„Kein Tag, der nicht voller Zaubermomente ist!“ – eine Regenbogenfamilie im Interview
Daniela von Siebenkilopaket habe ich auf einer Veranstaltung der Zeitschrift Eltern kennengelernt: Sie fiel mir auf, weil sie eine so positive Ausstrahlung hat und voller Energie ist. Ich dachte: Die Frau setzt bestimmt um, was sie denkt und will. Und dann wurde die Geschichte noch besser!
Denn sie hat bereits umgesetzt, was sie wollte: Als lesbische Frau eine tolle Familie zu haben. Eine Regenbogenfamilie! Hier erzählt sie uns mehr darüber, im Interview.
Liebe Daniela, du bist Teil einer Regenbogenfamilie. Erzähl mal, wer seid ihr und wie habt ihr eueren Kinderwunsch wahr gemacht?
Ich bin Daniela und wohne mit meiner Frau und unserem zweijährigen Sohn in der Nähe von Hamburg. Wir sind schon seit fast 15 Jahren zusammen und für uns war sehr schnell klar: Wir wollen zusammen alt werden. Als Familie, mit Kind(ern) und allem, was dazu gehört… Nur: In einer homosexuellen Beziehung wird man nicht wirklich überraschend schwanger. Wir haben lange überlegt, wie wir eine Lösung finden, mit der alle, insbesondere das Kind, glücklich werden können.
Dabei hat eine Tatsache eine besondere große Rolle gespielt: Ich kenne meinen Vater nicht. Ich bin wohlbehütet aufgewachsen, für mich war es nie ein Thema und ich habe nie darunter gelitten. Aber meine Mutter hat lange, blonde, glatte Haare, helle Augen und noch hellere Haut – sie ist das komplette Gegenteil von mir. Ich hätte meinen Vater gerne gesehen, sei es auch nur auf einem Foto, damit für mich klar ist, warum ich so aussehe wie ich aussehe.
Das wollte ich unserem Kind ersparen. Auch wenn es inzwischen die Möglichkeit gibt, den Spender einmal (nach 18 Jahren) kennenzulernen war ich immer davon überzeugt, dass die beste Lösung für unsere Familie die wäre, den Spender in der Nähe zu wissen und ein gutes Verhältnis zu ihm zu haben.
Besser hätte es uns nicht treffen können: Ein langjähriger Freund half uns dabei, unseren Familienwunsch zu verwirklichen.
Was waren auf diesem Weg die größten Schwierigkeiten? Und was waren die Zaubermomente?
Mit jeder Heiminsemination wurde die Hoffnung kleiner und die Frustration größer. Der Kinderwunsch ließ die Uhr Monat für Monat lauter ticken…
Nach einiger Zeit versuchten wir eine medizinische Erklärung dafür zu finden, warum es nicht klappt. Leider haben wir bis auf Ratschläge wie „es“ auf dem „normalen Weg“ zu probieren, so würden es andere Paare schließlich auch machen, keine ärztliche Unterstützung erfahren. Solche Aussagen machten uns wütend und traurig zugleich. Denn selbst bei heterosexuellen Paaren klappt es auf dem „normalen Weg“ nicht immer. Würde ihnen das Gleiche empfohlen werden? Dass sie „es“ einfach mit einem anderen Partner probieren?
Wir waren zu der Zeit verunsichert und haben vieles hingenommen, was wir heute definitiv anders machen würden.
Nach zwei Jahren unerfüllten Kinderwunschs haben wir uns entschieden, eine Pause zu machen. Nur so konnten wir wieder Mut und Kraft sammeln, um mit neuer Energie und vor allem mit einer neuen Strategie erneut loslegen zu können. Wir wechselten den Arzt und uns wurde endlich geholfen. Nach 3 ICSIs hielten wir endlich den positiven Schwangerschaftstest in den Händen und konnten unser Glück nicht fassen. Seitdem vergeht wirklich kein Tag, der nicht voller Zaubermomente ist!
Wie geht es euch jetzt? Wie reagiert euer Umfeld?
Besser könnte es nicht gehen. Insbesondere jetzt, da die sog. Stiefkindadoption durch und meine Frau somit ein gesetzlicher Elternteil ist.
Wir haben das Glück, dass all unsere Lieben ganz selbstverständlich mit unserer Familienkonstellation umgehen. Der Lütte wurde von allen vom ersten Tag an mit offenen Armen empfangen. Und inzwischen gibt es einige (Regenbogen-)Paare in unserem Freundeskreis, die entweder Kinder haben oder diese planen.
