„Dir macht die Arbeit wenigstens Spaß“ – Unterschätzt es nicht, wenn Menschen ihre Hobbys zum Beruf machen


Wer seine Hobbys zum Beruf macht, arbeitet nicht richtig … oder vielleicht sogar doppelt so viel? Mir scheint, dass bei diesem Themenfeld einige Unklarheiten herrschen, zu denen ich in diesem Beitrag mal ein wenig Stellung beziehen möchte.

Als Kind wollte ich immer Autorin werden. Ich liebte es, mir Geschichten auszudenken, liebte es, sie festzuhalten, und im ganz kleinen Kreis zu teilen. Lange blieb der Traum nur ein Hobby, doch irgendwann fasste ich mir ans Herz, und setzte alles daran, meine Geschichten zu veröffentlichen. Vier Jahre und fünf Bücher später bin ich Autorin. Mein Traum wurde erfüllt. Und von meinem Umfeld kommen immer wieder dieselben Phrasen, die mir das Gefühl geben, dass sie gar nicht wissen, wie es in der Realität ist, das Hobby zum Beruf zu machen. Ich verstehe, woher es kommt. Als ich jünger war, habe ich mir vorgestellt, dass ich wie Carrie Bradshaw aus „Sex and the City“ lange ausschlafe, im Alltag Inspiration sammele und abends fröhlich in meinen Laptop tippe. Die Wahrheit sieht ganz anders aus.

Hier ein paar typische Phrasen:

„Wenigstens macht dir die Arbeit Spaß.“

Das stimmt nicht. Ein ganzes Buch zu schreiben ist ein Batzen Arbeit, und viele Etappen machen mir überhaupt keinen Spaß. Zum Beispiel die Recherche. Oder das Lektorat. Oder eine ganz bestimmte Szene, die ich zwar genau im Kopf habe, aber einfach nicht in Worte fassen kann, und die mich beinahe zur Weißglut bringen. Auch Marketing betreiben finde ich anstrengend – es ist mir nach wie vor total unangenehm, Werbung für mich selbst zu machen.

Oh, und das Ende einer Geschichte schreiben finde ich auch ganz schlimm – alle offenen Fäden schließen, Abschied von den Charakteren nehmen, einen runden Abschluss finden. In dieser Phase schlafe ich wenig und sehr unruhig, hocke fast nur vorm Laptop und tippe, lösche, tippe, lösche. Das Ende schreiben macht nie Spaß.

„Wenigstens kannst du dir die Arbeit frei einteilen.“

Das stimmt, aber nur zum Teil, denn jedes Buch hat eine Deadline, und bis dahin muss das Buch fertig sein. Ich kann mir zwar aussuchen, ob ich mich tagsüber oder abends vor den Laptop setze, was allerdings oft darauf hinausläuft, dass ich am Wochenende schreibe. Kreative Arbeit benötigt einen freien Kopf, weshalb ich mich nicht jeden Tag an den Laptop setzen und fröhlich schreiben kann. Wenn der Stress oder was anderes meine Gedanken blockiert, kann ich nicht kreativ sein. Und je näher ich der Deadline komme, desto größer wird der Druck.

„Was für ein Glück du hast.“

Und auch das ist ein Trugschluss, wenn wer seinen Traum lebt, hat nicht automatisch Glück, sondern oft eine Menge Zeit, Geld und Arbeit reingesteckt. Ich habe etliche Absagen kassiert und die Zurückweisungen mit viel Frust und Tränen ertragen. Aber ich habe weitergemacht. Hatte ich am Ende auch Glück? Vielleicht. Aber Glück ist nicht alles.

„So schlimm kann es doch nicht sein. Immerhin ist das Schreiben dein Hobby!“

Nein, eben nicht. Wer seine Leidenschaft zu seinem Beruf macht, verliert sein Hobby. Denn dann ist es Arbeit. Nie hätte ich gedacht, dass ich das Lesen von Büchern einmal über haben würde. Jetzt erwische ich mich nämlich dabei, wie ich die Geschichte analysiere, und in meinem Kopf lektoriere, wie ich es bei meiner tun würde. Die Leichtigkeit beim Schreiben und Lesen ist weg, und kommt vermutlich auch nicht mehr zurück.

Mit der Verwirklichung meines Traumes habe ich mein Hobby verloren, und damit auch mein Ventil, denn nun schreibe ich kaum noch aus Spaß. Früher war das anders, da habe ich ein Gedicht nach dem anderen geschrieben, Novellen verfasst, und jeden Gedankenschnipsel festgehalten. Einfach nur aus Jux und Tollerei.

Doch das Anstrengendste:

Mein Stress wird nicht ernstgenommen.

Denn er kann ja unmöglich so schlimm sein wie bei anderen. Immerhin bin ich meine eigene Herrin und muss mich nicht mit blöden Chefs und Kolleginnen herumschlagen. Aber das stimmt nicht. Ein Buch schreibt sich nicht allein, und ich habe viele Menschen, die mich dabei unterstützen. Natürlich kommt es auch da zu Uneinigkeiten und Reibereien – wenn auch virtuell.

Auch, wenn ich meinen Arbeitsalltag manchmal den ganzen Tag im Schlafanzug mit dem Laptop auf dem Schoß in meinem Bett verbringe (steifer Rücken lässt grüßen), sind die Stunden, in denen ich in die Tasten haue, mit viel Arbeit und Stress verbunden. Meine Eltern sind immer ganz überrascht, wenn ich bei ihnen Home Office mache, und den ganzen Tag nur vor meinem Laptop hocke. Beide haben mir schon mehrmals dazu geraten, mir einen anderen Job zu suchen, weil ich sehr viel für wenig ackere (die Buchbranche ist nämliche nicht die spendabelste), und hin und wieder spiele ich auch mit dem Gedanken. Einfach, um den Stress ein wenig loszuwerden. Zwei Bücher im Jahr schreiben ist nämlich echt viel, aber weniger geht auch nicht, da man nur dann davon leben kann, wenn man immer weiterschreibt.

Nichtsdestotrotz liebe ich meinen Beruf.

Das Schreiben ist zwar längst kein Hobby mehr, aber dennoch erfüllend. Nicht jeder Tag macht Spaß, aber das hat jeder Beruf an sich. Und natürlich bringt der Beruf auch einige Privilegien mit sich, beispielsweise habe ich ihn mir deshalb ausgesucht, weil ich unbedingt von überall aus arbeiten wollte. Remote Work at its finest! Und dennoch – jeder Berufszweig hat seine Vor- und Nachteile!

Lange Rede kurzer Sinn: Unterschätzt nicht die Arbeit, die auf euch zukommt, wenn ihr eure Hobbys zum Beruf machen wollt.

Liebe Grüße
Mounia

PS: Hier mal ganz unverfroren ein bisschen Eigenwerbung zu meinen Büchern.🙈

Zwischen meinen Worten  (Jugendbuch, Freundschaft, erste Liebe, Essstörungen)

Nightsky full of Promise (Romance, Berlin, Diversität, Feminsmus)

Mounia
About me

Ich - 25 Jahre alt, Studentin, Kinderanimateurin, begeisterte Hobbyköchin und abenteuerlustig! Meine absolute Leidenschaft ist das Schreiben und Festhalten von Momenten.

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