Als Paar Arbeit gerecht aufteilen: Wie können wir den „Wer-leistet-wieviel“-Krieg beenden? – Frage aus der Community
Liebe Menschen, die Kinder zu Hause haben und sie gemeinsam großziehen, wir haben eine spannende Frage bekommen von einer Mutter, die wir an euch weitergeben wollen. Vielleicht habt ihr Tipps und Erfahrungen!
Hier schreibt unsere Mama:
„Verdammter Mist, mein Mann und ich rechnen nur noch auf, wer was leistet!“
Liebes Tollabea-Team, liebe Miteltern, liebes Familienkarma (!!!),
ich bin mit den Nerven am Ende. Ich sitze jetzt am späten Abend mit einem kühlen Bier in der Hand auf unserem Balkon und warte, dass unsere Dreijährige „Mama!“ aus ihrem Bettchen mault. Und ich warte auch, dass mein Mann gleich vom Sofa aus mault: „Du bis draaaaan! Ich war gestern!“ – oder wahlweise: „Ich habe schon vorgelesen!!!“
Ich kann mir nicht helfen, ich muss an meinen kleinen Bruder denken, als wir Teenies waren und es darum ging, wer die Spülmaschine ein- und ausräumt: „Neee, du ist dran!“
Das Muster zieht sich durch unser Paar-Leben durch. Wir haben drei gesunde Mädchen in 7 Jahren bekommen, alles absolute Wunschkinder. Wir leben recht komfortabel in einer Altbauwohnung, mein Mann arbeitet sehr flexibel und kann öfters die Kinder übernehmen, ich sowieso nur halbtags und kann sie noch öfters übernehmen. Ökonomisch geht es uns nicht üppig, aber wir kommen über die Runden und können sogar jedes Jahr in den Urlaub. Also, rein rational habe ich keinen Anlass zu klagen!
Aber emotional gehe ich auf den Zahnfleisch.
Und laut seinen Aussagen, mein Mann auch.
Schlimmer noch: Wenn wir darüber reden, zoffen wir uns nur noch! Jedes Gespräch artet aus in „Aber du!!“ und in ein genaues Aufrechnen, wer wie beiträgt und wer was leistet. Und wer nicht genug „Zeit für sich“ hat. Me-Time. Wir schaffen es nicht mehr, uns gegenseitig Fels in der Brandung zu sein. Und zu trösten. Wir nehmen uns bei solchen Diskussionen mehr Kraft weg, als wir uns geben. Von We-Time brauchen wir hier gar nicht mehr zu reden. Das artet im Zoff aus, sagte ich ja.
Jeder von uns hat einen genauen Blick auf das, was der andere nicht tut.
Oder nicht genug tut.
Ich muss total kritisch sein, ich eskaliere auch total. Nach drei Kindern, die ich alle bis Ende des zweiten Lebensjahres gestillt habe, fühle ich mich buchstäblich ausgelaugt. Ich habe schon mal alle Stunden des Stillens zusammen addiert…. wollt ihr wissen, viele das ist bei 3 Kindern? Über 5.000 Stunden! Über 680 Arbeitstage habe ich einen kleinen Menschen an der Brust gehabt…. Ist das doof, dass ich das so rechne? Ich habe nicht mal die Schwangerschaften gezählt, die körperliche Strapaze. Und die erste Zeit mit den Kindern, zu Hause. Erziehungsurlaub? Alles ich!
Ich würde nicht aufrechnen, wenn meine Mann jetzt nicht jede Stunde, die er mit den Kindern verbringt, die er im Haushalt hilft, aufrechnen würde. On Top zu seinem geheiligten Job!!! Und mir die Rechnung unter die Nase hält. Und ich bekomme dann den Drang, Gleiches zu tun!
Am Ende knallen wir Türen – und die Energie für den Haushalt ist futsch. Bei uns ist es total unordentlich, ja, zum Teil auch echt dreckig in den Ecken. Und auf Besuch oder Parties haben wir schon lange keinen Bock mehr, weil die Stimmung bereits in der Vorbereitung kippt! Wer kauft ein? Wer kocht? Wer ist für die Getränke zuständig? Hölle. Nein. Lieber keine Einladung.
Und es kommt noch schlimmer: Die Große stimmt nun mit ein!!!
„Warum ich?“
Bei einer 7jährigen wenn es um ganz simple Sachen geht wie Wäsche in den Wäschekorb schmeissen ist doch nicht normal, oder???
Sie hackt jetzt auf ihre Schwester herum – genauso wie mein Mann und ich aufeinander hacken.
„Aber du!!!“
Ich habe den Eindruck, der Hauptteil der Kommunikation in unserer Familie besteht aus Verhandlungen (Wer macht wie viel und wann?) und Vorwürfen (Wer hat versagt und nicht genug gemacht? – Natürlich immer der andere!!!).
Natürlich haben wir es schon mal mit diversen Haushaltshilfen probiert. Auch wenn das schon arg ins Geld geht.
