„Freunde verstehen nicht, warum ich meinen Stiefsohn nicht herauswerfe“ – bedingungsloser Familienzusammenhalt und soziale Isolation – Gastbeitrag
Wir haben einen sehr bewegenden Gastbeitrag einer Leserin bekommen über bedingungsloser Familienzusammenhalt und soziale Isolation:
Liebe Béa,
schon so oft habe ich von dir anonym gepostete Briefe von euren Followern gelesen und bin jedes Mal wieder von der Community beeindruckt, wie toll darauf reagiert wird in andere Leser in einer sehr respektvollen Art und Weise Feedback geben und bestimmt schon oft den Verfassern damit geholfen haben.
Seit Jahren geht es bei mir selbst immer wieder stark bergauf und ab und so ratlos wie jetzt waren mein Mann und ich noch nie.
Das ist unsere Situation: Seit fast 10 Jahren bin ich mit meinem jetzigen Ehemann zusammen. Und genauso lange geht es nun in einem ständigen Bergauf und ab als Patchwork family zu. Ich habe einen 16 jährigen Stiefsohn der seit einigen Jahren auch bei uns lebt. Zu seiner Mutter möchte er mittlerweile keinen Kontakt mehr haben.
Schwierig war es mit ihm immer schon. Auch als er noch sehr klein war und bei seiner Mutter gelebt hat.
Schwieriger als normal je nachdem wie man selbst „normal“ definiert… Wir haben nun gemeinsam auch zwei Kinder bekommen. Das Verhältnis sowohl im engsten Familienkreis als auch in der erweiterten Patchwork Family war seit jeher sehr gut. Für viele sogar unverständlich gut – weil wir sogar schon oft Urlaube gemeinsam verbracht haben und auch regelmäßig Geburtstage und Weihnachten von allen gemeinsam gefeiert werden. Und dennoch… da gibt es etwas, trotz großem Zusammenhalt, was wahrscheinlich sehr schief gelaufen ist.
S. kam früh auf die schiefe Bahn und von frühen Problemen wie: Verweigert Schule, macht keine Hausübung, gliedert sich sozial nicht ein und schaltet seit jeher auf stur und macht nur sein eigenes Ding… bis hin zu heute… wo wir uns wiederfinden in einer Situation, die eher an eine Netflix Serie erinnert an der Kriminalität und Drogen an der Tagesordnung stehen.
Eigentlich habe ich diesen Brief gerade einer meiner besten Freundinnen geschrieben… nachdem ich immer weniger mit meinen Freundinnen oder überhaupt irgendjemanden zu tun habe.
Es war der verzweifelte Versuch ansatzweise zu beschreiben was bei uns los ist und was in mir vorgeht. Ich bin zu feige, ihn an sie abzuschicken, weil ich fürchte, dass ich auf kein Verständnis stoße. Aber ich dachte vielleicht finde ich ja ein offenes Ohr in der Tollabea Community und ich kann mit einigen Lesern meine Gedanken teilen und vielleicht ist sogar der ein oder andere Tipp dabei…
Hallo liebe E.,
wir haben uns schon solang nicht mehr gehört und ich wollt mich unbedingt mal wieder bei dir melden!
So oft bin ich kurz davor dich anzurufen, dir mal wieder eine WhatsApp zu schicken und dann, dann tu ich’s wieder nicht. Weil ich Angst davor habe, mit dir oder auch anderen Gespräche zu führen, die über small talk hinausführen. Denn das würde momentan für mich bedeuten, dass das Gespräch so endet, dass mein Gegenüber überhaupt nicht versteht, was bei mir grad los ist. Warum wir so bescheuert sind und bei allem was mit S. los ist überhaupt noch irgendwie mitspielen und ihm aktuell auch noch ein Dach über dem Kopf bieten.
Es war so viel die letzten Wochen und Monate los. Ja, jetzt wo wir die letzten Wochen so ehrlich und so viel mit S. gesprochen haben, wie die letzten Jahre nicht. Jetzt wissen wir, dass die letzten Jahre sogar noch mehr los war als wir ohnehin schon dachten bzw. von dem wir wussten: Nicht nur Drogenkonsum, sondern auch Drogendealen. Er ist in schlechten Kreisen abgerutscht.
Es geht mir bzw. uns mittlerweile echt nicht mehr gut. Und auch wenn alles noch so schwierig ist und die Situation kaum zu ertragen ist, so können und wollen wir momentan S. auch einfach nicht im Stich lassen.
Vor einigen Wochen waren wir an einem Punkt, wo er sich alles andere als akzeptabel verhalten hat. Nachdem er von sich aus gegangen ist und einige Wochen woanders gewohnt hat – was er seit Jahren wollte – hat er erkannt, dass woanders ist es doch nicht so toll wie er immer dachte. Nun stand er wieder vor einiger Zeit vor der Tür und hat drum gebeten wieder einziehen zu dürfen.
Eigentlich hatten wir uns geschworen, er bekommt Hilfe von uns – aber er kann nicht wieder bei uns einziehen!
Denn zu oft hat er unser Vertrauen missbraucht, so oft hat er schon versprochen sich zu bessern, so oft wurden wir angelogen und unsere Naivität und Gutgläubigkeit, unsere Hoffnung, ausgenutzt. Zu groß ist die Gefahr, dass wir selbst daran zu Grunde gehen und der Rest der Familie leidet – auch die zwei Kleinen. Und jetzt – jetzt ist er doch wieder da.
Da sind wir nun bei dem Grund, warum ich mich momentan weder bei dir noch bei irgendwem anderen der mir jemals sehr nahe gestanden hat melden möchte.
Ich kenne mittlerweile die Reaktionen und weiß, dass ich bzw. wir kein Verständnis bekommen. Dass sich alle Leute nur fragen, wie blöd man sein kann. Mein – unser Sozialleben geht total den Bach runter, weil ich mich mit niemanden, der mir was bedeutet, mehr treffen möchte. Zu sehr belasten mich die Fragen danach, was mit S ist.
