Murphy, haha, du Arsch. Wie ich meistens gute Laune in ärgerlichen Situationen behalte.
Ihr kennt das. Nicht nur, wenn wir es am wenigsten erwarten, sondern meistens auch, wenn wir es am wenigsten brauchen können, schlägt Murphy mit seinem blöden Gesetz zu: „Alles, was schief gehen kann, wird auch schief gehen.“
Und wir finden uns in einer Situation wieder, die alle unsere Nerven konsumiert und bei der wir dringend schreien, schlagen, kratzen wollen.
Das habe ich gerade auf meiner USA-Reise gehabt, 3 Tage lang. Klar, ein Teil von mir wollte schreien, schlagen, kratzen. Aber nebenbei habe ich mich auch amüsiert – irgendwie – und habe trotzdem Spaß gehabt. Jede Menge!
Hier Schritt für Schritt meine Prinzipien zur Erhaltung des inneren und äußeren Lächelns – wie ich gute Laune in ärgerlichen Situationen behalte:
Die Story fing damit an, dass ich am Donnerstag, den 10. August mit Air Berlin in die USA losgeflogen bin: Von Berlin über Chicago nach Houston.
Voller Freude postete ich auf Instagram:
Kurz davor gab ich mein Gepäck auf. Also ich war nicht wirklich sicher, ob ich es aufgeben mochte, es hatte Kabinengröße, war aber recht schwer wegen einigen Workshopmaterialien, die ich beruflich brauche. Der Mitarbeiter am Check-In-Schalter zerstreute meine Bedenken: „Geben Sie doch ruhig auf, Sie sind es los, und müssen sich beim Umsteigen nicht ärgern! Sie sehen es in Houston wieder!“. Nun gut. Ich freute mich auf ein reibungsloses Umsteigen. Es sollte anders kommen. Und hier üben wir schon mal das erste Prinzip:
1. Immer flexibel auf neue Informationen reagieren
Kurz vor der Landung meldete sich Murphy per Lautsprecher. Er sprach durch die Stimme des Flugbegleiters, und informierte über zwei Dinge:
Erstens, dass es eine Regelung gibt, dass man bei der ersten Landung am ersten Flughafen in USA sein Gepäck TROTZDEM von Band abholen, es persönlich dem Zoll präsentieren und dann weiter aufgeben muss. Also, mit anderen Worten, dass das Durchchecken bis zum Zielort einfach nicht gilt. (Aha: Murphy hat sich bestimmt auch um die Schulungen des Air Berlin Bodenpersonals gekümmert.)
Zweitens: Wir hatten eine Verspätung von ca. 1,5 Stunden. (Murphy hatte auch noch an den Pass-Kontrollen in Berlin mitgemischt. Also sagen wir so, Murphy ist ja sowieso ganz groß am Werk in Berlin-Tegel. Wahrscheinlich wird der neue Flughafen nach ihm benannt. Der Berlin Murphy International… yeah.)
So, ab jetzt war es mir schon klar, dass ich Murphy austricksen musste. Ich nahm mir vor, wieder in den Besitz meines Koffers zu gelangen und ihn dann einfach mit mir mitzunehmen.
Smart, oder?
Aber Murphy war mir diesmal einen Schritt voraus. Was zum zweiten Gesetz führt:
2. Nicht mit Autoritäten aggressiv anlegen
Nachdem ich Ewigkeiten am Band in Chicago warten musste (Merke: Wenn du Business Class fliegst, erwarte bei Air Berlin nicht, dass Dein Gepäck zuerst auf dem Band erscheint. Murphy findet das neon-orangene Etikett „Priority“ auf Deinem Gepäck grundsätzlich putzig, und schiebt es etwas weiter nach hinten.