Ergebnis: Streit, wer ihr die Aufgaben nicht klar genug macht, und warum wir zu viel Geld für zu wenig Leistung bezahlen… Würdet ihr als Haushaltshilfe für solche Auftraggeber arbeiten? Ich garantiert nicht. Ja, keine Haushaltshilfe hat es mehr als 3 Monate mit uns ausgehalten.
Hat jemand so etwas schon mal erlebt? Und womöglich durchbrochen?
Wie können wir den „Wer-leistet-wieviel“-Krieg beenden? Wie können wir uns als Paar Arbeit gerecht aufteilen? Wie macht ihr das?
Dankbar für alle Erfahrungen,
eine überforderte Mama
P.S. Klar, ihr werdet alle Paar-Therapie vorschlagen. Lehnt mein Mann leider ab. Andere Ideen?
- 26. Jun 2019
- 4 Kommentare
- 4
- Arbeit, Aufteilung, Hausarbeit, Leben als Paar, Überforderung
Rahaya
29. Juni 2019Das klingt wirklich nach einer sehr zehrenden, verhärteten Diskussion. Viel Kraft wünsch ich dir.
Dass dein Mann eine Therapie ablehnt, ist schade, denn es klingt, als wäre eine neutrale Mediation eine gute Möglichkeit, das ganze mal auf Null zu setzen. Aber wenn’s nicht geht, dann muss es eben anders gehen.
Meiner Meinung nach sind zwei Dinge wichtig zu erkennen:
1. Du kannst den anderen noch ändern. Du kannst nur dein eigenes Verhalten ändern, und daraus resultierend:
2. Hör auf, bei dieser Aufrechnung mitzumachen.
Das macht euch irre. Beide. Zumal es vollkommen nutzlos ist. Gilt denn die Zeit, die man mit dem grade besonders anstrengenden Kind verbracht hat, doppelt? Ist der Haushalt mehr wert als die Arbeit?
Und Stillen und Schwangerschaft aufzurechnen geht halt nicht. Soll er das beim nächsten Kind machen? Da kann er ja nur verlieren, und das macht die Stimmung sicherlich nicht besser. Egal, wer angefangen hat mit dem Aufrechnen, beende du es! Das ist ein Machtspiel und hat nichts in einer Beziehung zu suchen.
Das, was meine Vorkommentatorin geschrieben hat, halte ich in Bezug auf „Männer sind so, Frauen anders“ zwar für zutiefst fragwürdig, aber sie hat einen guten Punkt erwähnt: Die Dinge, die die Frau noch nebenher macht und organisiert. Das ist der sogenannte „mental workload“, also das, was man so. nebenher im Kopf hat. Und das ist wirklich oft zu Ungunsten der Frau verteilt. Dagegen hilft meiner Erfahrung nach nur eins: Ganze Aufgabenbereich abgeben. Und sich auch wirklich nicht mehr darum kümmern.
Ich hab das mit meinem Mann ausprobiert. Er ist bei uns für die Eäsche zuständig, waschen, trocknen und hochbringen. Wegräumen macht jeder selbst. Das ist für mich nicht einfach gewesen, da die Kontrolle komplett abzugeben und es nicht „mal eben schnell“ selbst zu machen. Aber es hilft und er hat da jetzt auch sein System und macht sein Ding, und ich kann rummeckern, wenn meine Unterhosen leer sind. 😉
Wäre sowas bei euch vielleicht auch eine Lösung, auch eine, in die man die Kinder einbeziehen kann? Dass man jedem konsequent seine Aufgaben zuteilt und das dann auch nicht mehr neu verhandelt wird? Zumindest im laufenden Alltag sollte das etwas Druck aus dem ganzen nehmen.
Ach ja, was mir noch einfällt: „In der Mitte treffen“, in eurem Fall „gleiche Zeit aufwenden“ ist unserer Erfahrung nach Quatsch. Der Kompromiss liegt nicht kn der Mitte, sondern in den Toleranzgrenzen von euch. Mein Mann z. B. lässt gerne Dinge rumliegen und es stört ihn weniger als mich. Ich bin aber die, die mehr Zeit zuhause verbringt. Ich sehe sein Chaos also 12 Stunden am Tag und ärgere mich, während er es vier Stunden sieht, abends beiseite schubst und ins Bett geht. Mich regt es aber auf, also reagiert er, wenn ich ihm sage „jetzt wird meine Toleranz grade überstrapaziert“. Umgekehrt ist es halt bei uns beim Wickeln so. Er hasst es, Kaka wegzumachen, mir ist es relativ egal. Also schaue ich, dass er es nicht viermal am Tag machen muss, auch wenn ich dann eben eines der Kinder zweimal hintereinander wickele.
Ein Zusammenleben ist immer geben und nehmen. Kein Aufrechnen. Bitte hört auf damit, das macht euch kaputt!
Alles Liebe!
