Zum JOKER werden, ist nicht schwer! Gesellschaftskritik passend zum Film


Ich möchte euch heute ein Geschichte erzählen. Eine Geschichte aus dem wahren Leben.

Ganz eventuell interpretiere ich die erlebte Situation heute anders, als ich sie vor einer Woche interpretiert hätte. Ganz eventuell hat der aktuelle Film JOKER etwas damit zutun.

Jetzt mal zur Gute-Nacht-Geschichte für euch alle da draußen – erlebt vom Mann, erzählt von mir:

Es ist Montagmorgen. Der ICE startet 6 Uhr von Berlin, Richtung München. Es ist der neueste ICE, alles ist wirklich sehr sauber.

Die Fahrgäste – hier der 1. Klasse – haben sich eingerichtet.

Der Schaffner betritt ca. 10 Minuten nach Start am Hauptbahnhof das Abteil. Er begrüßt jeden Fahrgast unfassbar freundlich und individuell. Ein Künstler um diese Uhrzeit!

Vor mir sitzt ein Ehepaar, ein älteres. Als der Schaffner das Ehepaar bittet, die Fahrkarte zu zeigen, öffnen sich alle Schotten und die Triaden: „Was ist das hier für ein Saustall? Können Sie das mal sauber machen?“ etc., abgefeuert von der Dame, brechen über das gesamte Abteil ein. Der Schaffner erwidert galant, ohne persönliche Rache: „Oh, vielen Dank für ihre Fahrkarte, ihre Beschwerde werde ich weiterleiten!“

Die Dame zetert weiter, jetzt zusammen mit ihrem Mann. Es ist kein Ende in Sicht.

Über den Gang, am Vierertisch, sitzen 3 zueinander gehörende Kollegen und ein einzeln reisender Herr.

Alle 3 Kollegen zeigen ihre Tickets nach der Aufforderung.

Der Einzelreisende reagiert nicht. Erst nachdem er wiederholt höflichST mit: „Würde es dem Herrn etwas ausmachen, sein Ticket zu zeigen?“ angesprochen wurde, reagiert dieser mit: „Ja, würde es!“

Und spätestens jetzt wären wir alle doch mental am Ende.

Erst die Dame, die ihre MontagsmorgenSalven über den nettESTen Schaffner auf dieser Erde abfeuerte. Gleich darauf der Alleinreisende, der – wie sich später auch noch heraus stellte – sein Ticket in der schweren Aktentasche über sich geparkt hatte.

Und jetzt frage ich euch alle, wie oft habt ihr schon einmal ungezügelt Salven auf niedere Menschen abgefeuert.

Niedere Menschen, die Dienstleistungen für euch erbringen: die Frau hinter der Supermarktkasse, die eurer Ansicht nach nicht schnell genug kassiert; der Kellner, der zu lange braucht, um die Speisekarte zu bringen? Nur, weil euch danach war und ihr dachtet, euch danach besser zu fühlen.

Was wäre, wenn der Mensch euch gegenüber tagein, tagaus ungezügeltes Verhalten ertragen müsste und sich irgendwann einfach wehren würde?

Ständiges Gemotze und Gezeter gehen an keiner Menschenseele vorüber. Jedes Wort verändert das Gemüt.

Wir alle predigen unseren Kindern Nettigkeit, Wohlverhalten – aber verhalten wir uns immer mit einem Lächeln im Gesicht?

Natürlich gibt es auch Tage, an denen es uns allen irgendwie bescheiden geht, wenn der Kopf nicht funktioniert, wenn Streit mit dem Partner war, wenn gesundheitliche Diagnosen gestellt wurden.

Aber unser Gegenüber, der Unbeteiligte, kann doch nichts dafür. Der Gegenüber möchte doch nur nett sein und seinen Job machen. (Also, meistens zumindest, sicher gibt es auch Mufflons unter den Menschen.. aber um die geht es hier nicht!)

Ich wünsche mir einfach, dass wir mehr Nettigkeit unter uns versprühen. Ein Kompliment hier, ein Lächeln da, einfach mal den Müll vom Vordermann unkommentiert aufheben – weil’s doch so viel schöner ist.

Neulich habe ich einfach aus Spaß zu der Dame vor mir an der Supermarktkasse gesagt: „Mensch, können sie das nicht schneller aufs Band legen?“ Darauf um uns herum Stockstarre, als ich aber gezwinkert habe, realisierte sie und alle anderen auch, dass das ein Spaß war. Alle lachten und dachten kurz darüber nach, dass wir hier in Deutschland so etwas ja wirklich auch ernst gemeint dem Unbekannten gegenüber an den Kopf schmettern.

Zurück zur Bahnsituation: Hättet ihr Partei ergriffen, die Dame in ihren Salven unterbrochen, sie zur Besinnung gebracht? Hättet ihr euch übertrieben freundlich beim Schaffner für seine unfassbare Freundlichkeit bedankt?

Ich möchte nicht spoilern, aber der Film trifft die beschriebene Situation auf den Punkt. Wer JOKER noch nicht geschaut hat oder aber Angst vor der so viel zitierten Gewalt hat, dem sei gesagt – geht rein und überzeugt euch, die Gewaltsituationen sind vorhersehbar und man kann da ja kurzzeitig die Augen schließen! Mehr aktuelle Gesellschaftskritik gibt es momentan nicht im Kino.

Und jetzt los und verteilt lächelnde Mundwinkel und nette Worte!

Alles Liebe,

Eure Yvonne

Zur Transparenz: Kinotickets zum Film – selbst bezahlt! 

Yvonne Petzke
About me

Berliner Mom of 3 * zert. PersonalTrainer * Laufcoach * Beckenbodenkursleiter (M/W) * * noch mehr Sport-/ BewegungsThemen und Persönliches über mich und mein Leben auch als UltraLäuferin findet ihr auf Instagram unter @yvonnepetzke

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