Hausaufgaben neu denken – die „sei faul und klug“ Strategie
Hausaufgaben sind eine fiese Belastung, aber die meisten Eltern wollen sie nicht abschaffen! Hausaufgaben neu denken? Vielleicht…
Scoyo hat in einer Studie herausgefunden: 50% der Kinder würden am liebsten ohne Hausaufgaben durch ihr Schulalltag gehen, dafür sind 75% der Eltern explizit dafür, dass es sie trotzdem gibt. Auch wenn das besonders für sie eine Belastung darstellt. Denn nur 32% der Kinder kommt ohne Elternhilfe aus.
Ich habe als Schulgründerin von Ganztagsschulen Eltern erlebt, die von dem Thema ganz zermürbt waren – allen voran in den Bundesländern mit ganz harten Selektionskriterien fürs Gymnasium wie Bayern. Glaubt mir, in vielen Familien spielen sich Dramen ab, denn jedes Mal, wenn Hausaufgaben nicht oder schlecht gemacht werden kommt die Schicksalsfrage auf den Tisch: „Ohgottohgott, wir schaffen es nicht ins Gymnasium!“ … Und schon ist der Hauptschulteufel ganz böse dunkel an die Wand gemalt.
Dennoch, der Verzicht auf Hausaufgaben ist den Eltern auch nicht geheuer – wie oft alles, was sie nicht an die eigene Schulzeit erinnert.
Denn wir alle können uns sehr schwer Schule vorstellen, die nichts mehr mit der Schule unserer Kindheit zu tun hat, auch wenn wir selbst in ganz anderen Welten leben und arbeiten als unsere Eltern es taten.
Also, was bleibt übrig: Erdulden, ertragen und erledigen?
Ich erzähle euch jetzt, wie ich meine Tochter mit den Hausaufgaben versöhnt habe.
Mit einem Trick. Zugegeben, mir ist die Idee erst so ungefähr in der 5. Klasse eingefallen, aber besser später als nie!
Das Ganze kam nach einen ziemlichen Drama-Phase, die so Mitte der 3. Klasse anfing.
Ihre ersten zwei Schuljahre waren mehr als easy, sie hatte eine Lehrerin die Frau Herz hieß und ihrem Namen alle Ehre machte. Tolle Frau!
Ab der dritten Klasse hatte sie… ähm, sagen wir hier, eine schwierigere Persönlichkeit (sonst falle ich komplett ins Lästern). Wir haben zur 5. Klasse die Grundschule gewechselt (hier in Berlin geht die Grundschule normal bis 6. Klasse), die Klassensituation war nahezu perfekt, nur mein Kind war…. verdorben, was Hausaufgaben anbelangte. Man musste nur „Ha…“ sagen und schon machte sie dicht. Dass sie gerade auch in die Pubertät kam machte die Sache nicht einfacher. Im Gegenteil: Sie hatte keine Böcke, null Lust Mama, ey boah so’n Sch*** und überhaupt warum!!!
Genau das war meine erste Erkenntnis: Dieses Warum ist das Tückische. Wir Eltern neigen dazu, das wirklich beantworten zu wollen: Weil Gelerntes vertieft gehört, weil Wiederholung erst alles verankert, weil nur durch Üben gelangt der Mensch zum Können…. BLAH! Waaaaah! Hören wir uns überhaupt reden? Waren wir nie selbst Teenies? Muss unsere eigene Mutter oder wahlweise unser Vater durch unser Mund sprechen?
Ich hab’s einfach gelassen.
Ich habe auf die „faul und klug“-Strategie gesetzt!
Ich habe meiner Tochter erklärt, dass die Schule „die Matrix“ ist. Und sie zu „surviven“ ihre Mission.
Plötzlich hatte ich ihre zarten Öhrchen. Ich habe sie zum Special Agent ernannt – und zu ihrer Mission gehörte, die Hausaufgaben zu durchschauen, wozu sie da sind und wie man sie mit dem möglichst niedrigsten Aufwand bewältigen kann!