Es gibt ja diesen Spruch, man kann jemanden nur helfen, der sich helfen lassen möchte.
Für jeden, der noch nie ernsthaft in so einer Situation steckte, hört sich das logisch an und ist ein abgedroschener Spruch. Es tut so weh, wenn man am eigenen Leib spürt, was es heißt. Was es heißt wenn man auch endlich – nach jahrelangem Kampf, selbst begriffen hat das es wirklich so ist. Dass man ihm nicht helfen kann wenn er es nicht zulässt. Es tut noch mehr weh von ihm zu hören, er möchte das alles nicht mehr. Er möchte nicht mehr dealen, er möchte nicht mehr Drogen konsumieren, er möchte ein Ziel vor Augen haben und er möchte einen Sinn in seinem Leben sehen und finden.
Das hört sich nach ganz viel Scheiße die man durchgemacht hat echt toll an und gibt einem ein gutes Gefühl – es ist für jemanden in unserer Situation ein Zeichen, dass er es besser machen möchte und wiedermal ein klitzekleiner Strohhalm an dem man sich festhält. Ein Strohhalm, nachdem man schon so oft gesucht hat, ihn gefunden hat und man schon etliche Male verloren hat.
Ja er möchte… und irgendwie auch nicht.
Denn nein – er nimmt keine Hilfe von außen an. Sagt und glaubt es sicher auch selbst: Er kann sich nur selbst helfen! Fremde können ihm nicht helfen! Er will es ändern, glaubt es allein zu können und will es – aber nein – er nimmt keine andere Hilfe an-was tut man ?? Was mach ich???
Soll ich ihn rauswerfen, weil er nicht „mitmacht“ und keine Psychotherapie beginnt!?
Wir wissen, ihn vor die Tür zu setzen – das wäre momentan das letzte Fünkchen für ihn wo er sich gewiss wäre: Diese Welt hat für mich nichts Gutes. Ich weiß nicht wo mein Platz ist, ich weiß nicht wo ich hingehöre. Und jetzt… jetzt lässt mich auch noch mein letzter Anker meine Familie im Stich.
Nein, das können und wollen wir nicht! Aber genauso wenig können wir eigentlich weiter machen wie bisher.
Irgendwann haben wir keine Kraft mehr.
Und ja, wir haben schon so oft um Hilfe gebeten. Von Behörden und Sozialstellen fühlen wir uns im Stich gelassen.
Nicht, dass sie uns gar nicht helfen würden oder geholfen hätten – aber wenn jemand wie S. sich nicht helfen lassen will, dann können sie auch nichts tun. In unserem Fall ist es auch sicher nicht gerade positiv wenn man sieht: Das ist eine Familie, die hält zusammen! Da ist das soziale Umfeld in Ordnung! Nicht ein Mal haben wir schon gehört, dass wir das bestimmt hinbekommen weil wir so eine tolle intakte Familie sind und der Zusammenhalt so stark ist! Dann wird uns berichtet von den noch viel schlimmeren Fällen wo Gewalt oder Sucht von Eltern hinzukommt.
Wenn einen die Behörden sehen: Mein Mann und ich beide studiert, gute Jobs, sind von uns auch dahinter, dass wir S. helfen möchten. Wir zählen offenbar zu jenen wo sich jeder denkt: ja, da gibts noch viel schlimmere Fälle die bekommen das auch so hin…
Am Ende unserer Termine egal wo wir sind, schenkt man uns ein Lächeln und zum Abschied einen Händedruck bei dem einem versichert wird: wir bekommen das hin! Ja, danke… Wenn ich nur wüsste wie!
Ich will meine Freunde und auch Familie nicht verlieren. Ich will nicht das wir irgendwann ganz isoliert sind.
Wir haben so viel versucht, und haben auch so viele Fragen: Hat es jemand geschafft, eine solche Situation zu überwinden, als Familie? Wie schaffen das andere, die ebenfalls in einem Umfeld leben, wo alle wohl behütet sind und kein Verständnis für Drogen oder Kriminalität da ist dennoch Familie und Freunde nicht zu verlieren und gesellige Abende miteinander zu verbringen?
Eine recht verzweifelte Mutter
P.S. Von Béa: Wir freuen uns über respektvolle Kommentare und vor allem eigene Erfahrungen: Ihr Lieben, wer hat ähnliches durchgemacht und was halt geholfen? Wer kennt bedingungsloser Familienzusammenhalt und soziale Isolation?
- 19. Nov 2018
- 25 Kommentare
- 31
- Drogen, Familienzusammenhalt, Jugendliche, Mutterherz, Schiefe Bahn, Zusammenhalt
Chris
21. November 2018hallo, der Brief berührt mich sehr und hätte einiges dazu zu sagen.
kann man irgendwie Kontakt aufnehmen?
Béa Beste
22. November 2018Hallo Chris, ich kann gern eine Mail weiterleiten! Schreibe bitte an bea (at) tollabox (punkt) de
Bertrand
22. November 2018Liebe, verzweifelte Mutter,
ich bewundere Euch! Unsere Gesellschaft ist gern mit restriktiven, schnellen Meinungen parat. Diese Oberflächlichkeit ist eigentliches Desinteresse - vielleicht auch, weil niemand eine Lösung hat und damit in der Tiefe nicht behelligt werden will. Freunde müssen Eure Position mittragen. Allerdings solltet Ihr unbedingt konsequent auf Euren Jungen zugehen und keine eigene Co-Störung entwickeln.
Ihr jedenfalls zeigt Liebe, und sollte es immer schlimmer werden ... das scheint S. einziger, sehnsüchtiger Anker zu sein. Vertraut Eurer Liebe und lasst Euch nicht beirren, ganz egal, welcher Weg am Ende gegangen wird. Ihr seid seine Burg !!!
