Wir Eltern bilden die neue Gesellschaft aus – eine Familienkonferenz für Bindung und Beziehung
Ihr Lieben, die Kathrin alias ÖkoHippieRabenmutter hat etwas Wunderbares auf die Beine gestellt: Sie ist Gründerin und Organisatorin der FEBuB – Familienkonferenz für Elternschaft, Bindung und Beziehung in Bochum, vom 18.-19.11.2017. Dieser Kongress vereint an zwei Tagen Menschen mit einer gleichen – oder wenigstens ähnlichen – Vision. Der, dass sich alte, überholte und tradierte Strukturen eines Tages herauswachsen und unsere Kinder eine Welt in Geborgenheit und Respekt erleben können.
Sie hat prominente SpeakerInnen, schaut mal hier… und ich wäre auch gern hingekommen, nur dass ich zu dem Zeitpunkt nicht in Deutschland weilen werde, sondern mal wieder in der Wärme.
Und wieso genau dieses Event, die Menschen dahinter und der Glaube daran sie bewegt, heute damit anzufangen, schreibt sie hier bei uns:
Ich sitze auf meiner Krabbelmatte, am oberen Ende des Raumes, mit dem Rücken zum Fenster. Da ich selbst kein Kind dabei habe, lasse ich den Anderen den Platz, um den mit ihren Kindern voll auszufüllen. „Ich bin jedenfalls froh, einen Jungen zu haben“, sagt eine Mama und fügt hinzu, dass sie sich selbst schon immer eher als „Jungsmama“ gesehen habe. Das lasse ich unkommentiert – schließlich möchte ich mir nicht herausnehmen, ihre Gefühlswelt zu beurteilen. So zu denken ist ihr gutes Recht. Sie begründet: „Mädchen haben es immer schwerer. Sie müssen sich immer mehr durchsetzen, und das wird auch immer so bleiben, weil unsere Gesellschaft eben einfach so ist. Im Job später, ach eigentlich schon in der Schule: Mädchen müssen sich immer mehr anstrengen.“
Weil unsere Gesellschaft eben so ist
Ich sehe ein gemeinschaftliches Nicken durch die Runde gehen und schaue mich um. Acht anwesende Kinder, davon sieben Jungen. Ich blicke zu der Mutter des kleinen Mädchens. Sie sieht ihre Tochter an. Was denkt sie nur gerade, was wünscht sie ihrer Tochter, was wünscht sie sich?
Das Gefühl, der Junge der einen Mutter müsse sich weniger durchbeißen als ihr Mädchen, spiegelt tatsächlich unsere Gesellschaft ganz gut wieder. Du bekommst ein Kind und schon die Geschichte deiner Geburt wird bewertet. Die chronische Unterversorgung durch unsere Hebammen, eine kaputt gewirtschaftete Geburtenkultur, und hattest du einen geplanten Kaiserschnitt? Oh Gott.
Du stillst, du trägst, du kuschelst, du singst – und wirst nach Wochen dafür ausgelacht. Dabei weißt du gar nicht, wie du anders mit deinem Baby umgehen solltest. Mütter geben alles und sind nichts wert. Kinder werden möglichst effizient gefördert – sofern sie denn einen Kitaplatz kriegen. Einen, den sie nicht einklagen mussten. Unsere Gesellschaft strebt nicht nach Geborgenheit und Langsamkeit. Sie strebt nach Effizienz und Leistung, Schnelllebigkeit, der Eins in den Hauptfächern und der guten Kopfnote für angepasstes Verhalten.
Ich schaue in die Runde der Frauen, die ihre kleinen Kinder vor sich sitzen haben und bezweifle, dass – würde man sich die Mühe einer Umfrage machen – gerade genau das ist, was sie sich für ihre Kinder wünschen. Die Tochtermutter jedenfalls sieht nicht danach aus. „Du willst kein Kind, das nicht nein sagen kann“, sagte ich erst vorhin zu ihr und sie nickte. Wissend, dass ich Recht habe.