So unter den letzten Koffern tauchte auch meiner auf. Ich schnappte ihn, zog ihn lächelnd durch den Zoll und wollte elegant damit zum Ausgang marschieren, um mir meinen Weiterflug zu organisieren. Der Zoll-Officer wies mich aber in die Richtung, wo man das Gepäck wieder aufgibt, da es bis Houston durchgecheckt sei. Ich erklärte nett meine Situation. Der Officer bäumte sich vor mir auf und deutete, dass die Sache alternativlos sei: Wenn das Gepäck bis Houston eingecheckt sei, dürfe ich das jetzt auch nicht rausnehmen. Ich versuchte zu argumentieren. Schon kamen weitere zwei Officers und ich wurde zu der Stelle eskortiert, wo man das Ding wieder aufgeben musste. Ich schätze, wenn ich mich jetzt weiter geweigert hätte, hätte mir Murphy gern so eine Interrogationszelle von Innen gezeigt. Auch wenn ich gern meine Sache verteidigt hätte, ich sah ein, dass es nicht der Ort und die Stelle ist, weiter zu diskutieren. Ich legte lächelnd das Gepäck auf das Band, was mir angedeutet wurde. Und ging meines Weges. Ich winkte meinem Koffer leise zum Abschied. Ich bin ein Berufsoptimist, aber ich bin nicht blöd. Mir war es hier schon klar, dass die Wahrscheinlichkeit, auf dem gleichen Flug wie mein Koffer zu sein gegen Null tendiert. Ab hier war es mir schon klar, dass nur noch Gesetz Nr. 3 helfen würde…
3. Humor nicht verlieren
Leute, ich mache es kurz: American Airlines, mit der ich weiterfliegen sollte, packte mich standby auf drei weiteren Flügen von United und garantierte mir einen Flug am späten Abend. Die Sache mit Standby hatte Murphy wieder in seinen zarten flinken Händchen und es gab jedes Mal keinen Platz für mich, mein Abendflug war ordentlich verspätet.
Ich stellte mir vor, der Genosse hier war auch so einer wie ich, der seinen ursprünglichen Flug verpasst hat…
Der Gedanke erheiterte mich. Auch nach 7 Stunden Wartezeit am Flughafen. So, liebe Freunde des gepflegten Verreisens, was ist schlimmer als Wartezeit am Flughafen? Natürlich viele Dinge in der Welt, wie Krieg, Pest, Kälte, Trump, Erdogan, Löcher in Jeans oder zu weich gekochte Pasta. Aber die korrekte Antwort auf meine Frage lautet: Schlimmer als 7 Stunden Wartezeit am Flughafen sind 7 Stunden Wartezeit am Flughafen, in denen man sich non-stop ärgert! Das tue ich mir nicht an.
Also was tue ich in so einem ausweglosen Fall? Hier kommt Gesetz Nr. 4:
4. Sich trösten und sinnvoll beschäftigen können
Flughäfen haben Shops, Restaurants, Massage-Services und sogar Nagel-Studios. Flughäfen haben meist auch freies WLAN und Steckdosen in Hülle und Fülle. Und Flughäfen haben auch andere nette Menschen, die auch zum Warten verdonnert werden. Also, es gibt jede Menge zu tun an so einem Flughafen…. besser als sich permanent zu ärgern. Ein lecker Latte Macchiato, Caesars Salad, nette Gespräche über doofe Präsidenten: Ich wähnte Murphy im Bettchen, schlafend wie ein Student nach einen Party. Oder gerade im Weissen Haus beschäftigt.
Nix da. Murphy hatte sich klammheimlich an meinen Koffer geklammert. In Houston angekommen, fehlte mein Gepäck. Da ich das fast erwartet hätte, marschierte ich zum Lost & Found und füllte alles aus, was ausgefüllt werden musste. Problem war, dass bereits jetzt schon feststand, dass es der Koffer bis zum nächsten Tag nicht zu mir ins Hotel schaffen würde. Man versprach mir, mich anzurufen und dann könne ich das Gepäck am Flughafen abholen… am nächsten Abend am besten.