Rahays
Béa Beste
23. Februar 2020Von einer Leserin, die lieber anonym bleiben möchte: Hallo, ich bin, auch wenn das nicht weiter hilft, dass es nicht nur mir/ uns so geht, sondern tatsächlich immer noch ein Rollenkonflikt zu sein scheint.
Häufig stolpert ich über Sprüche, die einem so sprichwörtlich aus der Seele sprechen. Ich liebe sie. So z. B.:
“wenn ein Mann einen freien Tag hat, hast er einen freien Tag. Wenn eine Mama einen freien Tag hat, hat sie Gelegenheit den Haushalt in Ordnung zu bringen“ (echte Mamas).
Ich denke, dass diese Konflikt noch ein Relikt ist aus der Zeit, in der der Mann die Brötchen verdient hat und abends von seiner Frau in schütze am gedeckten Tisch empfangen wurde. Mit der zunehmenden Emanzipation, also beruflicher Karriere und zunehmende Autonomie hat sich die Rolle verschoben.
Außerdem denke ich, dass die Idee von Leben sich verändert hat. Dich eine Auszeit nehmen, Hobbys pflegen, Wellness mit Freunden, Urlaub mit den Fußballkollegen, MännerWochenende..... wären so in dieser Zeit nicht denkbar gewesen.
Ich verbringe Lieber einen wunderbaren Nachmittag mit meinem Sohn, als die Fenster streifenfrei zu polieren oder den Boden auf den Knien zu schrubben, wenn das Wetter gut ist. Denn die Arbeit hüpft nicht davon, die Zeit mit deinem Kind (Partner, Familie, Freunden....) wartet auf niemanden.
Und ganz ehrlich, was juckt mich mein “nicht perfektes“ Zuhause, wenn ich am Ende des Tages mit einem zufriedenen Gefühl etwas tolles erlebt zu haben einschlafen kann.
Männer ticken grundlegend anders. Außerdem gibt es immer nur eine Priorität (gesunder Gendefekt) und somit funktionieren die Herrn anders.
Was sie als wichtig empfinden erledigen sie, alles andere ist nicht existent. D. h. Wenn Er bspw. für die Zubereitung des Abendessen zuständig ist, so erledigt er dies und setzt sich vor den Backofen und freut sich über sein Werk und aufs Essen.
Eine Frau hingegen bereiten das Essen zu und in der Zeit, in der das Gericht im Ofen verweilt hängt sie Wäsche auf, bereitet alles wichtige für den kommenden Tag vor, lässt sich erzählen, was in Schule und/oder Kindergarten los war, saugt, räumt die Spülmaschine aus und organisiert kurz den Fahrdienst für die Freizeitaktivitäten der Kinder.
Die Familie sitzt dann gemeinsam beim Abendessen und das Ergebnis ist dass gleiche. Alle sitzen zusammen und Essen. Das aber alle Wäsche immer im Schrank liegt, die Kinder abgeholt werden zum Reiten....., der Turniere zum mitnehmen bereit steht, Tresen für den Kaffee am Morgen gespült sind......... Ich denke es ist klar, auf was es raus läuft.
Das traurige ist, dass all das als selbstverständlich erlebt wird, aber auch Zeit und Energie kostet.
Mein Lieblingsspruch, den ich immer wieder gerne zitiere, zum Leidwesen meiner Männer: “die Frau fürs Leben ist nicht das Mädchen für alles“.
Zupfen finde ich, das die Kinder nicht früh genug in allgemeine Arbeiten einbezogen werden können. Alles eine Sache de Formulierung (bis zu einem gewissen Alter). Bei Kindergartenkindern ist es ganz leicht sie als Unterstützer zu motivieren. “gut, da du d bist, ich brauche deine Hilfe“. Oder “ohne dich schaffe ich das nicht“ und auch wert zu schätzen “danke für deine Hilfe, Mensch ohne dich hätte ich das so nicht hin bekommen“ . Schließlich sind sie ein Teil einer festen WG, die nur dann existieren kann, wenn jeder mitarbeitet .
Und schließlich gibt es immer noch § 1619 BGB, das Kinder zur Mithilfe verpflichtet sind.
Aber zurück zum eigentlichen Thema. Das ist bei und auch immer wieder Zündstoff, der sich seid über zwanzig Jahren verhärtet hat.
Wir haben es mal mit einem festen Plan geregelt, wer wann was zu tun hat. Hast eine sehr lange Zeit gehalten, aber dann durch diverse Situationen ins wanken geraten und schließlich wieder in Luft auflöst.
Und trotz des planes gab und gibt es immer zum Thema Ordnung und Sauberkeit.
Solltet ihr also eine Strategie einfällt, wie wir diesen Konflikt ein für alle mal ausräumen können, bin ich sehr dankbar.
Lg AG
Franz Epat
5. April 2020Ganz einfach:
Jeder macht um 15% mehr als die Hälfte.
Dann fehlt am Ende Arbeit.
LG
Franz