Die stille Revolution
Die Wahrheit ist: Sich darauf zu berufen, dass eine kranke Gesellschaft nun mal automatisch auch kranke Menschen produziere, ist out. Wer sich heute darüber ärgert, dass Frauen nicht gleich bezahlt und behandelt werden, dass er oder sie für seinen / ihren gleichwürdigen Umgang mit dem Kind noch immer dumme Sprüche kassiert oder es leid ist, die Zukunft für das eigene Kind, das sich ja immer Soundso durchbeißen und nie soundso sein könnte, vorhersagen zu lassen, der hat es JETZT in der Hand.
Und das ist kein populistisches Gequatsche. Sondern Fakt.
Ich hole tief Luft und setze zum Sprung an.
„Du hast recht“, sage ich, „Wir Frauen haben es immer schwerer. Aber ich widerspreche, dass das für immer so bleiben wird“. Jetzt wird’s spannend, denken alle. Die Tochtermutter sieht auf und schaut mich an. „Jetzt gerade, genau in diesem Moment, in diesem Gespräch, in diesem Raum bilden WIR ALLE eine neue Gesellschaft aus. Was wir unseren Kindern heute mitgeben, das macht sie zu Erwachsenen. Und die Erwachsenen, die unsere Kinder einst sein werden, das ist unsere Welt von Morgen. Sich darauf zu berufen, die schlechten Umstände blieben ohnehin so schlecht und es gäbe keine Chance für uns, etwas zu verändern, mögen in einigen wenigen Bereichen vielleicht stimmen. Aber was unsere Kinder betrifft: da nicht. Wir können was verändern. Wir müssen nur eben heute damit anfangen!“
Die Mutter, deren größtes Glück es war, einen Jungen bekommen zu haben, liebt ihr Kind über alles. Ihre Anmerkung, sie sei froh, dass sie nun ein Kind habe, das sich offensichtlich weniger durchbeißen müsse, war keine Bestätigung ans System, sondern eher eine Kritik. Aber wirksam wird diese nur dann, wenn sie ihrem Sohn jetzt all das mit in die Wiege legt, das es braucht um a) ein erwachsener Mann zu werden, der Frauen und alle Menschen achtet und b) sich dafür einsetzt, dass seine eigene Frau / Schwester / Tochter / beste Freundin im gleichen Job nicht per se ein paar tausend Euro brutto weniger verdient. Und noch viel mehr als das.
Sich JETZT HIER UND HEUTE dafür zu entscheiden, unseren Kindern eine neue Gesellschaft zu ermöglichen, es zumindest zu probieren, ist der beste und einzige Weg, wirklich etwas zu ändern. Für eine Geburtenkultur, in der unsere eigenen Töchter selbst über ihre Körper bestimmen. Ein System, in dem unsere eigenen Söhne Elternzeit nehmen können, ohne ihre Jobs zu verlieren. Und eine Gesellschaft, in der Achtsamkeit, Geborgenheit, Familie, die Nähe zueinander und untereinander wieder viel mehr Wert hat, als die guten Noten, die Anerkennung der Lehrer oder nicht am Mittagstisch zu pupsen.
Wir müssen halt nur einfach mal irgendwo anfangen.
Und das geht auf viele Arten. Natürlich am besten direkt im Umgang mit unseren eigenen Kindern, die wir liebevoll begleiten, lieben, denen wir Geborgenheit schenken und achtsam gegenüber treten- was im Klartext nichts anderes heißt, als gut mit ihnen umzugehen. Aber genau so auch damit, ein Zeichen zu senden in Richtung Gesellschaft: „Sei unbesorgt. Wir biegen das schon wieder hin!“
Ich wünsche mir sehr, dass alle Eltern sich der Kraft und positiven Energie, die sie besitzen und für unsere Gesellschaft aufbringen können, bewusst werden und das Schicksal an den Haaren ziehen – in die richtige Richtung.
Denn wir sind viele. Und unsere Kinder auch.
Lasst uns heute anfangen.
Hier: www.febub.de
Liebe Grüße von Kathrin und Béa
und auch von Kira, Kathrins Geschäftspartnerin, oben auf dem Bild
Zur Transparenz, wie immer: Dieser ist NICHT gesponsert, ich helfe einfach nur den Organisatoren, weil ich das für eine richtig gute Idee finde.
- 11. Jul 2017
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- Beziehung, Bindung, Bindungsorientierung, Familie, Familienkonferenz, Nora Imlau