Tjanun, warum war ich nach Houston gereist? Ich sollte am nächsten Tag einen Kreativ-Workshop durchführen! Ratet mal, was mir fehlte: Nicht nur Business Klamotten, sondern auch meine Materialien. Aber, ihr wisst, herum jammern hilft nix, mein weiterer Grundsatz ist:
5. Kreativ improvisieren
Ich will euch hier nicht langweilen, auf die Einstellung kommt es an. Ich gehe durchs Leben nicht nur mit Plan B im Kopf, sondern mit der festen Gewissheit, dass es mehr Alternativpläne gibt, als das Alphabet Buchstaben hat. Mir fällt immer etwas ein. Es hat aber viel damit zu tun, dass ich mich vor der Angst zu scheitern und dem Gefühl der Peinlichkeit sehr bewusst verabschiedet habe.
Mein Workshop lief auch ohne Material und mit mir in Jeans und Turnschuhen ganz prima! Und dann kam schon der ersehnte Anruf vom Flughafen: Mein Koffer sei wieder gefunden worden, ich solle ihn am Abend abholen.
Leider habe ich dabei Murphys Kichern im Hintergrund überhört. Er lachte sich jetzt schon bereits ins Fäustchen.
Ich fuhr zum Flughafen mit einem überaus sympathischen Uber – brasilianischer Musiker und Vater von sieben Kindern und hatte viel Spaß. Siehe Grundsatz 4.
Am Flughafen angekommen, erkannte ich Murphys Handschrift: Denn mein Koffer hätte da sein sollen, war aber nicht. Vier Mitarbeiter auf der Suche und drei Stunden später klärte sich der Fall auf: Mein Hotel, dessen Adresse ich bei Lost & Found angegeben hatte, war auf der Dallas Street in Houston. Wo wurde mein Koffer verschickt? Nach Dallas! In die Stadt Dallas! Das war der Moment, wo alle in Lachen ausbrechen mussten… Hahaha, Murphy, du Arsch, irgendwie bist du auch wieder genial.
Ich fuhr wieder ins Hotel, bestellte mir Bier und Salat und postete dies:
Siehe Punkt 3.
Ab hier war Murphy beleidigt. Der gibt sich so eine Mühe, und alle lachen nur noch heiter und es gibt Bier? Pah. Das macht so gar keinen Spaß.
Er gab einfach auf. Am nächsten Tag, genau eine Viertelstunde vor meinem Weiterflug nach Minneapolis, spuckte das Gepäckband eines Fluges aus Dallas meinen Koffer wieder aus. Just in Time. Ich nahm die Füße in die Hand und rannte rüber zum Terminal, schaffte es zu meinem Flug und klappte mein Laptop auf.
Denn hier kommt das letzte Gesetz:
6. Die Geschichten weiter erzählen
Letzten Endes ist alles Abenteuer. Und Abenteuer erfreuen uns alle. Ich habe gedacht, wenn ich euch das erzähle, dann ist es vielleicht auch nicht so schlimm, wenn ihr auch so etwas erlebt… Oder?
Liebe Grüße,
Béa
P.S. In diesem Blogpost ist die Rede von Air Berlin, aber dies hie ist KEIN sponsored post, ganz im Gegenteil, wir ihr gemerkt hat. Ich möchte nicht noch mehr auf AirBerlin eindreschen, denn heute morgen kam die Nachricht der Insolvenz. Lediglich das Twitter-Team möchte ich hier ausdrücklich loben, sie haben mir sehr nett beigestanden – auch wenn sie meistens genauso machtlos waren wie ich.
Viel Spaß mit dem Tweet jetzt:
Bekäme #airberlin für jeden Koffer, den sie in diesem Jahr verloren haben, einen Euro, wären sie gerettet. Und könnten die Lufthansa kaufen.
— Marie von den Benken (@Regendelfin) August 15, 2017
P.P.S Das Titelfoto hat Malina Ebert gemacht. Ich werde euch mal von einem Shooting bei ihr in den nächsten Tagen erzählen…
- 15. Aug 2017
- 1 Kommentar
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- Bildungsreise, Familienreise, Flugreise, Murphy, Reise
das Gegenteil von Murphy
16. August 2017Danke, Du rettest meinen Tag!
Ich versuche ab jetzt, Deine Schritte einzeln und der Reihe nach umzusetzen und nicht alles so ernst und verbissen zu sehen!
Ich befinde mich ab sofort in der Übungsphase. Es kann nur besser werden.
Danke!!