„Ich möchte mich an Heiligabend nicht mehr streiten!“ – Warum ich Weihnachten dieses Jahr allein feiere


Wenn Kinder älter werden und sich von der Familie ein wenig entfernen. Hier kommt der Gast-Beitrag einer jungen Leserin,  die zum ersten Mal in ihrem erwachsenen Leben sich gegen das gemeinsame Weihnachtsfest entschieden hat. Wegen zu viel Streit an Weihnachten. Hier begründet sie ihre Entscheidung:

Im Fernsehen wird die Weihnachtszeit immer als die schönste Zeit aufgezeigt. Die Familie kommt zusammen, es gibt ein großes Fest und Geschenke. Alles ist besinnlich und friedlich…

Bei mir gibt es zwar auch das Fest, aber dies ist alles andere als friedlich und besinnlich.

Meine Familie ist toll, aber schwierig. Und ich weiß nicht warum, aber an Weihnachten ist das Potenzial für Streitereien besonders groß. Zudem ist das Verhältnis untereinander ohnehin nicht das Beste. Meine Eltern vertragen sich nicht gut, ich vertrage mich nicht gut mit meiner Mutter, mein Bruder verträgt sich nicht gut mit meinem Vater. Während dieser einen Zeit versuchen wir uns zwar alle zusammenzureißen, aber es fühlt sich trotzdem wie die reinste Heuchelei ein.

Deshalb habe ich mich dieses Jahr dazu entschieden auf all das zu verzichten. Ich werde nicht zu meiner Familie fahren und auch nicht Weihnachten mit ihnen verbringen.

Die Entscheidung war nicht leicht, und doch ist es die Beste, die ich für meine Gesundheit tun konnte.

Ich liebe meine Familie, aber sie tut mir nicht gut. Die Weihnachtszeit mit ihr ist jedes Mal nervenaufreibend und ermüdend. Die Stimmung ist angespannt und irgendwann streiten wir. Meistens reißen wir uns zusammen, nicht jedoch ohne die unangenehme Spannung im Raum loszuwerden. Mich macht das alles wirklich krank. Ich kriege starke Kopfschmerzen und Bauchkrämpfe. Oft braucht es Tage, um mich von der „besinnlichen Weihnachtszeit“ wieder zu erholen. Das klingt jetzt vielleicht so, als ob ich eine schreckliche Familie hätte, aber dem ist so nicht. Dennoch kann ich nicht leugnen, dass sie auf einem Haufen zusammen sehr schwierig ist. Besonders an Weihnachten. Und ich möchte mir das dieses Jahr nicht schon wieder antun.

Ich weiß, dass ich an Weihnachten traurig und einsam sein werde. Aber es wird trotzdem besser sein, als mit meiner Familie zu feiern.

Da es keine richtige Lösung gibt, ist meine Lösung auch nicht die ideale. Ich weiß daher jetzt schon, dass ich an Heiligabend etwas wehmütig sein und bestimmt auch viel an meine Familie denken werde. Aber ich muss mich immer wieder daran erinnern, dass es so das Beste ist.

Es ist auch das Beste für meine Familie.

Meine Eltern sind natürlich sehr traurig und enttäuscht, aber ich finde es sehr wichtig, sie wissen zu lassen, dass sie mich nicht wieder einlullen können. Denn mit ihrer emotionalen Erpressung („Aber ich habe doch schon alles eingekauft“, „Aber alle rechnen mit dir“, „Ohne dich blasen wir es ganz ab“, „Mit deinem Egoismus versaust du uns das ganze Fest“) werden sie diesmal nicht weiterkommen. Sie müssen lernen, mein „Nein“ zu akzeptieren, und möglicherweise etwas an der Struktur des Festes zu ändern. Denn solange ich immer klein beigebe, werden sie nie daraus lernen. Damit möchte ich sie auch nicht umerziehen, sondern lediglich darauf aufmerksam machen, dass ich nicht mehr ihre Marionette bin, die nach ihrer Pfeife tanzt.

Ich werde an Weihnachten arbeiten und mich verabreden.

Da ich über die Feiertage nicht ganz einsam alleine hocken möchte, habe ich mich zum Arbeiten eingeteilt. Außerdem kenne ich ein paar in meinem Umfeld, die an Weihnachten ebenfalls nicht bei ihrer Familie sein werden. Wir werden uns treffen und vielleicht ein eigenes kleines „Fest“ veranstalten.

Außerdem habe ich mir vorgenommen, mir den Spaß trotzdem nicht nehmen zu lassen.

Ein Baum steht schon in meiner Wohnung und die Wände sind auch dekoriert. Ich habe mir vorgenommen, mir einfach mein eigenes kleines Fest zu organisieren. Ich kann auch alleine für mich kochen und backen. Ich kann auch alleine Weihnachtsmusik hören und festliche Filme gucken. Für einige mag das vielleicht armselig klingen, aber für mich klingt es nach einem Fest, dass mir zum ersten Mal nach Jahren wirklich gefallen und gut tun könnte.

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Danke, liebe Leserin, dass du dich entschieden hast, diese Entscheidung bei uns im Blog zu teilen.

Wie ist es bei euch? Schafft ihr es, ein harmonisches Fest zu haben – oder habt ihr „alle Jahre wieder“ auch Zoff? Wie wird es sein, wenn sie erwachsen sind?

Liebe Grüße,

Béa

Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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