Er hat sich jetzt entschieden, diesen Hintergrund zu benötigen. Das Zurückkommen ist ein erstes Hilfe-Annehmen. Das dürft Ihr gern so betrachten. Hier wird er wenigstens in seinem Leid akzeptiert. Es eskaliert nicht.
In meiner Verwandtschaft habe ich ein analoges Drama mit Horror-Ausgang erleben müssen. Das Hilfe-Verweigern und die Selbstsabotage bei unaufhörlichem Leid hat alle aufgerieben über Jahre.
Ihr müsst täglich intensiv mit ihm reden. Vertrauen gewinnen und dürft ihn nicht unter Zugzwang setzen. Er darf so sein wie er ist, denn er hat Gründe dafür.
Wir alle "funktionieren" in Mustern. Dieser Auslöser führt zu dieser Reaktion, jener zu einer anderen. Wir wissen bei unseren Partnern von vornherein, wie sie reagieren und lieben sie für ihre Marotten ... Das ist in einer psychischen Störung nicht anders. Da laufen mindestens zwei schlechte "Musterkluster" zusammen. Das erste ist der Grund, wieso jemand abrutscht. Da befeuern und bestätigen sich aversive Konditionierungen zu einer Abwärtsspirale. Das zweite entsteht, wenn kein einst probates Mittel mehr hilft, dem Leid zu ent kommen (Drogen sind da bloß eine Fluchtform, die kurz lindert bzw. Vergessen macht. Immerhin ein vorgeblich taugliches Mittel.).
Die Verzweiflung ist so groß wegen des zweiten Klusters, denn da bestätigt sich Ausweglosigkeit. Es wird jede Sekunde bis zur Erschöpfung gekämpft, bis man kollabiert. Kurze Erholung, nächster Kampf. Dieser Kampf ist nicht zu gewinnen. Wer kämpft, MUSS verlieren, weil der Fokus nie verschwindet. Angst, Verzweiflung bleiben Thema. Selbst, wenn man weiß, dass anderen geholfen werden konnte, schließt die eigene Erfahrung das aus. Euer S . hat vermutlich feste Gewissheit, dass ihm nicht zu helfen sei. Glaube ist stärker als Wissen ...
Es hilft ihm vielleicht, zu verstehen, dass Muster in ihm ablaufen. Er hat Zeit genug, diese zu suchen und zu verstehen, WIE sie laufen.
(Auch wichtig zu wissen, dass Gedanken Gefühle auslösen und doofe Gedanken durch gute SOFORT ersetzt werden können, die sich dann auch besser anfühlen. Gefühle lösen auch Gedanken aus. So entstehen Ab- und eben auch Aufwärtsspiralen. Der Gedanke geht immer voraus und ist ein guter Angriffspunkt.)
Beide Kluster bilden seinen permanenten Hintergrund und lenken sein Verhalten. Er kann sich nurnoch fatalistisch mit Selbstlügen und Euch-Täuschen ergeben in die immer wieder ablaufenden Prozesse. Es tut ihm jedes mal unendlich weh, weil er weiß, dass er scheitern wird und weil er Euch anlügen MUSS, damit Ihr ihn aus dem Streß der Konfrontation entlasst. Und jedes Mal verliert er mehr Selbstachtung und wächst sein Hass auf sich selbst und das Gefühl, er habe Eure Zuneigung nicht mehr verdient ... alles wird schlimmer. Er trotzt, blockt ... Es ist wichtig, dass Ihr ihm zu verstehen gebt, dass Ihr das wisst und ihn endlos liebt, Ihr sein Dilemma VOLL versteht. Er braucht so große Geborgenheit, dass er sich Euch anvertrauen will, weil er sich an der Auseinandersetzung mit sich und Euch freut, weil es plötzlich vielleicht doch Perspektive gibt ...
Humor hilft auch: ... bist ja schon bekloppt!
Beim zweiten Kluster geht es um das Annehmen-, Akzeptieren- , Loslassen-Lernen. Beim Ersten um das Erkennen, wie das kommen konnte und wie schädlich das ist. Drittes hat auch sein Verhalten Initialmuster, weshalb er wieder loszieht und abstürzt. Diese gilt es so schnell wie möglich zu unterbinden. Die müssen erkannt, benannt, aufgeschrieben werden als DIE Feinde isoliert fokussiert werden, dass Euer S. tatsächlich MERKT, wenn es losgeht, WO er in der Abwärtsspirale gerade ist, damit er sich ermächtigen kann gegen dieses Handeln. Ihr könnt ihn damit gerne aufziehen, solange, bis er selber drüber lacht. Jedenfalls ist so ein Initialmoment ein guter Schlüssel.
Er muss einfach spüren, wie wichtig er Euch ist. Und Ihr dürft ihm gern deutlich machen, dass Ihr nicht locker lassen werdet, bis er endlich der ist der er sein könnte und der er vielleicht nie werden konnte bisher. ABSOLUTES VERTRAUEN, egal wie oft er bis dahin wieder scheitert. Das wird passieren. Das ist kein Prozess, der schnell geht. Es ist wichtig, dasd Ihr ihn dann WIEDER auffangt. Dadurch wächst Vertrauen. Ihr lasst Euch da auf etwas ein, aber er ist es wert.
Kann sein, dass er dann doch eine Therapie machen will ... es gibt kein Programm. Der Weg, sorry die Plattitüde, entsteht beim Gehen.
Toitoitoi!
Béa Beste
22. November 2018Danke, lieber Bertrand, für die Ausführliche Antwort und die Gedanken! <3 Béa
Jule Wild
28. November 2018Toller Artikel. Ich bin gerührt von so viel Offenheit. Wir haben in der Familie ein ähnliches Problem. Ich kann dir keine Tipps geben aber ich bedanke mich bei dir für den Bericht weil ich mich nun nicht so alleine fühle .
Viele liebe Grüße und ich hoffe einfach eure Geduld zahlt sich aus. Ich wünsche es euch und natürlich auch eurem Sohn, aus dieser Abwärtsspirale wieder rauszukommen und neuen Mut zu fassen.