Ich habe ihr die Matrix des Generals Kurt von Hammerstein – Equord erklärt und ihr gesagt, dass sie gern faul und smart sein soll. Der gute Mann hat mal genau dies beschrieben:
„Ich unterscheide vier Arten. Es gibt kluge, fleißige, dumme und faule Offiziere. Meist treffen zwei Eigenschaften zusammen. Die einen sind klug und fleißig, die müssen in den Generalstab. Die nächsten sind dumm und faul; sie machen in jeder Armee 90% aus und sind für Routineaufgaben geeignet. Wer klug ist und gleichzeitig faul, qualifiziert sich für die höchsten Führungsaufgaben, denn er bringt die geistige Klarheit und die Nervenstärke für schwere Entscheidungen mit. Hüten muss man sich vor dem, der gleichzeitig dumm und fleißig ist; dem darf man keine Verantwortung übertragen, denn er wird immer nur Unheil anrichten.“
Das fand sie cool. Sie wollte beweisen, dass sie es im Griff hatte. Dass sie zum gelben Quadranten gehörte. Ich habe ihr noch ein „Agentencoaching“ verpasst: Um Lehrer zu durchschauen, was sie gern hören und geschrieben sehen. Wie man mit einer schlauen Frage am Ende der Stunde brilliert (das Letzte, was sie hören, ist das Erste, woran sie sich erinnern). Und wie man mit Schwerpunkt Mathe und Sport ein genüssliches Schulleben hat: Wer Mathe kann, gilt als intelligent. Wer auch noch in Sport gut ist, gilt nicht als Streber. Der Rest kommt von alleine.
Da hatte sie total Bock drauf, voll geiler Sch*** Mama, und überhaupt: Jau!!!
Es hat geklappt. Das Kind hat sein Abi geschafft mit 1,9 und der Ansatz hat auch im Studium gut geklappt. Und ich war fein raus. Gelber Quandrant und so.
#HausaufgabenfuersLeben – ihr seht mich meine Hände zufrieden reiben.
Und, was haltet ihr davon?
Liebe Grüße,
Béa
P.S.: Dieser Beitrag ist vor einiger Zeit als Beitrag zum „Hausaufgaben neu denken“ – die liebe Nina alias Frau Mutter und Scoyo hatten mal zur Blogparade aufgerufen… Ich habe nicht für die Gewinne mitgemacht (ich lief als Koluministin von Scoyo außer Konkurrenz) – aber für die Inhalte.
Nina schrieb damals:
„Wir wollen beitragen, neu über Hausaufgaben nachzudenken und bei all der Rechtschreibung und dem kleinen Einmaleins nicht die wichtigen Aufgaben fürs Leben zu vernachlässigen. Wir wollen Eltern anregen, ihren Kindern einmal ganz besondere Hausaufgaben zu geben.
Hausaufgaben, …
… die Spaß machen.
… die auf das soziale Lernen abzielen.
… die dem Kind Raum für Kreativität geben.
… bei denen das Kind etwas „fürs Leben“ lernt.“
Und zur Transparenz: Ja, Scoyo ist zwar Kunde und ich mache oft Werbung für sie, aber dieser Beitrag ist ohne Bezahlung gelaufen, sondern als Beitrag zu einer Blogparade.
- 21. Mar 2016
- 13 Kommentare
- 16
- besser lernen, Hausaufgaben, Lernen, lerntricks
Birgit
22. März 2016Klasse! Diesen Tipp hätte ich vor Jahren gebraucht. Nun sind meine Jungs fast fertig mit der Schule, und meine Tochter hat glücklicherweise genügend Ehrgeiz und Eigenmotivation um auch unangenehme Dinge zu erledigen.
beabeste
22. März 2016Dann ist alles in Summe völlig OK, oder? Liebe Grüße und viel Erfolg euch allen!
Ronja Magdziak
22. März 2016Liebe Béa,
vielen Dank für Deine #HausaufgabenfuersLeben.
Eine klasse Idee, Deine Tochter auf eine "Mission" zu schicken und ihr zu zeigen, wie man mit wenig Aufwand viel erreichen kann. Mit Kreativität und der richtigen Motivation kann man so viel erreichen - eine gute Lektion fürs Leben!
