„Ich konnte mich immer auf dich verlassen und habe dich nicht genug gelobt“ – Gespräche mit meiner Mutter


Was gibt es, was ihr bei eurer Erziehung bereut? Was würdet ihr im Nachhinein anders machen? Ich habe neulich ein interessantes Gespräch mit meiner Mutter geführt und herausgefunden, dass sie es unter anderem bereut, mich nicht genug gelobt zu haben.

Das Thema Lob interessiert uns schon seit einer ganzen Weile. Immer beleuchten wir es aus verschiedenen Punkten. Lob ist wichtig, heißt es, aber zu viel ist auch nicht gut. In einem unserer Beiträge haben wir schon darüber geredet, wie „richtiges“ Loben geht. In diesem geht es jedoch nicht primär um das Loben, sondern eher ums fehlende Loben und die nachträgliche Reue darüber.

„Gibt es irgendwas, was du rückblickend anders machen würdest?“

Diese Frage stellte ich meiner Mutter. Sie blies die Backen auf und dachte eine Weile nach. Natürlich gab es eine Menge, sagte sie, schließlich sei man im Nachhinein immer schlauer. Aber was ihr als Erstes in den Sinn kam, war, dass sie mich viel zu wenig gelobt hatte.

„Ach echt?“, fragte ich zurück, denn es war mir nie bewusst eingefallen. Sie erzählte mir, dass sie es anfangs absichtlich nicht tat, um mich nicht zu verhätscheln. Ich sollte schließlich nicht immer auf die Anerkennung anderer hoffen. Aber der andere Grund war folgender:

„Ich konnte mich immer auf dich verlassen.“

Damit meinte sie, dass sie mir schon als Kind blind vertraute. Ob es nun um Geld ging, das sie mir in die Hand drückte, um eine kleine Besorgung zu erledigen, oder auf meine Schwester aufzupassen. Nie musste sie sich um mich sorgen, dass ich rebellierte, betrunken nach Hause kam oder irgendwas Verbotenes tat (die Pubertät holte mich schließlich erst mit Anfang 20 ein!). Dafür lobte sie mich nie, denn es war irgendwann so selbstverständlich wie Atmen.

Die Dynamik blieb fortbestehen. Sie gewöhnte sich an den Zustand des Nicht-Lobens und ich tat es auch. Deshalb kann ich auch nicht sagen, dass mir das „nicht genug loben“ wirklich gefehlt hat.

„Aber du hättest es verdient“, räumte meine Mutter ein und wirkte. „Das würde ich im Nachhinein ändern.“

Plötzlich war meine Mutter ganz emotional und zählte Dinge auf, die ich allesamt vergessen hatte. Wie ich dieses und jenes getan hatte, wie reif ich für mein Alter war und wie gern sie in die Zeit zurückreisen würde, um diesem Kind zu sagen, wie toll es das gemacht hat.

Und dann wurde ich emotional. Wie bereits gesagt – meine Mutter lobt mich nicht oft und das war die reinste Lob-Explosion. Ich war gerührt, aber auch überfordert. Warum, weiß ich auch nicht. Natürlich ist Lob etwas Schönes, aber es hat auch etwas Bewertendes, genau wie wann man ausgeschimpft wird.

Die Dosis macht’s!

Wir beide kamen zu dem Entschluss, dass es sicher nicht schlimm gewesen wäre, wenn sie nicht so sparsam mit dem Loben gewesen wäre, aber zu viel Lob auch nicht ideal war. Mein Vater zum Beispiel ist das komplette Gegenteil. Er lobt uns so oft, dass mein Freund mich einmal fragte, ob er es ernst oder ironisch meint. Nein, sagte ich ihm, er sei wirklich stolz, dass meine 24-jährige Schwester das Grünzeug gegessen habe. Manchmal erwische ich mich dabei, dass es mich überrascht, wenn seine übertriebenen Lobkundungen ausbleiben. Verrückt, oder? Das ist wohl das, wovor meine Mutter sich gefürchtet hat – dass ich auf Anerkennung warte.

Ich weiß gar nicht genau, ob dieser Beitrag ein richtiges Fazit hat …

Was ich jedoch sagen kann, dass mich das Gespräch mit meiner Mutter sehr glücklich gemacht und gerührt hat. Ich würde es ihr niemals vorwerfen geschweige denn nachtragen, dass sie mich etwas weniger gelobt hat. Trotzdem ist es schön zu wissen, dass sie es so sieht.

Wie sieht es bei euch aus? Gibt es etwas, was ihr bei der Erziehung eurer Kinder im Nachhinein anders machen würdet? 

Liebe Grüße
Mounia

Mounia
About me

Ich - 25 Jahre alt, Studentin, Kinderanimateurin, begeisterte Hobbyköchin und abenteuerlustig! Meine absolute Leidenschaft ist das Schreiben und Festhalten von Momenten.

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