Jule
Sabine
5. Mai 2019Ich bin selbst so eine Jugendliche gewesen.
Früh jedes Wochenende Alkohol, zu jung mit zu vielen verschiedenen Deogen in Berührung gekommen und mit 17 Heroinabhängig.
Meine Eltern haben mich immer wieder rausgeschmissen, teilweise bin ich auch einfach abgehauen und habe nichts von mir hören lassen. Einer meiner Elternteile hat mich immer wieder aufgenommen, wenn ich total am Boden war wusste ich, wo ich hin kann.
Diverse Entgiftungen und Rückfälle folgten, irgendwie habe ich es in halbwegs guten Zeiten geschafft meine Schule doch noch auf die Reihe zu bekommen, habe ein FSJ gemacht und mich um eine Ausbildung gekümmert. Bis mein damaliger Freund an einer Überdosis verstarb. Ich bin abgestürzt, alles war egal. Bis ich selbst im Krankenhaus lag und mein Bruder mich bat etwas zu ändern und eigentlich konnte und wollte ich so nicht mehr weiter machen.
Bin dann mit viel Angst und Sorge auf Therapie gegangen, dort ungeplant schwanger geworden und seit dem Clean. Mittlerweile über 8Jahre.
Meine Eltern hat es zerrissen, sie wollten mir helfen, wussten aber nicht wie, da ich kaum Hilfe angenommen habe.
Geholfen hat mir, mich zumindest auf die Drogenberatung einzulassen. Die haben nicht verlangt, dass ich Clean werde, waren aber da, wenn ich jemanden zum reden der wirklich Hilfe gebraucht habe. Sie haben mich nicht verurteilt, nichts verlangt das unmöglich gewesen wäre und vor allem wusste ich, dass es sie emotional nicht belastet, im Gegensatz zu meiner Familie. Deswegen konnte ich dort offen sein.
Vielleicht wäre das eine Option, oder Kontakt zu anderen (ehemaligen) Betroffenen herstellen, für Eltern und den Jungen.
Für Eltern gibt es Selbsthilfegruppen, das hat meiner Mutter damals geholfen.
Ich wünsche euch viel Kraft und Geduld. Und dem Jungen ebenfalls viel Kraft und Mut sich Hilfe zu holen.
Béa Beste
5. Mai 2019Liebe Sabine, vielen herzlichen Dank, dass du hier diese Einblicke geschrieben hast. Ich finde sie sehr wertvoll! Liebe Grüße, Béa
Bianca Bischof
12. Juni 2020Auf keinen Fall rauswerfen, wie manche raten. Finde ich nicht gut, überhaupt als Mutter so einen Vorschlag zu machen. Ich würde in so einem Fall auf eine Familientherapie bestehen, das ruhig auch als Bedingung machen. Aber nicht rauswerfen. Wenn er sich was antut, verzeiht Ihr euch das nie! Bzw. er wohl auch nicht...Keine Famllie wirft ein Kind auf die Strasse, die es liebt. EGAL unter welchen Umständen. Alles Liebe und viel Kraft und zwar allen, auch dem Sohn, er braucht sie.
Vanessa
12. Juni 2020Liebe Mama, durch Zufall bin ich auf deinen Brief gestoßen und habe mich gefragt, wann habe ich das alles auf Papier gebracht? Wir stecken in genau der gleichen Situation, seit Jahren! Wir sind auch eine eigentlich sehr intakte Patchwork Familie mit Bodenständigen Jobs! Bei unserem großen ist es das selbe! Von klein auf war es immer schwierig, heute ist es die selbe Situation wie bei dir! Falls du Lust hast dich auszutauschen, meld dich sehr gerne!
Judith
13. Juni 2020Liebe Bea,
Wir haben in ähnlicher Situation gelebt.und ich habe gemerkt ,ich verstumme.ich habe mit niemandem mehr gesprochen. Auch weil ich müde war ,und ich so viel dachte,innerlich zerkaute und mich alles so anstrengte,dass ich keine Worte mehr fand.
Ich setzte mir e in ziel.Realistische Ziele für mich. Spazieren gehen,erst allein.Dann mit einer Bekannten.Eine nicht so enge Bindung.Smalltalk .einfach um wieder reinzukoen.Spaeter, Telefonate.Sprachnachrichten waren auch toll.einfach alles Mal loswerden.man kann nicht unterbrochen werden.und trotzdem hat man sich gemeldet.und so kam ich längs wieder in mein leben.und ich stellte etwas fest.ich kann nur helfen,wenn ich gesund bin und mich stark fühle. Ich gehe seitdem offen mit allem um.ich bekomme viel Verständnis, auch manchmal kritik.damit kann ich umgehen. Aber ich werde nicht verurteilt.vielleicht von Leuten die uns nicht kennen,aber das ist mir egal.und ich hab mir ein Hobby gesicht.etwas nur für mich.dafuer nehme ich mir zeit.um Luft zu holen.Denn.ja,wir haben eine schwierige Situation,aber wir müssen auch auf uns achten und uns Zeit nehmen um aus dem Karussell Mal rauszukommen.
Ich wünsche Euch Kraft und weiterhin Liebe
Béa Beste
13. Juni 2020Vielen herzlichen Dank für diese Worte und diese Erfahrungen, liebe Judith!
Claudia Gottwald
13. Juni 2020Liebe verzweifelte Mutter,
Ja...da spricht Verzweiflung aus deinem Brief, aber noch etwas anderes: unglaublich viel Liebe und trotz alledem Kraft. Was Ihr tut, das könnte/würde nun wirklich nicht jeder tun/können! Gute Ratschläge von aussen kann keiner wirklich geben...man kann Euch nur ermutigen, durchzuhalten. Ihr werdet irgendwann sagen können, ihr habt WIRKLICH alles getan. Ich hatte die letzten 15 Jahre mit 2 meiner drei Söhnen stellenweise die Hölle (und das meine ich wirklich so.Sie haben nichts ausgelassen)...und das alles alleinerziehend.Und der Jüngste (liegen 10 Jahre dazwischen) durfte ja auch nicht zu kurz kommen.Natürlich auch nicht der Beruf als Kindergartenleiterin...irgendwie musste das Geld ja reinkommen. Ich habe sehr oft zu hören bekommen "wirf ihn raus, du must hart sein" Freunde gab es kaum mehr...Ich habe gekämpft, bei beiden.Der erste rutschte dann später noch in eine Spielsucht, der zweite in schlimme Depressionen, weil es halt doch nicht so einfach war,aus allem rauszukommen, wie er dachte.