Herzlich
Ronja von scoyo
Toggi
22. März 2016Coole Mama! Aber was mich jetzt noch interessieren würde: was sind denn die Dige, die Lehrer gern hören oder geschrieben sehen?
beabeste
22. März 2016Guuute Frage: Also, das ist Teil der Schul-Mission... Lehrer beobachten und das herausfinden! Sie haben ihre Themen, über die sie gern reden.... oder bestimmte Redewendungen, die man aufgreifen kann... Ein guter Agent ist aufmerksam!
Patricia
19. April 2016Liebe Béa,
ich finde diese Grafik perfekt, um Eltern von schlauen aber faulen Kindern Druck zu nehmen und ihnen zu sagen: Entspannt euch und lasst eure Kinder einfach machen! Für Kindern die Probleme haben, ist der Rat "sei klug und faul" weniger hilfreich - denn "klug" ist man ja nicht auf Knopfdruck und wenn diese Kinder dann noch aufhören zu lernen ("sei faul") könnte es schwierig werden... Wobei auch diese Kinder zumindest von deinem "Agentencoaching" profitieren könnten. ;-)
Liebe Grüße,
Patricia
beabeste
19. April 2016Lieben Dank, Patricia! Ich finde deinen Beitrag auch klasse... merkst du etwas später bei Facebook. Liebe Grüße, Béa
Cosima
12. Januar 2017Liebe Bea, klingt super. Könnte auch meine Tochter mal motivieren. Ich werde mir das mit dem klug&faul auf jeden Fall merken. Allerdings ist sie jetzt mit knapp 7 in der 2. Klasse noch nicht so weit für solche recht komplexen Motivationsspiele. Ihr Hauptproblem ist "ich komm nicht voran!" Sobald eine Aufgabe ihr recht wenig abverlangt, gerät sie nebenbei ins Träumen und spielen, und wenn sie daraus wieder auftaucht, ärgert sie sich maßlos, dass die Aufgabe noch nicht fertig ist. Infolge heult sie. Infolge sage ich, mach erstmal was anderes, geh raus oder chill erstmal. Manchmal klappt es dann im 2. Anlauf besser. Manchmal aber auch nicht! Dazu kommt die unterschiedliche Sichtweise auf Aufgaben, die mein Mann und ich vertreten. Ich finde, dass man alle Aufgaben, die der Alltag mit sich bringt, einfach schnell verrichten sollte, ohne nach deren Sinn zu fragen, zumal wenn sie sehr einfach sind. Danach ist Zeit für Schönes, Eigenes oder Wichtiges. So habe ich als Kind schon gearbeitet und war immer eine der Schnellsten in der Schule. Mein Mann hingegen sieht nicht ein, dass Aufgaben erledigt werden müssen, solange sie nicht Teil eines Gesamtzusammenhangs sind, den er auch übergeordnetes oder höheres Ziel nennt. Ich bin also den Hausaufgaben gegenüber neutral eingestellt und sage, "sie sind da, also einfach machen". Mein Mann sagt, "Hausaufgaben dienen keinem höheren Zweck, man wird durch Mehrarbeit nicht besser, also ist es eine Zumutung, dass ihr überhaupt welche aufkriegt." (Er dachte auch als Kind schon so.) Im Übrigen ist er selbst Lehrer, gibt aber nie Hausaufgaben auf, weil er als Schüler eh nie welche gemacht hätte und er auch seinen Schülern keine sinnlose Beschäftigungstherapie aufzwingen möchte. Lange Rede kurzer Sinn: kennst du Schultypen in D, v.a. in BW, in denen generell keine Hausaufgaben aufgegeben werden? Das wäre für uns die Lösung eines großen Problems! Vielen Dank und ?
beabeste
12. Januar 2017Lieben Dank für dein wertvoller Kommentar! Ich würde am liebsten deinen Mann interviewen - meinst du, er hat Lust dazu? Liebe Grüße, Béa