Eskalation im Netz – Wenn Kritik nicht mehr Kritik ist


Sicher haben viele von euch den Shitstorm um #pinkygloves mitbekommen. Ich habe das Ereignis verfolgt und war über die Eskalation im Netz sehr schockiert. In diesem Beitrag möchte ich darauf eingehen, wann Kritik definitiv zu weit geht und in blanker Hass umkippt.

Da es mir hauptsächlich um das Thema „Eskalation im Netz“ geht, will ich gar nicht so sehr auf die #pinkygloves Debatte eingehen. Nur so viel: Zwei Männer haben ein Produkt erfunden, das dazu dient, Tampons mithilfe von pinken Plastikhandschuhen zu entfernen, um sich die Hände nicht schmutzig zu machen. Der Shitstorm war enorm.
Fragen wie: Wer braucht so ein Produkt? Warum ausgerechnet in pink- weil Frauen auf pink stehen? Was ist so schlimm daran, Menstruationsblut in der Hand zu halten? Warum noch mehr Plastik? – zierten sich durch ganz Social Media. Und das fand ich im ersten Moment auch gut.

Kritik ist wertvoll.

Es ist wichtig, Kritik zu äußern. Sie regt uns an, lässt uns unsere Meinung überdenken und vielleicht auf neue, bessere Ideen kommen. In diesem Fall fand ich die Kritik sogar besonders wichtig. Noch heute ist es so, dass menstruierende Menschen aus aller Welt vom sogenannten „Period Shaming“ betroffen sind.

Menstruation ist noch immer etwas, worüber „man nicht redet“.

Die Schmerzen werden noch immer weggenickt.

Das Blut ist noch immer „eklig“.

Ja, es ist wichtig, laut zu sein, und zu äußern, wenn ein Produkt diskriminierend und sexistisch ist.

Solange wir dabei menschlich bleiben…

Wenn Kritik nicht mehr Kritik ist!

Es gibt nämlich einen gewaltigen Unterschied, ein Produkt zu kritisieren als den Menschen selbst. Der Shitstorm auf die Gründer war so groß, dass sie täglich mit Hassnachrichten, öffentlichen Hetzereien und sogar Morddrohungen konfrontiert waren.

Morddrohungen! – könnt ihr euch das vorstellen?
Wie kann man denn derart eskalieren?
Dass wir so weit gehen, jemandem die Menschlichkeit oder gar das Recht auf Unversehrtheit und Leben abzusprechen?
Das geht zu weit!

Kritik ist wichtig, solange wir dabei menschlich bleiben.

Ich finde es nach wie vor wichtig, meine Stimme zu nutzen und konstruktive Kritik zu geben. Aber persönlich zu werden, den Menschen zu beleidigen, Hass auf ihn auszuüben und sogar mit seinem Tod zu bedrohen, ist nicht tolerierbar.

Mobbing (im Netz) ist menschenverachtend und kann gravierende psychische Folgen haben.

Wir müssen uns also immer vor Augen führen, dass es eine Grenze gibt. Ja, im Internet sind wir anonym und haben Macht – Macht, die wir sonst vielleicht nicht haben. Aber das gibt uns noch lange nicht die Erlaubnis, unsere eigene Menschlichkeit zu verlieren.

Natürlich dürfen wir auch wütend sein. Wut ist gut und wichtig. Sie will uns was sagen, uns auf einen Mißstand hinweisen.
Aber Hass ist einfach nur zerstörerisch.

Die Eskalation im Netz muss ein Ende haben

Diese „Wir spamen dich bis in die Versenkung mit Hass“-Kultur darf meiner Meinung nach so nicht weitergehen. Vergessen wir nicht, dass dahinter noch immer ein Mensch mit Gefühlen steckt. Vergessen wir nicht, dass es uns alle durch Zufall treffen kann. Vergessen wir nicht, dass es einen Unterschied zwischen Kritik und menschenverachtenden Äußerungen gibt.

Zum Abschluss noch zwei Sachen:

1. Keine Täter-Opfer Umkehr!

Versteht mich bitte nicht falsch, viele Kritikpunkte sind völlig gerechtfertigt und ernst zu nehmen. Ich möchte nicht den Spieß umdrehen und die sogenannten „Tätern“ zu „Opfern“ machen. Diese Umkehr passiert sehr schnell und es ist wichtig, sich trotz ausreichend Empathie vor Augen zu führen, dass etwas oder jemand völlig zurecht kritisiert wird.

2. Viele sind erst dann bereit etwas zu ändern, wenn es ihnen selbst schadet!

Im Falle dieser Debatte habe ich mich gefragt, ob es nicht schon früher menstruierende Menschen gegeben hat, die die Idee der Jungs zurecht kritisiert haben. Vom Markt genommen haben sie sie aber erst, nachdem sie mit diesem hassvollen Shitstorm konfrontiert wurden.

Dasselbe Phänomen ist mir schon oft begegnet. Menschen (vor allem Frauen) üben Kritik aus.
Aber erst, wenn das Ganze eskaliert und die Macher selbst betroffen sind, geben sie ein Statement, entschuldigen und nehmen etwas bestimmtes vom Markt.

Und das ist doch eigentlich schade. Kritische Stimmen sollten genau diese „Macher“ viel früher hören – nicht erst, wenn es ausartet. Dann würden sie sich vermutlich eine Menge Stress ersparen.

Ich glaube, ich habe das Wichtigste zusammengefasst.
Kritik ist wichtig, Hass nicht tolerierbar. Weder im Netz noch im „echten“ Leben!

Habt ihr noch weitere Gedanken zum Thema „Eskalation im Netz“? Oder Erfahrungen?

Liebe Grüße
Mounia

P.S. von Béa: Der ausgebuffte PR Profi weiß, dass manchmal der Shitstorm auch ein prima Marketinginstrument ist, um wieder Aufmerksamkeit zu bekommen und im Gespräch zu sein. Möglicherweise ist jetzt, inmitten der Pandemie, nicht die richtige Zeit dazu. Der Text auf der Homepage von Pinky Gloves hat mich sehr berührt: 

 

Mounia
About me

Ich - 25 Jahre alt, Studentin, Kinderanimateurin, begeisterte Hobbyköchin und abenteuerlustig! Meine absolute Leidenschaft ist das Schreiben und Festhalten von Momenten.

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