeuer. An diesem Tag hatte der Junge einen lautstarken, zornigen Streit zwischen anderen Dorfbewohnern mitbekommen.
„Großvater, warum streiten sich Menschen?“, fragte der Junge. Denn ihn beschäftigte, was er da miterlebt hatte.
Der Großvater dachte eine Weile nach und nach einer Zeit des Schweigens sagte er: „Einer ist voller Ungeduld, Zorn, falschem Stolz, Gier, Arroganz, Neid, Eifersucht und Egoismus. Der kleinste Anlass lässt ihn sofort reagieren und oft Schaden anrichten.
Der andere Wolf ist erfüllt von Güte, Mitgefühl, Demut, Empathie, Liebe, Frieden, Großzügigkeit, Dankbarkeit und Hoffnung.
Und diese Wölfe kämpfen stets miteinander.“

„Habe ich diese Wölfe auch in mir?“, frage der Junge.
„Ja, sie kämpfen in jedem von uns.“, antwortete der Großvater.

Der Junge dachte einen Moment nach „Welcher Wolf wird gewinnen, Großvater?“
Der Häuptling lächelte und sagte: „Der, den du fütterst.“

Mich hat diese Geschichte sehr beeindruckt. Sie berührt mich jedes Mal, wenn ich daran denke.

Die Moral von der Geschichte: Für mich symbolisieren diese beiden Wölfe vor allem Achtsamkeit. Denn auch ich habe, wie jeder Mensch, diese Wölfe in meiner Brust. Ich möchte den unachtsamen Wolf nicht füttern.

Diese Geschichte habe ich auch meinem Sohn erzählt, als er mich fragte, warum ich meditiere und was Achtsamkeit überhaupt bedeutet. Worauf ich sehr achte und das finde ich – gerade bei Kindern – wichtig:

Ich spreche nicht von einem guten Wolf und dem bösen Wolf. Den richtigen Wolf gibt es nicht: Beide sind Teil von uns!

Es gibt keine guten und bösen Gefühle, alle Gefühle sind Teil von uns. Früher habe ich das in positive Gefühle und negative / schlechte Gefühle unterteilt. Heute sind es für mich angenehme und unangenehme Gefühle. Die positiven Gefühle wollte ich gerne behalten. Die negativen Gefühle wollte ich loswerden.
Das funktioniert allerdings nicht.

Wir entscheiden, was wir daraus machen und wie wir reagieren und handeln. Wir entscheiden, ob wir den Zorn – den dunklen Wolf füttern und unsere Wut an Menschen auslassen. Oder ob wir uns dem Mitgefühl und der Fähigkeit zu Verzeihen hinwenden. Mit der Wut gesund umgehen lernen! Wissen: Sie ist ein Teil von mir und möchte mir etwas mitteilen. Wir haben die Wahl zu geben oder egoistisch zu sein. Wir können uns bewusst dafür entscheiden, uns und andere nicht zu bewerten und zu beurteilen. Es liegt in allen von uns, in unseren Herzen!

Manchmal führe ich mir die Geschichte der zwei Wölfe vor Augen. Besonders wenn ich merke, ich werde wieder unachtsamer.

Ich möchte jeden Tag bewusst und achtsam den mitfühlenden und gütigen Wolf stärken. Der Wolf nährt sich auch davon, dass ich gute Gewohnheiten kultiviere.
Das ist für mich Teil meiner Selbstfürsorge.

Ich weiß, der andere Wolf ist auch ein Teil von mir und das habe ich akzeptiert. Denn auch das ist wichtig: Ihn zu bekämpfen, kostet mich zu viel Kraft und Energie. Ich kann diese Gefühle annehmen und ich kann mich entscheiden, nicht danach zu handeln. Und ich kann mit Selbstmitgefühl auf mich schauen: Mich nicht dafür verurteilen, dass ich diese Gefühle in mir habe. Auch mit Selbstmitgefühl füttere ich den achtsamen Wolf: Der, in dem meine Werte und die „guten Eigenschaften“ lebendig sind.

Diese Geschichte erinnert mich daran, dass ich jeden Tag von Neuem – mit den scheinbar kleinsten Entscheidungen, Taten und Worten – die Wahl habe, anderen Menschen und auch mir etwas Gutes zu tun. Manchmal ist der bedeutende und einzige Unterschied, wie ich eine Situation wahrnehme: Mich achtsam damit zu verbinden und bewusst nach positivem Ausschau zu halten. Achtsamkeit hilft mir bei der inneren Ausrichtung und Sicht auf meine Gedanken und Gefühle.

Achtsamkeitsübungen, besonders Meditation sind hier für mich unerlässlich. Denn Meditation schafft den Raum dafür, meine Gedanken und Gefühle anzuschauen, ohne zu bewerten. Ich kann an den Veränderungen alter Mustern arbeiten, um den achtsamen Wolf zu stärken. Das hat auch den Hintergrund, dass durch Meditation im Gehirn neue neuronale Verbindungen gebildet werden.

Denn ich habe für mich festgestellt: Diesen mitfühlenden Wolf zu füttern, stärkt ihn und mich. Und das tut auch den Menschen um mich herum gut.

Mein Sohn hat sich diese Geschichte sehr genau angehört. Und er versucht auch, achtsamer zu reagieren – nicht mehr aus dem ersten Impuls heraus. Natürlich frage ich meinen Teenager nicht: „Welchen Wolf fütterst du gerade?“ Er kann sich das selbst fragen. Ich spüre, wie es in ihm arbeitet und wie er sich verändert.

Vielleicht hat euch diese Geschichte von den zwei Wölfen auch berührt. Und vielleicht ist sie für euch auch eine Inspiration: für euch selbst und für Gespräche mit euren Kindern. Ich finde sie einen wertvollen Start für einen gemeinsamen, achtsamen Weg. Hier eine wundervolle animierte Version:

Konkrete Übungen für und mit Kindern kommen demnächst. Denn auch das Stärken des achtsamen Wolfes kann visualisiert und somit geübt werden.

Ich hoffe, der eine oder andere von euch wird in dieser Woche in mancher Situation an diese Geschichte denken: „Welchen Wolf füttere ich gerade?“

eure mindfulsun

PS: Ich habe bewusst auf die Version der Geschichte des weißen Wolfes und dem Wolf der Dunkelheit verzichtet, in der der eine Wolf die guten Träume und der andere Wolf böse Träume bringt. Weil träumen im Unterbewusstsein stattfindet und ich keinen Einfluss darauf habe.

Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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