„Wenn er dich ärgert, dann ist er verliebt in dich!“… Oder auch nicht!
Ob Mann, oder Frau, Junge, oder Mädchen – wir alle kennen diese eine Floskel: „Wenn er dich ärgert, dann ist er verliebt in dich!“
Ich habe ein klitzekleines Problem mit diesem Satz und möchte hier darüber laut nachdenken.
Das Szenario erklärt sich von selbst: Junge ärgert Mädchen, Mädchen ärgert sich darüber, dass es vom Jungen geärgert wird und bekommt zu hören, dass der Junge sie ja bloß ärgert, weil er in sie verliebt sei…
Hmmmm sag ich da nur. So ganz glauben möchte ich das nicht.
Ob das wirklich wissenschaftlich belegt werden kann, wage ich zu bezweifeln, viel eher denke ich, dass ein stigmatisiertes Bild vorliegt.
Ebenfalls bin ich mir nicht sicher, dass dies auch nicht mit vertauschten Rollen passieren kann, aber selbst habe ich das noch nie beobachtet.
Jedenfalls: Mir als Mädchen ist das öfters widerfahren. Natürlich wurden die Worte auch mir eingetrichtert – von meinen Eltern, von meiner Kindergärtnerin und nicht zuletzt von meinen Freunden, die das ebenfalls aufschnappten. Demnach war auch ich im Team „ahnungslos“ und bildete mir das ein oder andere Hirngespinst ein.
„Vielleicht ist das Kind nett zu dir, weil es dich mag.“
Wenn ich mir mein Babysitterkind ansehe (ein Junge), dann kann ich euch garantieren, dass er das kleine Mädchen, in das er sich verguckt hat ganz bestimmt nicht ärgert – im Gegenteil. Er sucht ihre Nähe, redet viel von ihr und zeigt ihr auch deutlich, dass er sie gern hat.
Als Kind machte ich ähnliche Erfahrungen. Ich wusste, dass mich die Jungs, die in der Kita nett zu mir waren, mich gern hatten. Andernfalls hätten sie ja keinen Grund gehabt mit mir zu spielen. Von „verliebt“ würde ich nicht gleich reden, schließlich war ich kaum die Windeln los und differenzierte nur zwischen „Ich mag dich!“ und „Ich mag dich nicht!“
„Vielleicht ist das Kind nett zu dir, weil es dich NICHT mag.“ ???
Ich kann euch aus sicherer Quelle sagen, dass es nicht stimmt, dass Kinder, die sich ärgern, automatisch verliebt ineinander sind. Zu mir waren die ein oder anderen Jungs blöd, weil sie mich ganz einfach blöd fanden. Da gabs nichts zu beschönigen oder romantisieren. Manchmal handeln Menschen genauso wie sie eben denken. Und gerade Kinder, die anders als Erwachsene noch viel ehrlicher zu ihrer Umgebung sind, haben da meist kein Einfühlungsvermögen. Wir lernen diejenigen zu mögen, die uns nicht mögen.
Die Ausnahme ist nicht die Regel.
Natürlich lässt sich nicht einfach so pauschalisieren. Aber manchmal können Klischees eben doch stimmen. Ich erinnere mich zum Beispiel noch gut an die Grundschule, wo ein Junge aus meiner Klasse mich ständig auf dem Kieker hatte, mich ärgerte, verpetzte und auch sonst in den Wahnsinn trieb. Heute würde ich daraus interpretieren, dass er oft meine Nähe suchte und es mochte mit mir zu streiten und zu argumentieren. Irgendwie mochte ich es auch. Aber das kann ich nicht sicher sagen, ich war schließlich sechs Jahre alt! So sind Kinder nun mal, vor allem, wenn sie in einer „Igitt, Jungs“ oder „Igitt, Mädchen“-Phase sind.
Kinder sollten dieses Weltbild nicht mit ins Erwachsenenleben mitnehmen.
Ich finde es problematisch, wenn Kinder mit diesem Gedanken aufwachsen und in ihr erwachsenes Leben mitnehmen. Ich kenne da so einige Menschen, die sich von denjenigen Menschen angezogen fühlen, die fies zu ihnen sind. Ich habe auch schon gehört, dass Mädchen sich einredeten, dass der Junge nur bewusst fies behandelte, weil er sie so mochte…
Kinder sollten nicht nur das heteronormative Weltbild kennen.
Ich finde es ehrlich gesagt sehr schwierig, wenn eine Diskrepanz zwischen Mädchen und Junge automatisch bedeutet, dass da irgendeine Form von Interesse vorliegen muss. Wenn zwei Mädchen sich untereinander zanken, wird ja auch nicht automatisch von etwas Romantischem ausgegangen, oder? Aber warum nicht? Doch nicht etwa wegen einer durch und durch stigmatisierten Einstellung… oder doch?
„Wenn er dich ärgert, dann ist er verliebt in dich!“ halte ich für eine großes, nerviges heteronormatives Klischee!
Ich denke, dass ich meinen Standpunkt ganz gut begründet habe! Übrigens, der Blogbeitrag von Sonja von Mamanotes „Ich glaub, der mag Dich! – Was wir unseren Töchtern nie sagen sollten, wenn sie geärgert werden.“ hat genau diesen Standpunkt, sogar geschlechterunabhängig:
„Liebe hat nichts mit Gewalt zu tun. Auch nicht unter Kindern.“
und
„Kinderfreundschaften sollten weder sexualisiert noch romantisiert werden.“
Und noch viel mehr, hier lesen. Danke Sonja!
Was ist eure Meinung dazu?
Liebe Grüße,
Mounia