Wir haben diesbezüglich noch nie Anfeindungen erlebt und ich wünsche mir sehr, dass es weiterhin so bleibt. Durch den Blog stehe ich in regelmäßigem Kontakt mit anderen Familien, die vor ähnlichen Herausforderungen und Fragen stehen. Der Austausch und die gegenseitige Unterstützung tun gut, es ist schön zu wissen dass man mit seinen Fragen und Sorgen nicht alleine ist.
Du hast auch eine andere Muttersprache, euer Kind wächst bilingual auf. Wie funktioniert das bei euch?
Ich komme ursprünglich aus Brasilien und spreche mit dem Kleinen Portugiesisch, meine Frau redet mit ihm Deutsch.
Mit meinem Sohn in meiner Muttersprache zu sprechen hat sich anfangs absolut nicht natürlich angefühlt, egal wie viel Mühe ich mir gegeben habe. Ja, 14 Jahre lang kannte ich nichts anderes. Aber jetzt, über 20 Jahre nach meiner Auswanderung, denke ich sogar auf Deutsch. Diese Umstellung, unter der Woche fast nur Portugiesisch zu sprechen, fiel mir nicht leicht. Fakt ist: zum Freitag hin ist mein Deutsch schlechter, nach einem Wochenende mit meiner Frau geht es dann wieder 🙂
Der Lütte macht es super, er versteht beide Sprachen gleich gut, sprechen tut er Deutsch oder seine eigene Sprache. Ich bin mir ganz sicher, dass sich das noch geben wird. Zweisprachig aufzuwachsen ist viel mehr als irgendwann zwei Sprachen sprechen zu können: Es ist ein Teil der Kultur.
Was ist dir am wichtigsten beim Bloggen? Und warum eigentlich der Name des Blogs?
Siebenkilopaket. Eins kann ich verraten: Der Lütte war zwar die Sensation im Kreißsaal, aber nicht wegen seines Gewichts ? Den Namen benutze ich bestimmt seit 10 Jahren. Und zwar weil bei der Einrichtung eines E-Mail-Kontos alle Namen schon vergeben waren. Also habe ich das erste Wort genommen, welches ich in einer Zeitschrift gelesen habe. Es ging um ein sieben Kilo schweres Paket, das nicht zugestellt werden konnte (und ich frage mich bis heute, was darin wohl gewesen sein mag). Zu gerne würde ich eine ganz spektakuläre Geschichte dazu erzählen, aber leider gibt es diese einfach nicht.
Mit meinem Blog möchte ich zeigen, wie vielfältig das Familienleben sein kann. Insbesondere wie Regenbogenfamilien leben: in eingetragenen Lebenspartnerschaften, als männliches Co-Eltern-Teil, als Pflegefamilie. Aber auch die Hürden einer Stiefkindadoption aufzeigen, genauso wie die vielen Fragen und Unsicherheiten, die wir tagtäglich erleben.
Anmerkung Béa: Es geht aber nicht nur darum ausschließlich. Daniela zeigt im Blog auch ganz viele DIY Projekte und bringt den einen oder anderen Produkttest.
Was habe ich nicht gefragt, was ich hätte fragen sollen? Was liegt dir noch ganz besonders am Herzen auf dieser Welt?
Ja, gibt es! Wie man etwas für die Gleichstellung tun kann. Indem man z.B. diese Petition für die Ehe für alle unterschreibt – damit etliche Hürden endlich abgebaut werden können. Und alle, die gerne den Alltag einer Regenbogenfamilie begleiten möchten, sind natürlich herzlich willkommen! Sowohl auf meinem Familienblog als auch auf Instagram.
Ihr Lieben, ich freue mich sehr, dass ich solche Interviews machen kann: Sie haben sehr viel mit unseren Kernthemen, „Leben als ewigen Kinder“ und Kreativität zu tun. Und ich bin überzeugt, dass solche Familien und Lebenskonzepte unsere Gesellschaft zu mehr Authentizität und eine besseres Leben beeinflussen.
Daher die Bitte: Teilt und erzählt euren Freunden davon. Lieben Dank euch – und natürlich Daniela, ihrer Frau und ihrem Sohn!
Liebe Grüße,
Béa
- 24. Apr 2017
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- Familie, Regenbogenfamilie