Beide haben zunächst jegliche Hilfe (außer meiner) verweigert.Der erste hat sie sich tatsächlich irgendwann SELBER organisiert, der zweite hat es mit mir allein geschafft.
Und BEIDE haben heute einen guten Job, sind glücklich und können mit mir über diese Zeiten rückblickend gut reden.Beide sagen, dass das unerschütterliche ZU-IHNEN-HALTEN und DASEIN und das Sehen des guten Kerns DAS war, was sie am meisten gebraucht haben.Jemand ,der sie geliebt hat und an sie geglaubt hat, auch wenn sie es selber nicht mehr konnten.Sie sind sensible, klare Persönlichkeiten heute und geben viel zurück.Haben ja auch eine harte Lebensschule hinter sich...
Übrigens: der Einzige, der ausser mir mal noch ein klares Wort sagen durfte und den ich in meiner Not rufen konnte, war ein klassischer Streetworker, der sie kannte...mehr Wert als alle sonstigen Hilfsangebote, die eh abgelehnt wurden! Ein Streetworker versteht die Jungs, weiß was nacheinander in kleinen Schritten zu tun ist und er bringt klare Worte, wo Eltern vielleicht zu zaghaft sind.
Die Grossen haben übrigens zu ihrem kleinen Bruder vor der Pubertät gesagt" ganz ehrlich.. DU kannst NIX neues mehr bringen.Die Mama hat alles durch mit uns...kannst es also gleich bleiben lassen 😉" (Er ist voll easy erwachsen geworden und hat definitiv KEINEN Schaden genommen, im Gegenteil: er weiß , dass ich auch ihn niemals aufgeben würde, muss es also nicht selber ausprobieren.Und er weiß, dass alles veränderbar ist, wenn man will.Irgendwie hab ich für ihn gleich "mitgekämpft ")
Ihr habt gerade eine Wahnsinnsaufgabe...ich ziehe meinen Hut vor Euch.Es wird ein "Leben danach" geben😊 Gebt dieses Menschenkind NICHT auf, aber seid klar.Und bedenkt...Ihr seid zu zweit.Lasst bitte nicht zu, dass es Euch auseinandertreibt.Gemeinsam ist es zu schaffen!
Ganz viel Kraft Euch <3, Claudia
Béa Beste
13. Juni 2020Liebe Claudia, vielen Dank für deine wertvolle Reaktion - und diesem so wertvollen Kommentar mit deinen Erfahrung.
Wir überlegen, einen Extra Blogbeitrag mit solchen Zitaten zu machen, damit noch mehr Leute mitlesen können. Liebe Grüße, Béa
Dani
13. Juni 2020Hallo wundervolle (Stief-)Mama!
Ich bin selbst (stief-)Mama und habe noch zwei kleine Mädchen. Ich lese in deinem Brief vor allem bedingungslose Liebe deinen drei! Kindern gegenüber 6und damit gibst du ihnen das wochitigste im Leben mit! Verzweifle nicht, ihr macht alles richtig und ihr macht auch genug! Die Pubertät kann schwierig sein und sicherlich ist die Zeit für alle anstrengend. Doch sei zuversichtlich, dass nach dieser Phase, euer Sohn dankbar zurückschauen wird und ihr ein tolles Verhältnis haben werdet. Er hat sich euch anvertraut, das ist ein Riesen schritt! Verliert nicht den Mut und gebt ihm weiter die Sicherheit eurer Liebenden Familie! Eure beiden anderen Kinder werden daraus lernen, andere zu unterstützen und sehen aus nächster Nähe, wie wundervoll die bedingungslose Liebe von ihren Eltern ist! Ich wünsche dir, dass du stolz auf dich und deine Familie bist!
