Projektion: Ist Eifersucht bloß ein Geist der Vergangenheit?


Inwieweit projizieren wir vergangene Erlebnisse auf die Gegenwart? Und wie ist das bei Eifersucht? Ist auch sie bloß ein Geist der Vergangenheit?

Über Themen Neid und Eifersucht – Ausdruck von nicht erfüllten Bedürfnissen – hatten wir bereits schonmal hier einen Beitrag geschrieben. Und auch hier sage ich erneut: Die Gefühle sind menschlich. Egal, wie sehr sie uns abstoßen, wenn sie aufpoppen, können wir meist nichts dagegen tun.

Aber wie wir mit ihnen umgehen, schon. Lassen wir die Eifersucht zu oder stoßen wir sie weg? Reagieren wir gar auf sie und zetteln einen Streit an?

Und woher kommt die Eifersucht eigentlich? Wie entsteht sie?

Béa teilte neulich einen interessantes Zitat aus einem Artikel mit mir:

„When people get jealous over relationships that happened in the past. I see monogamous folks doing this a worrying amount.“

Und dazu schrieb sie selbst noch:

„Das Spannende ist, dass es nicht die Gegenwart betrifft. Es ist die Eifersucht auf das gewesen, zum Beispiel auf dieEx oder irgendwelche andere Leute, die vor Jahren eine Rolle gespielt haben, und gar nicht mehr präsent sind.“

Projektion

Und da wären wir wieder bei der Projektion – ein Wort, dass mir spätestens seit der ersten Therapiestunden ständig um die Ohren fliegt. Denn manchmal bewerten wir eine aktuelle Situation aufgrund einer alten. Affekte und Impulse werden einfach übertragen, oft so automatisiert, dass man es selbst nicht merkt.

Im Grunde ist Projektion bloß ein Abwehrmechanismus – er will uns vor einer Situation schützen, die uns in der Vergangenheit geschadet hat. Doch dadurch sehen wir die Gegenwart wie durch einen Filter. Die verletzten/ängstlichen Gefühle nehmen einen so großen Raum, dass die Wahrnehmung immer mehr verschwimmt.

Aber ist Projektion der einzige Auslöser für Eifersucht?

Ich erinnere mich zwar nicht genau daran, aber meine Mutter hat mir früher erzählt, wie eifersüchtig ich auf meine kleine Schwester war, als sie auf die Welt kam. Während die ganze Aufmerksamkeit erst auf mir lag, bekam sie nun meine Schwester, und das frustrierte mich wohl ganz schön. Davor hatte ich aber vermutlich keine andere Erfahrung mit Eifersucht, schließlich war ich erst zwei.

Aber vielleicht war dies auch due Geburt der Eifersucht – das Gefühl, das aktiviert und danach jedes Mal projiziert wurde. Könnte das sein?

Inwieweit spielt Sozialisation eine Rolle?

Eifersucht kann häufig im romantischen Kontext entstehen (nicht nur), und da ich eine Spätzünderin war, kam meine Erfahrung verhältnismäßig später als bei anderen. Davor hatte ich jedoch ein ganz bestimmtes Bild von Beziehungen, und in meinem Weltbild gehörte Eifersucht dazu. Mehr noch dachte ich, dass sie wichtig ist. Und jetzt kommt der Knaller:

Ich fand Eifersucht romantisch!

Denn das bedeutete, dass die Person mich wirklich gern hatte und Angst hatte, mich zu verlieren. Wütende, besitzergreifende Kommentare fand ich sogar süß! War jemand nicht eifersüchtig genug, bekam die Person Punktabzug. (Ich schüttele gerade den Kopf, während ich das schreibe.) Und war ich selbst nicht eifersüchtig, fragte ich mich, ob meine Gefühle für die Person wirklich real waren. (Heftigeres Kopfschüttel …)

All diese „Regeln“ waren bereits aufgestellt, noch bevor ich eine Beziehung hatte. Meine Umwelt prägte diese Gedanken, schließlich war es in den Büchern, die ich las und den Filmen, die ich schaute, genauso. Und bei den Beziehungen meiner Freundinnen, genauso.

Heute weiß ich, dass ich für eine gesunde Beziehung gar keine Eifersucht braucht. Das Ding ist nämlich, dass ich mich früher immer in Menschen verguckte, die die Beziehung mit mir nicht ernst nahmen, mich hinhielten und mir ständig Liebe entzogen. Ein Resultat davon ist, dass ich in meinen aktuellen Beziehungen (auch Freundschaften) sehr viel Sicherheit brache, und wenn mir die fehlt, fühle ich mich unsicher und nicht genug geliebt.

Und da wären wir wieder bei der Projektion. Denn die Geister der Vergangenheit schwirren durch die Gegenwart, und bewerten aktuelle Situationen anhand von alten.

Und das ist falsch, denn die Vergangenheit ist vergangen.

Es kann aber auch seine gute Seiten haben, denn wenn eine Person schon zu Anfang viele negative Gefühle in einem auslöst, dann ist das vielleicht eine berechtigte Warnung, sich zu entfernen. Zwar sollte man jeden Menschen und jede Situation neu bewerten, aber es ist auch kein Geheimnis, dass Menschen oft zu dem zurückkehren, was gewohnt ist. Nur ist gewohnt nicht immer gesund.

Und doch gilt es, die Vergangenheit zu akzeptieren und die Gegenwart neu zu bewerten.

Das ist zumindest meine Meinung!

Ihr seht, ich habe in diesem Beitrag sehr frei geredet und kaum Quellen hinzugezogen. Er ist also sehr subjektiv, aber ich wollte mal schauen, wohin dieses freie Denken führt.

Und nun bin ich gespannt auf eure Meinung!

Was bedeutet Eifersucht für euch? Betrachtet auch ihr sie als Geist der Vergangenheit?

Liebe Grüße
Mounia

Mounia
About me

Ich - 25 Jahre alt, Studentin, Kinderanimateurin, begeisterte Hobbyköchin und abenteuerlustig! Meine absolute Leidenschaft ist das Schreiben und Festhalten von Momenten.

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