Bunt ja bunt sind alle meine Kleider – zur Farbwahrnehmung von Jungen und Mädchen
Wir haben vor einiger Zeit ein Bild über die Farbwahrnehmung von Jungen und Mädchen auf unserer Facebook-Fanpage gepostet und begeistert verfolgt, welch spannende Diskussion in den Kommentaren dazu entstanden ist. Nun wollten wir herausfinden, was es tatsächlich damit auf sich hat…
Bis zum vierten Lebensjahr nehmen Kinder Farben deutlich intensiver wahr, als Formen. Das ist in Kinderzeichnungen oft klar zu erkennen. Diese sind in den ersten Lebensjahren oft eher bunt als formschön. Generell wirken beim Erkennen von Farben verschiedene Fähigkeiten wie Sehen, Erkennen, Erinnern, Fühlen, Fantasieren, Sprechen, Gestalten usw. zusammen. Deshalb ist es grundsätzlich auch unmöglich die Farbwahrnehmung an nur eine Fähigkeit zu koppeln und dabei einen vermeintlichen Unterschied zwischen Jungs und Mädchen zu fixieren.
Die Fähigkeit Farben wahrzunehmen hängt sehr stark von der individuellen Ausprägung und Förderung ab. Designer trainieren die Farbwahrnehmung oft stärker als beispielsweise andere Berufsgruppen, bei denen Farbe weniger im Vordergrund steht. Doch auch wenn eine Unterscheidung zwischen dem männlichen und weiblichen Farbempfinden nicht pauschal möglich ist, gibt es einige Ansätze, die darauf hinweisen, dass die Biologie die Wahrnehmung der Farben bei Mädchen etwas stärker unterstützt.
Die amerikanischen Wissenschaftler Brian Verrelli (Arizona State University) und Sahra Tishkoff (University of Maryland) stellten nach umfassenden Genanalysen bei den weiblichen Probanden ein unterschiedliches Farb-Sehen als bei den männlichen Teilnehmern der Studie fest. Für diese veränderte Farbwahrnehmung ist ihren Studien zufolge ein spezielles Gen verantwortlich, das die entsprechenden Informationen für den Sehfarbstoff Rot enthält. Da sich dieses Gen auf dem X-Chromosomen befindet, sind die Frauen mit einer Kopie des Chromosoms mehr klar im Vorteil.
Forscher um Israel Abramov von der City University of New York wiederum fanden heraus, dass Männer Bewegungen deutlich schneller und besser wahrnehmen können. Denkt man an die Entwicklung des Menschen zurück, macht diese Unterscheidung in der Ausprägung der Fähigkeiten vermutlich Sinn. Während die männliche Spezies beim Jagen unter anderem durch dasErkennen von Bewegungen ihrer Beute zum Ziel gelang, konnte sich die Frau auf das farblich harmonische Einrichten der Höhle konzentrieren. Nein, das war natürlich nicht ernst gemeint! Aber ein durchaus valider Grund wäre beispielsweise die Unterscheidung der Genießbarkeit unterschiedlicher Beerenfrüchte in ihren Farbabstufungen. Die verschieden Aufgaben von Männern und Frauen könnten den Sehsinn also geprägt haben, spekulieren Forscher.
Da inzwischen jedoch weder das Beeren Sammeln noch die Jagd beim Heranwachsen von Kindern im Vordergrund stehen, ist das Training der farblichen Wahrnehmung inzwischen sehr durch das Verhalten der Eltern geprägt. Hinzu kommt die Darstellung der geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Werbung und den Medien. Ein rosa Überraschungsei extra für Mädchen?
Jungs und Mädchen unterscheiden sich – wie in so vielen Bereichen, auch in der Farbwahrnehmung. Aber zwischen ihnen liegen keine Welten. Jungs können sich genauso für Farben begeistern, wie Mädchen für technische Zusammenhänge. Letztlich sind Interessen und Fähigkeiten zum größten Teil Ergebnis einer individuellen Veranlagung und Förderung.
(Re-blog von Dezember 2012)
- 28. Feb 2016
- 1 Kommentar
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- Farben, Farbwahrnehmung, Jungen, Mädchen
Lys
16. November 2017Ja, der Eintrag ist schon älter. Wollte aber dennoch anmerken, dass das Klischee, in der Steinzeit hätten die Männer gejagt, die Frauen gesammelt oder das Heim gehütet, doch nach heutigem Forschungsstand stark anzuzweifeln ist:
https://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/wissen/der-sammler-und-die-jaegerin/-/id=660374/did=16631380/nid=660374/14mz9sa/index.html