Lernen braucht Freiräume. Gastbeitrag von Frenzy Reinholz


„Lernen braucht Freiräume“ ist ein wundervoller Gast-Beitrag zum Thema „Wann sollen Kinder lesen und schreiben lernen“, den wir geschenkt bekommen haben. Autorin ist Frenzy Reinholz, Mama von der „kleinen Fee“ und dem „Professor“ – und sie erzählt uns, wie sie mit dem Thema Lernen in der Familie umgeht, nachdem sie einschlägige Erfahrungen mit dem Bildungssystem gemacht hat. 

„Oamma Ojamoe! Amselo Ojola!“

Wie aus einer fernen Welt – geheimnisvoll, machtvoll und gewichtig – hallten die rätselhaften Worte bedeutungsschwanger durch die vor Magie flimmernde Luft des kleinen Raumes. Nach jeder Beschwörungsformel durchdrang eine angespannte Stille jeden Zentimeter, jede Ecke und jeden noch so kleinen Winkel. Die kleine Fee hielt gebannt den Atem an. Waren die Worte richtig gewählt? Jede Silbe genau so, wie sie es sein sollte? Die kleine Fee runzelte die Stirn und konzentrierte sich. „O-am-ma…“ flüsterte sie noch einmal, schrieb die magische Formel sorgfältig in ihr Zauberbuch und lächelte zufrieden.

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Die kleine Fee ist 5 Jahre alt und fasziniert von Buchstaben.

Sie hat ein natürliches Interesse an ihnen und möchte unbedingt lesen lernen. Aber mit 5? Ist das überhaupt gut? Was soll sie dann in der Schule machen, wenn ihre Mitschüler das ABC lernen? Wird sie sich nicht langweilen und die Lust an der Schule verlieren? Sollten wir sie bremsen?

Vor 4 Jahren standen wir schon einmal vor dieser Entscheidung. Der Professor war damals auch 5 und machte sich daran, die ersten Worte zu lesen. Damals haben wir ihn nicht gezielt dahingehend gefördert, da wir dachten, die Schule sei für das Erlernen der Kulturtechniken der richtige Ort. Heute sehen wir das anders. Leider haben wir ein für Kinder ungünstiges Bildungssystem kennen gelernt. Lehrerinnen, die nur perfekte, leere Hüllen vor sich sitzen haben wollten, welche sie mit Lernstoff füllen konnten. Unterrichtsmethoden, die die Forschungen der letzten 30 Jahre ignorieren und am menschlichen Gehirn vorbeigeplant sind. Lehrpläne, die kreative Kinder ins Aus schicken und realitätsferne, naturwissenschaftslastige Inhalte über alles andere Stellen. Dass daran Kinder scheitern und vielleicht sämtliche Freude am Lernen verlieren, ja sogar ihr Selbstvertrauen einbüßen, ist ein notwendiges Übel. Kollateralschaden. Pech gehabt.

Wir haben uns dafür entschieden der kleinen Fee zu ermöglichen, nach ihrem eigenen Tempo zu lernen.

Wenn sie jetzt Interesse am Lesen und am Schreiben hat, dann soll sie es lernen. Denn genau jetzt fällt es ihr leicht. Sie hat Spaß daran und es besteht weder Zwang noch Zeitdruck. Es ist erstaunlich, wie selbstverständlich sie neue Übungen erfindet und die Lerninhalte selbstständig wiederholt. Kinder haben ein natürliches Gespür dafür, wie oft sie etwas wiederholen müssen, damit es sitzt und sie sich etwas Neuem zuwenden können. Wir lassen der kleinen Fee den Freiraum, den sie braucht. Lediglich die Rahmenbedingungen haben wir im Auge. Lesen lernt sie mit dem ABC der Tiere, also mit der zweifarbigen Silbenmethode. Nach und nach lernt sie, die Buchstaben nicht nur abzumalen, sondern richtig zu schreiben. Wenn sie lernen möchte (was für sie eher eine Art des Spielens ist), dann nehmen wir uns die Zeit. Noch ist diese Zeit vorhanden. Noch bestimmt ihre innere Uhr das Lerntempo. Wer weiß, vielleicht verzaubert die kleine Fee ja eines Tages unser Schulsystem.

„Sobe, belo ila!“

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Übrigens, lest auch zum Thema „Buchstaben sind überall: http://www.tollabea.de/buchstaben-sind-ueberall/

Und, welche Erfahrungen habt ihr gemacht mit dem Lerntempo und Wissensdurst eurer Kinder?

Liebe Grüße,

Béa

Béa Beste
About me

Schulgründerin, Mutter, ewiges Kind. Glaubt, dass Kreativität die wichtigsten Fähigkeit des 21. Jahrhunderts ist und setzt sich für mehr Heiterkeit beim Lernen, Leben und Erziehen ein. Liebt Kochen, reisen und DIY und ist immer stets dabei, irgendeine verrückte Idee auszuprobieren, meist mit Kindern zusammen.

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1 Kommentare

Grit
Antworten 10. Juni 2016

Ich habe zwar selbst noch keine Kinder, konnte aber auch lange vor meiner Einschulung lesen. Gelangweilt habe ich mich trotzdem nicht, denn meine Lehrerin, mit der ich viel Glück hatte, hat mir erlaubt, und mich sogar ermutigt, meine eigenen Bücher mitzubringen und die stattdessen zu lesen.
Lesen gelernt habe ich einfach so - ich hatte einfach Spaß daran und durfte schon früh z.B. die Einkaufsliste für den Wochenendeinkauf schreiben. Zwar standen wir manchmal im Laden und konnten es nicht mehr entziffern, aber dann fuhr man halt ein zweites Mal los, wenn man wieder wusste, was es war :-P

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