Liebe Grüße
Béa Beste
13. Juni 2020Vielen herzlichen Dank liebe Dani für deine Worte. Wir geben alles weiter... Liebe Grüße, Béa
Antje Engelmann
14. Juni 2020Ich war der junky der seine Familie in Schach gehalten hat. Ich habe es irgendwann geschafft die Drogen zu lassen, aber das nur weil es eine gute Freundin wollte, nicht wegen meiner Eltern, von denen ich dachte die müssen da halt durch. Aber auch nach den Drogen bleibt man lange toxisch, besonders in einem Verbund der einen, egal wie scheiße man ist, ja doch nicht fallen lässt. Meine Eltern sind klasse Menschen, heute jetzt und hier weiß ich das, ich weiß das auch schon einige Jahre, aber bis dahin wars ein Stück Weg. Die Drogen machen einen lange sozial inkompetent, kommen dann noch weiter psychische Störungen dazu, dann geht es nicht darum sich anzupassen oder irgendwie dazu gehören zu wollen, denn dazu gehört man fürs eigene empfinden sowieso nirgends, was man aber will ist Testen, immer wieder testen, wie weit kann ich gehen wie weit lassen sie mich durchkommen bis wann dauert es bis sie mir zeigen, dass ich eh nur das bin was ich will, was sie in mir sehen, nämlich ein stück scheiße. Würden sie doch nur endlich dazu stehen genau das von mir zu halten, dann hätte ich doch endlich die ausrede schwarz auf weiß was mich in die Sucht getrieben hat. Ich bräuchte einen schuldigen der nicht ich war und wer böte sich denn mehr an als die die ja die Fehler gemacht haben müssen, wären sie gute Eltern könnte ich ja keine Drogen nehmen oder genommen haben.. Hinzu kommt der Frust über den fehlenden kick der Drogen den sucht man sich dann auch mehr im emotionalen, auch hierfür wird gespielt, das gilt auch während des Konsums denn man ist vermeintlich nie high genug also muss man immer im reizen bleiben egal wo und an wem. Rückblickend wünschte ich mir nur eins.. Dass meine großartigen Eltern sich dieses Gift zumindest aus dem Haus geschafft hätten, dass sie nicht so viel für mich durchgemacht hätten, dass sie mir den nötigen Schuss vor den Bug gegeben hätten mich entweder in den Griff kriegen zu müssen oder, und ja diese Traufe Seite gibt es leider auch, in der Gosse zu landen. Welche Richtung man nimmt hat man halt leider wirklich nur selbst in der Hand. Ihr könnt eigentlich nur verlieren indem ihr eure anderen beiden Kinder diesem Gift weiterhin aussetzt und sie den gleichen Weg gehen weil sie denken das ist alles irgendwie schon ok, ihr behaltet ja den großen auch. Ihr dürft dabei nicht denken versagt zu haben, das habt ihr nicht, er hat einst die Wahl für die Drogen getroffen, er hat gewählt süchtig zu werden und er hat gewählt zu dealen. Ihr könnt nun auch wählen, zwischen ihm, der noch zurück kommen kann wenn er sich im Griff hat, oder euch und den beiden anderen die ggf genauso werden wenn sie nicht sehen, und zwar klar und deutlich, dass sein Verhalten absolut nicht familiengeeignet ist. Ihr müsst ihn nicht komplett verbannen trefft ihn auf neutralem Boden haltet Kontakt so weit es euch damit gut geht aber entgiftet euren Alltag. Das ist existenziell für euch alle. Bei Facebook bin ich unter Antje Engelmann zu finden im Profil old eine Straße mit 2020 als Aufschrift, wenn sie Kontakt zu mir aufnehmen wollen um vielleicht ein offenes Ohr zu finden, melden sie sich gern
Béa Beste
14. Juni 2020Vielen herzlichen Dank für diese absolut ehrliche Erfahrung - und dein Angebot, deine Erfahrungen zu teilen...
Leinberger
14. Juni 2020Hallo, kann man Kontakt aufnehmen? Uns geht es ähnlich . Lg
Béa Beste
14. Juni 2020Hallo, ich lasse das Kommentar hier stehen, eure Email sieht man nicht. Die anonyme Mutter kann dann selbst entscheiden, ob sie mich um eure Emailadresse bittet, um sich mit euch in Verbindung zu setzen. Liebe Grüße, Béa
mina
14. Juni 2020hallo Bea... ich verstehe deine Situation. Ich habe drei kleine Kinder ubd kann noch nicht viel mitreden aber habe das gleicher mit meiner Schwester durchgemacht. Sie hat so ziemlich das selbe gemacht, doch meine Eltern blieben standhaftig egal was um sie herum geredet wurde. Sogar ich wollte das sie Sie rausschmeissen doch sie hörten zum Glück nicht auf mich. Bleibt dran bitte. Meine Schwester ist heute ein Vorbild. Hat alle ihre Schulden abbezahlt macht die Berufslehre nach und hielft meinen Eltern wo Sie kann. Die Hoffnung stirbt zuletzt
Béa Beste
15. Juni 2020Hallo Mina, Danke dass du deine Erfahrungen teilst. Und nein, es ist nicht meine Situation, sondern die einer Gastbeitragenden - ich bin sicher, sie liest mit.
Liebe Grüße,
Béa
Andrea
14. Juni 2020Ich habe keinen Rat. Unsere Tochter war ähnlich als Teenager, nimmt aber schon seit Jahren keine Drogen mehr. Sie hat aber psychische Problem, lebt völlig trieblos und hat weder Beruf noch Beziehung. Sie ist 27 und wir möchten alle - sie selbst auch- dass sie auszieht. Es wird wohl nichts passieren, da sie ja nie etwas organisiert.
Lena
16. Juni 2020Hallo liebe Béa,
ich bin eben durch Zufall auf diesen Artikel gestoßen.
Ich kann mich sehr gut in den Gemütszustand/in die Ängste des Stiefsohns hineinversetzen, da ich genau wie er jetzt, damals auch eine suchtkranke Jugendliche war. Ich bin mittlerweile 22 Jahre alt, damals müsste ich zwischen 16 und 19 Jahren gewesen sein. Ich bin schon sehr früh von zu Hause ausgezogen, da ich in meinem jugendlichen Leichtsinn dachte, dass ich ohne meine Eltern besser klar kommen würde. Ich wolmte erwachsen werden, um jeden Preis. Da ich durch verschiedene, prägende und traumartisiernde Erlebnisse in der Kindheit stark psychisch geschädigt war, blendete ich (oftmals) aus. Nun war ich allein, in meiner eigenen kleinen Wohnung, irgendwo in einem anderen Bundesland, ca. 375 km von zu Hause entfernt. Ich geriet in schlechte Kreise und somit auch auf die schiefe Bahn. Mein Vollzeitjob in der Pflege hielt mich nicht mehr über Wasser, somit fing ich neben den regelmäßigen Konsum, auch das Dealen an. Mir wurde nach und nach alles egal - vor allem irgendwann dann auch, was mich, meine Gesundheit und meine Würde betrifft. Ich möchte nicht detaillierter darauf eingehen, was mir zu der Zeit alles widerfahren ist und was ich gewollt und auch ungewollt tat, da ich bis heute noch damit zu kämpfen habe - glücklicher Weise aber mit dem Rückhalt meiner Familie/meinen Freunden und einer Therapie.
Um ehrlich zu sein, weiß ich leider nicht genau, wie wahrscheinlich die meisten User hier, was man den betroffenen Eltern so wirklich raten sollte, da ich auch der Meinung bin, dass es für so einen absoluten Ausnahmezustand keine Musterlösung gibt. Es stimmt, es müsste eben ein "Wunder" geschehen, dass der Sohn Einsicht zeigt, merkt, dass er jetzt unbedingt die Notbremse ziehen muss und sich Hilfe suchen muss - natürlich mit der Unterstützung beider (Stief-)Elternteile. Denn das ist - leider - das Problem. Wie zuvor schon von anderen Usern beschrieben, muss erst die betroffene Person lernen, Hilfe annehmen zu können. Ohne diese Einsicht, diese Offenheit und ohne ehrlich zu sich selbst und Andere zu sein, wird sich leider an der Situation nichts ändern (können). Er ist die Hauptperson in dieser Krise, er muss mitspielen, damit bessere Zeiten kommen können.
Ich persönlich kann sowohl die Ängste und Bedenken der Eltern nachvollziehen, sowohl aber auch die des Sohnes. Eine Therapie ist ein großer Schritt ins Ungewisse, ein Schritt, der alles ändern kann. Dieser Schritt, kann dir deinen "sicheren Hafen" nehmen, dir aufzeigen, dass es doch nicht ganz der sichere Weg ist, den du gerade gehst. Therapiesitzungen wühlen vieles auf, wenn man sich wirklich darauf einlässt und hingibt. Niemand stellt sich gerne seinen Ängsten, seinen schlimmen Erfahrungen und dem, was wirklich in einem vorgeht (was man zuvor immer so gut unterdrücken und ausblenden konnte - mit oder ohne Suchtmitteln).
Was mir persönlich die Augen geöffnet hat und was mir Sicherheit gab, mir endlich professionelle Hilfe zu suchen war, als mein kleiner Bruder - der mir übrigens am Nächsten steht - ehrlich mitteilte, dass er das dauerhaft nicht mehr könne, mir dabei zu zusehen, wie ich weiter in diese Abwärtsspirale rutsche und meiner Selbst immer mehr vergesse. Er stand vor mir und weinte - was normalerweise so gar nicht seine Art ist, Gefühle zu zeigen oder überhaupt. Er sagte, dass er Ängst hätte, auch um mich und was noch kommen würde. Er bat mich nicht, oh nein, er flehte mich wortwörtlich an, dass ich jetzt die Notbremse ziehe, da er sich sonst nicht mehr anders zu helfen wüsste, als aus meinem Leben zu gehen (ungern, natürlich) - seiner Sicherheit und Gesundheit wegen. Ab da wurde mir klar, wie sich überhaupt mein Handeln, meine Sucht auf andere, nahestehende Personen auswirkte.
Ich änderte seitdem alles - und mittlerweile fühlte sich es auch gut an, besser sogar, clean zu sein, als auf irgendeinen, unkontrollierbaren Trip hängen zu bleiben, der im Endeffekt alles Nachfolgende verschlimmerte, statt besser zu machen. Natürlich, in diesem Rauschzustand fühlt sich alles sorgloser an, die Ängste und negativen Gedanken verschwinden für eine kurze Zeit, aber das Schlimmste ist, wenn das High nachlässt und die Realität wieder auf einen einbricht.
Ich vermute, der Sohn wird seine Gründe haben, warum er in diese Sucht abgerutscht ist bzw. sich dafür entschieden hat, mit Drogen seinen Kopf auszuschalten. Er ist vielleicht der Meinung, dass es nicht anders geht, als sich so "auszuschalten". Was ich der Familie vielleicht raten könnte, meiner Erfahrung nach, bringen Sie viel Verständnis und Geduld auf - was Sie vermutlich wahrscheinlich eh schon zu Genüge tun. Geben Sie sich nicht selbst auf - im Bezug auf Co-Abhängigkeit. Ihr Sohn müsste jetzt schätzungsweise um die 17 oder 18 Jahre alt sein, vielleicht hat sich, was ich natürlich sehr hoffe, etwas seit dato geändert - zumindest ein bisschen. Wenn nicht, geben Sie bitte niemals auf. Ich kann nachvollziehen, dass es auch für Sie eine äußerst schwere und nervenaufreibende Zeit ist, dennoch behalten Sie sich bitte immer vor Augen, dass er Ihre Hilfe und Unterstützung benötigt. Allein schafft er es nicht aus dieser Suchtspirale. Lassen Sie ihn bitte niemals alleine mit sich und seinen Problemen. Nur zusammen als Familie kann dies bewältigt werden. Und ich bin mir sicher, dass Sie dazu imstande sind, zusammen Berge zu versetzen. Auch dies werden Sie bewältigen, selbst wenn die Situation so ausweglos erscheint. Liebe ist das stärkste Gefühl der Welt, das meiner Meinung nach, alles brechen kann. Vermitteln Sie ihn, dass Sie für ihn trotzalledem immer da sind und ihn unterstützen werden. Er braucht einen starken Rückhalt, um den ersten (und die folgenden Schritte) aus der Sucht zu wagen. Fassen Sie ihn nicht (nur) mit Samthandschuhen an oder packen ihn in Watte. Versuchen Sie bestimmt ihn Ihren Standpunkt, Ihre Ängste und Sorgen zu vermitteln. Er darf nicht vergessen, was durch seinem Verhalten, noch alles mit dran hängt um ihn herum. So wie Sie beschrieben haben, möchte er sich ja ändern und einen geraden Weg Richtung Abschluss und Ausbildung gehen, aber wie oben schon erwähnt, alleine schafft er es nicht mehr daraus. Führen Sie viele, ernste Gespräche mit ihm. Vermitteln Sie ihn, dass er nicht alleine damit kämpfen muss, vergessen Sie aber nicht, trotzdessen ihn auch die negativen Folgen seines Handelns aufzuzeigen. Nehmen Sie ihn ernst, auch wenn er sich irgendwann zu den Gründen seines Konsums äußert - auch wenn Sie vielleicht in Ihren Augen eher unverständlich oder nicht plausibel erscheinen. Machen Sie ihn keine Vorwürfe, egal wie sehr das alles an Ihren Nerven zerrt. Somit ist niemanden geholfen und er gleitet vielleicht sogar noch weiter von Ihnen weg. Informieren Sie sich und stellen Ihn geeignete Lösungswege vor, die vielleicht auch in seinem Interesse sind bzw. mit denen er sich nach und nach anfreunden kann - aber bitte fallen Sie nicht mit der Tür ins Haus, das alles braucht Geduld und gutes Zureden. Drängen oder zwingen Sie ihn bitte zu nichts - aber ich schätze, das ist Ihnen vermutlich eh schon bewusst und wichtig.
Es wird ein langer und harter Weg, der vor Ihnen als Familie liegt und bearbeitet werden muss. Aber ich bin mir sicher, dass Sie durchaus in der Lage sind und die Kraft haben, dies gemeinsam zu bewältigen. Ich hoffe, ich konnte Ihnen die Problematik aus der Sicht einer (ehemals) Betroffenen zu schildern, Ihnen etwas weiterhelfen und gut zureden. Ihre Ängste und Sorgen sind berechtigt. Auch Sie leiden in dieser Situation. Auch Sie haben das Recht an Ihre mentalen Grenzen zu stoßen und diese für sich auszuleben. Holen Sie Ihre engen Freunde und Vertraute mit ins Boot, auch wenn das sicher ziemlich viel von Ihnen abverlangt. Ich bin mir sicher, sie warten nur auf Ihren Anruf/Ihre Nachricht, wissen vermutlich auch selbst nicht so Recht, wie sie sich richtig verhalten sollen, in dieser Sitation - ob sie stören oder gar sich vielleicht zu sehr einmischen würden, mit einem falschen Wort oder einer falschen Tat. Gehen Sie auf sie zu, bitten Sie um Unterstützung, auch wenn es nur ein offenes Ohr ist - selbst das wirkt Wunder, glauben Sie mir. Trauen Sie sich. Es kann nur besser und leichter für Sie werden. Sie sind nicht alleine, halten Sie sich das immer vor Augen.
Mit freundlichen Grüßen und ganz viel Kraft und Mut, die ich Ihnen virtuell zusende
Iris
16. Juni 2020Mit 21 kam der Sohn meines Mannes zu uns. Es sollte nur kurzfristig sein. Aus kurzfristig wurden 3 Jahre .Er hat einen super Schul-, und Ausbildungsabschluss gemacht. Er lebte in unserem Wohnzimmer. Wir haben jegliche Hilfe angeboten, er solle sich arbeitssuchend melden-kam erst mal nicht in Frage. Wir haben Hartz4 beantragt-es stand uns (bzw. Ihm nichts zu).Kurzfristig 2 Jobs angenommen, jedoch keine Chance auf Übernahme. Es wurde sich um nichts gekümmert. Unsere Wohnung stank. Regelmäßig duschen- Fehlanzeige, aufräumen-Fehlanzeige. Verbot in der Wohnung zu kiffen wurde nicht eingehalten. Nach 3 Jahren hatte ich 3 Nervenzusammenbrüche, wollte der Situation aus dem Weg gehen und kurzfristig ausziehen. Er ist dann zur Verwandtschaft-auch dort musste er nach 4 Wochen ausziehen. Wir fanden ein Appartement , bezahlt durch seinen Vater. Hartz 4 wurde beantragt , das Geld hält nicht lang, Rest zahlt der Vater. Mal hier ne Rechnung , mal da einen Einkauf. Es wird sich nicht gekümmert. Mein eigener Sohn wurde krank-kam ins KH. Es stand noch keine Diagnose fest. Fand zufällig eine Stellenausschreibung und legte sie meinem Mann (für seinen Sohn) auf dem Tisch. Und weil ich sie ausgedruckt hatte, solle ich mich aus seinem Leben raushalten. Ich informierte ihn per Whatsapp , das ich dies mache, mit allen Konsequenzen. Ob ich meine schlechte an ihm auslassen wolle ,kam zurück. Ich hatte keine schlechte Laune, sondern war in Sorge um meinen Sohn. Ich solle mich ficken . Seit dem bin ich raus aus der Nummer. Ich halte mich mit allem zurück . Er darf kommen (kann ja meinem Mann Besuch seines Sohnes nicht verbieten), er darf Wäsche waschen , aber nur wenn ich nicht vor Ort bin. Daran wird sich gehalten. Natürlich reden mein Mann und ich drüber, weil eben immer noch nix passiert. Es wird sich nicht um Arbeit bemüht , weil Vati zahlt ja noch. (Oder Mutter + Schwester helfen mit Geld) . Es wird gekifft….und keiner hat ihn lieb< was nicht richtig ist. Die Leute reden über ihn<stimmt nicht, das meint er. Wenn mein Mann nicht hilft, wird er obdachlos und dann wird es schwieriger eine neue Wohnung bzw. Arbeit zu finden. Mittlerweile ist er 26 bald 27.Er hat Potenzial und ist intelligent…. Wo ist das geblieben? Auch mein Mann weiß sich keinen Rat .
Martina
19. September 2020Hallo liebe Mutter,
Ich habe eben diesen Gastbeitrag gelesen und würde dir gern persönlich - per E-Mail dazu schreiben.
Ich hatte über 16 Jahre eine ähnliche Situation mit einem meiner Kinder, das jetzt aber auf einem guten Weg ist. Das waren harte Jahre, in denen ich viel über mich selbst nachdenken und lernen musstr/konnte.
Ich würde dir gern per E-Mail- Austausch Mut machen und auch mit konkreten Tipps oder einfach nur offenem Ohr zur Seite stehen.
Liebe Grüße,
Martina